„Widerwärtige Taten“Gebrechliche Seniorinnen in Köln beklaut – Bewährung für Täter

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Symbolbild

Köln – Widerwärtig und abscheulich, anders könne man das nicht bezeichnen, sagte Staatsanwalt Stefan Klatt, was einem zweifachen Familienvater vor dem Kölner Amtsgericht vorgeworfen wurde. Der 21-jährige Angeklagte hatte zugegeben, mit der immer gleichen Masche reihenweise gebrechliche Senioren bestohlen zu haben. Seit Juli saß der Mann in Untersuchungshaft.

Seniorinnen um Hilfe gebeten und dabei geklaut 

Immer wieder hatte der Täter ältere Damen, die am Rollator gingen, scheinbar hilfesuchend auf der Straße angesprochen. Wo sich denn das nächstgelegene Krankenhaus befinde, wollte er etwa von einer 72-Jährigen wissen. Im Verlauf des kurzen Gespräches warf der Trickdieb eine Decke über der Gehhilfe des Opfers, um unbemerkt die dort angebrachte Handtasche zu stehlen.

Zur Ablenkung hielt der Täter den betagten Opfern, die ältesten war 83 Jahre alt, auch sein Handy vor das Gesicht, auf dem er Straßenkarten geöffnet hatte. Mal erbeutete er 35 Euro aus den Geldbörsen der Senioren, mal 200 Euro. Sechs solcher Fälle waren angeklagt. „Ich habe einen Fehler gemacht, das kommt nie wieder vor“, sagte der Täter. Er räumte alle Vorwürfe ein.

Staatsanwalt redet dem Täter ins Gewissen 

Nachdem der Richter sich zunächst mit dem kurzen Geständnis begnügt hatte, hakte der Staatsanwalt nach. Wie er auf die Idee gekommen sei, alte Menschen zu beklauen, wollte Klatt vom Angeklagten wissen. Der erwiderte, von einem Komplizen überredet worden zu sein. Es wäre kein Risiko dabei, habe der gesagt und ursprünglich hätte er auch nur als Fahrer fungieren sollen.

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„Haben Sie auch mal überlegt, was das für die alten Menschen bedeutet?“, hielt der Staatsanwalt dem Trickdieb vor. Die Senioren seien unter Ausnutzung ihrer Hilfsbereitschaft skrupellos bestohlen worden. In vergleichbaren Fällen führe das dazu, dass sich Opfer gar nicht mehr aus der Wohnung trauten und ihre bis zur Tat noch vorhandene Selbständigkeit völlig aufgäben.

Richter verhängt anderthalb Jahre Haft auf Bewährung 

Mittlerweile wisse er, was er den alten Menschen angetan habe, sagte der Angeklagte, der sich von der U-Haft beeindruckt zeigte. Immerhin sei er nun seit Monaten von seinen Kindern und der hochschwangeren Lebensgefährtin getrennt. Mit der Beute habe er vor allem seine Familie unterstützt, Essen und Geschenke für die Kinder gekauft.

Staatsanwalt Klatt forderte in seinem Plädoyer eine Gefängnisstrafe, zumal der Angeklagte auch noch mehrere Ladendiebstähle begangen hatte. Richter Michael Pfennings sprach jedoch die Hoffnung aus, dass der Schmerz des Angeklagten über die Trennung von der Familie lange nachwirke und verurteilte den Täter zu anderthalb Jahre Haft auf Bewährung.

„Für die Zukunft heißt das: kein Stehlen, kein Kiffen, kein Schwarzfahren“, machte Pfennings dem Angeklagten klar. Auch müsse dieser dem Richter nachweisen, sich um Arbeit zu bemühen. „Ich verstehe, dass sie für Frau und Kinder Geld haben wollen, aber das müssen sie sich verdienen.“

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