To-go-ProdukteKölner Start-up profitiert von neuem Mehrweg-Gesetz – Kunden reagieren noch zurückhaltend

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Der Besitzer von Back Löwe, Farshid Sowlati, steht hinter der Theke. Neben ihm stehen Mehrwegbecher der Kölner Firma Vytal. Seit dem 1.1.2023 müssen Gastronomen Mehrwegbehälter zum Mitnehmen anbieten, die nicht teuerer sein dürfen als Einwegverpackungen.

Farshid Sowlati bietet in seiner Bäckerei Mehrwegbecher an.

Gastronomen müssen für To-go-Produkte eine Mehrwegoption anbieten. Eine Kölner Firma profitiert vom neuen Gesetz.

Seit zwei Wochen telefonieren sich die Mitarbeiter von Vytal die Hände wund. „Wir haben noch nie so viel am Telefon gesessen“, sagt Kundenbetreuerin Sabine Unger. Die Nachfrage nach den Kunststoffbehältern, die das Kölner Start-up anbietet, wächst unablässig. Der Grund ist die neue Mehrwegpflicht für Gastronomen.

Verbraucher haben jetzt das Recht, Essen und Trinken zum Mitnehmen in Mehrwegbehältern zu erhalten. So müssen Restaurants und Cafés eine zusätzliche Mehrweglösung anbieten, die nicht mehr kosten darf als die Einwegalternative. Vytal bietet solche Mehrwegbehälter an, womit sie nun bundesweit Betriebe ausstatten. „Das ist schon eine kleine Herausforderung. Lieferengpässe hatten wir aber zum Glück noch nicht“, so Unger weiter. Wie groß der Zulauf genau ist, konnte sie nicht sagen.

Nur ein Prozent landet im Mehrwegbehälter

Ein Partner des jungen Unternehmens ist Farshid Sowlati, der die SB-Bäckerei Back Löwe auf der Deutzer Freiheit führt. Doch die Vytal-Behälter werden kaum genutzt. „Etwa ein Prozent der Kaffee-Getränke schenken wir in Mehrwegbechern aus“, sagt Sowlati.

Der Betreiber muss also Behälter anbieten, wonach seine Kunden nicht fragen. Zumindest noch nicht. „Gerade gibt es noch bisschen Widerstand, auf Mehrweg zu wechseln. Aber das ist wie mit der Pfandpflicht damals. Das hat auch nicht allen gefallen. Mittlerweile ist Pfand normal. Es ist also eine Frage der Zeit, bis sich das Bewusstsein beim Kunden ändert“, ist sich Sowlati sicher.

Er wünscht sich ein einheitliches Mehrwegsystem, das breit ausgebaut ist: „Jeder Anbieter kocht so sein eigenes Süppchen. Wenn man die Behälter bei jedem Laden oder sogar an normalen Pfandautomaten zurückgeben könnte, dann würde das die Hemmschwelle senken, sie tatsächlich zu benutzen.“

Nabu kritisiert Ausnahmen im Verpackungsgesetz

Kleine Betriebe, wie Currywurst-Buden und Imbissstände, sind von dem Gesetz ausgenommen. Denn Betreiber müssen nur Mehrwegsysteme einführen, wenn sie entweder sechs oder mehr Mitarbeiter beschäftigen oder eine größere Verkaufsfläche als 80 Quadratmeter haben. Treffen beide Voraussetzungen nicht zu, dann sind sie nur dazu verpflichtet, von Kunden mitgebrachte Behälter zu befüllen.

Gastronomen müssen nicht alle Verpackungsmaterialien austauschen. Aluminium, Papier und Pappe sind von der Regelung ausgeschlossen, sodass das Brötchen auf der Hand und die Pizza im Karton weiterhin erlaubt sind. Der Nabu kritisiert die Ausnahme, da die Verpackungen aus Alufolie und Papier als Restmüll verbrannt und nicht recycelt werden.

Mehrweg für viele Kölner Betriebe nichts Neues

Bei vielen Kölner Kollegen von Sowlati sind Mehrwegbehälter bereits seit der Pandemie gang und gäbe. So lautet das Feedback, das die IG Kölner Gastro bekommt: „Bisher ist das neue Gesetz kein großes Thema gewesen“, sagt Kundenbetreuerin Laura Isberner auf Anfrage. Mehrwegsysteme wurden vielerorts bereits implementiert, weshalb die Pflicht keine bedeutende Veränderung mit sich gezogen habe.

Die Metzgerei Friedrichs in Sülz zum Beispiel bietet Fleischprodukte bereits seit vier Jahren in Vytal-Behältern an. „Das ist natürlich nicht kostenneutral, aber die Kosten halten sich im Vergleich zu Einwegbehältern in der Waage“, sagt Inhaber Sebastian Friedrichs.

Der Arbeitsaufwand, der durch Mehrweg entsteht, sei das kleinste Problem im Arbeitsalltag, meint eine Mitarbeiterin der Bäckerei Höschler am Dom, die mit Rebowl kooperiert. 

Gastronomie muss für Karneval aufrüsten

Einige Gastronomen müssten jedoch noch aufrüsten, spätestens für Karneval in vier Wochen, meint Matthias John von der Dehoga Köln: „Da gibt es noch Luft nach oben. Die Betriebe befürchten vor Karneval Lieferengpässe. Das ist nicht verwunderlich, wenn plötzlich eine halbe Million mehr potenzielle Kunden in der Altstadt sind.“

Wer keine Mehrwegalternative anbietet, dem drohen zukünftig satte Geldstrafen: Laut Gesetz sind sowohl zivilrechtliche Maßnahmen als auch Bußgelder in Höhe von bis zu 100.000 Euro möglich.

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