Volle Klassenzimmer, MaskenpflichtSo lief der erste Schultag in Köln ab

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Matthias Braunisch, didaktischer Leiter der Gesamtschule Holweide, im Gespräch mit seinen Schülern

Matthias Braunisch, didaktischer Leiter der Gesamtschule Holweide, im Gespräch mit seinen Schülern

  • Seit Wochen wird über die Zumutung für Schüler diskutiert, Maske im Unterricht zu tragen.
  • Jetzt hat der erste Schultag in Köln begonnen – bei hohen Temperaturen.
  • Wir haben die Schüler der Gesamtschule Holweide einen Unterrichtstag lang begleitet – und uns auch an anderen Schulen umgehört.

Köln – Für die rund 104.000 Kölner Schüler war es ein besonderer erster Schultag nach den Sommerferien: Das erste Mal nach fünf Monaten saßen sie wieder mit allen gemeinsam in der Klasse und konnten alle Freunde wiedersehen. Für viele war es das erste Mal in ihrer Schullaufbahn, dass sie sich so richtig auf den ersten Schultag nach den Ferien gefreut haben.

„Es war richtig spürbar, dass irgendwie alle froh waren, wieder da zu sein“, fasst der stellvertretende Leiter des Deutzer Gymnasiums Schaurtestraße, Volker Einecke, die Stimmung zusammen. Ein erster wohltuender Schritt zu der vermissten Normalität sei das gewesen. Auch an seiner Schule sei die Stimmung trotz der strengen Hygieneregeln „richtig gelöst“ gewesen, berichtet Matthias Braunisch, didaktischer Leiter der Gesamtschule Holweide. In seiner 10. Klasse sei die erwartungsvolle Motivation spürbar gewesen, endlich wieder im Unterricht etwas gemeinsam zu tun.

Radikaler Akzeptanz, sportlichem Ehrgeiz und Humor

Da trat es fast in den Hintergrund, dass man in den sauren Apfel beißen und bei brütender Hitze mit der lästigen Gesichtsmaske antreten musste. Dem begegnete man vielerorts mit einer pragmatischen Mischung aus radikaler Akzeptanz, sportlichem Ehrgeiz und Humor. „Was habt ihr euch denn alle verkleidet“, witzelte am Montessori-Gymnasium in Bickendorf der Klassenlehrer der Neuntklässlerinnen Mia (14), Marah (13) und Greta (14). Die fanden es überraschend unkompliziert mit den Masken. 

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„Das war eigentlich auszuhalten“, meint Mia. „Ich hatte mir das viel schlimmer vorgestellt“, bestätigt Marah. „Da wird man sich schon dran gewöhnen“, ergänzt Greta. Und wem schummrig werde, der dürfe mal kurz nach draußen gehen zum Luftschnappen. „Es ist auf jeden Fall viel besser mit Maske in der Schule zu lernen als ohne Maske alleine zu Hause“, resümiert Mia. „Dabei ist das natürlich bei feucht-warmen 29 Grad Raumtemperatur über Stunden mit Maske im Grunde eine unmögliche Veranstaltung“, so Gesamtschulleiter Braunisch.

Vielerorts hitzefrei

Sehr viele Kölner Schulen machten deshalb von den Hitzefrei-Regelungen Gebrauch, um den Schülern den Einstieg in den Unterricht mit Maske unter hochsommerlichen Bedingungen zu erleichtern. Dort durften die Schüler nach der vierten oder spätestens der fünften Stunde nach Hause gehen. Auch für die verbleibenden Tage der ersten Schulwoche ist das vielerorts angesichts der eindeutigen Wettervorhersage zwecks besserer Planbarkeit schon festgelegt.

Am Gymnasium Schaurtestraße, wo sich manche Räume trotz offener Fenster und Durchzug schon am späten Vormittag auf über 30 Grad aufgeheizt hatten, wurde im Zuge der Hitzefreiregelung auf Kurzstunden umgestellt: Dort dauerten die Einheiten nur 30 statt 60 Minuten, so dass trotz Hitzefrei nach der vierten Stunde alle im Stundenplan angesetzten Fächer unterrichtet werden konnten. „Es ist ja wichtig, jetzt überall erst mal wieder in den Stoff reinzukommen,“ erläutert der stellvertretende Schulleiter. An der Gesamtschule Holweide behalf man sich mit Unterricht draußen im Schatten.

Auch abseits von Maskendisziplin und Dauerlüften herrschte der Eindruck vor, dass sich die Schüler gut auf die besonderen Bedingungen unter Corona eingestellt hatten. Sie stellten sich routiniert vor den Desinfektionsstationen an, passten sich an die markierten Laufwege und Schulhofbereiche an. „Man merkte, dass alle wirklich gut informiert waren und es schon viel Übung mit dem Thema Infektionsschutz gibt“, so Einecke. Es gebe keine Verweigerer, bestätigt Braunisch. Nur auf den Schulhöfen schallte wie ein Mantra die Ermahnung „Abstand halten“. Und der ein oder andere habe dann mal die Maske kurz zum Durchatmen abgezogen. „Aber grundsätzlich ziehen alle mit.“

Angesichts steigender Infektionszahlen macht man sich im Gymnasium Schaurtestraße keine Illusionen: „Ich rechne nicht damit, dass im nächsten Monat die Maskenpflicht im Unterricht wieder aufgehoben ist“, meint Konrektor Einecke.

Quarantäne vermeiden

Das wichtigste Ziel sei nun, so lange wie möglich Infektionen zu verhindern und damit Quarantäneregelungen für ganze Klassen und Jahrgangsstufen zu vermeiden. „Gerade für diejenigen, die zu Hause wenig Unterstützung haben und schon in der Lockdownphase extrem benachteiligt waren, ist das fundamental“, sagt Braunisch. Alle hoffen sie, dass mit viel Disziplin der erste Infektionsfall möglichst weit nach hinten verschoben werden kann. Wenn das passiert, ordnet das Ordnungsamt an, welche Klassen oder Kurse in Quarantäne müssen.

Die liegt bislang noch pauschal bei 14 Tagen für die Kontaktpersonen. Genau darüber entbrennt nun die nächste Debatte: Ärztepräsident Klaus Reinhardt kritisiert die geplante Quarantänephase in der „Rheinischen Post“ als „sehr lang bemessen“. Es gebe inzwischen Studien, wonach auch sieben Tage ausreichten, bis das Ansteckungsrisiko vorbei sei. Ähnlich hatte sich der Virologe der Berliner Charité, Christian Drosten, geäußert.

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