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ElterntaxisKöln sollte Hauptstadt der Schulstraßen werden – „Seit einem Jahr passiert nichts“

Lesezeit 3 Minuten
Sicher zum Unterricht - Dezernat für Mobilität startet Pilotprojekt Schulstraße in der Lindenbornstraße (Vincenz-Statz-Grundschule)
Foto:Martina Goyert

Sicher und ohne Elterntaxi-Verkehrschaos zur Schule kommen: Dafür sorgen Schulstraßen vor Grundschulen.

Temporär gesperrte Schulstraßen sorgen für Sicherheit vor Grundschulen. Aber die Umsetzung kommt nicht voran.

Eigentlich war es ein Meilenstein im Kampf gegen Elterntaxis und für mehr Schulwegsicherheit von Kindern: Vor einem Jahr hat der Rat der Stadt beschlossen, dass Schulstraßen vor Grundschulen in Köln zur Dauereinrichtung werden. Dabei sollten nicht nur die vier Pilotprojekt-Schulstraßen unbefristet erhalten bleiben. Der Ratsbeschluss ging dann sogar deutlich darüber hinaus: In Zusammenarbeit mit der Bezirksregierung und den Schulen sollten weitere Straßen gefunden werden, die zu Schulbeginn und vor Schulende dauerhaft jeweils für eine halbe Stunde für den Autoverkehr gesperrt werden. 40 weitere Schulen waren dafür in die Priorisierungsliste aufgenommen und teilweise schon durch die Bezirksvertretungen beschlossen worden.

Maßgeblich vorangetrieben hat diese Entwicklung das Aktionsbündnis Kidical Mass Köln, das Effekte der Schulstraßen auf die Verkehrssicherheit für Kinder seit Jahren mit der Einrichtung temporärer Schulstraßen für Anwohner und Eltern erfahrbar gemacht hat. „Köln wird jetzt bundesweit Vorreiter und die deutsche Hauptstadt der Schulstraßen“, jubelte die Initiative vor einem Jahr.

Euphorie ist der Ernüchterung gewichen

Inzwischen ist die Euphorie der Ernüchterung gewichen. Es besteht die Sorge, dass die Schulstraßen-Initiative verpufft und die Zusagen nicht eingehalten werden: „Seit einem Jahr ist nichts passiert. Alles hängt in der Warteschleife fest“, fasst die Sprecherin des Aktionsbündnisses Kidical Mass, Simone Kraus, zusammen. „Dabei waren ja etliche weitere Schulstraßen bereits von den jeweiligen Bezirksvertretungen durch Beschlüsse oder Anträge priorisiert.“

„Von der Einlösung des Versprechens, dass Schulstraßen in ganz Köln ausgerollt werden, ist noch nichts in Sicht“, so Kraus. Immer wieder hakte die Initiative bei der Verwaltung nach: Ohne Resonanz der Verwaltung. „Dabei könnte die Verwaltung mit der Beantragung einer so genannten Teileinziehung – also einer Sperrung der Straße zu bestimmten Uhrzeiten – sofort tätig werden“, so Kraus. Die auch Initiative für weltweit mehr kinderfreundliche Mobilität hat nun Sorge, dass vor der Kommunalwahl keine Fakten mehr geschaffen werden. „Und dann geht mit neuer Ratsmehrheit und neu besetzten Bezirksvertretungen schlimmstenfalls alles wieder von vorne los. Die ganze politische Vorarbeit darf nicht umsonst gewesen sein“, mahnt Kraus.

Die Kölner Verwaltung bestreitet einen Stillstand. „Es passiert sehr wohl etwas“, betonte ein Stadtsprecher. Aktuell erfolge die Vorabprüfung von diversen Schulstandorten im gesamten Stadtgebiet, für die es schon politische Beschlüsse der Bezirksvertretungen gebe. Nach Prüfung der verkehrlichen Kriterien seien einige Standorte bereits rausgefallen. Der Prozess von der so genannten Teileinziehung über die entsprechenden Fristen bis zum endgültigen Beschluss der Bezirksvertretung dauere etwa acht Monate. Außerdem müsse bei der Errichtung jeder Schulstraße vor Ort die Verhältnismäßigkeit geprüft und begründet werden.

Deutscher Fahrradpreis für Schulstraßen-Initiative

Die Auswertung der Schulstraßen der Stadt an den vier Pilotschulen in Ehrenfeld, Ossendorf, Höhenhaus und Brück hatte vor einem Jahr ergeben, dass sich die Verkehrszahlen und damit die Anzahl der Elterntaxis dadurch deutlich reduziert hatten und dadurch Schulwege sicherer wurden. In diesem Jahr landete Kidical Mass für ihr Engagement für die Schulstraßen unter den Top 5 Projekten des Deutschen Fahrradpreises. Eine aktuelle Studie des Clean City Netzwerks hatte zuletzt belegt, dass Deutschland im europäischen Ranking bei kinderfreundlicher Mobilität hinterherhinke und Schulstraßen, Tempo 30 und geschützte Radwege hierzulande zu selten seien. Im Stadtranking von 36 europäischen Städten zu kinderfreundlicher Mobilität landete Köln auf Platz 17. München belegte Platz 12, Berlin Platz 15 und Hamburg Platz 18. Ganz vorne dabei waren Helsinki, Paris und London.