Interview zur Stadtentwicklung„Wir sollten in Köln mutiger sein“

Lesezeit 4 Minuten
Niklas Kienitz (Archivfoto)

Niklas Kienitz (Archivfoto)

  • Niklas Kienitz, Vorsitzender des Stadtentwicklungsausschusses, über die Tieferlegung der Nord-Süd-Fahrt an der Oper, die Situation am Ebertplatz und neue Rheinbrücken.

Herr Kienitz, welche Herausforderungen muss die Stadtentwicklung in Köln in den kommenden Jahren angehen?

Köln ist an manchen Stellen wie ein schöner, klassischer Oldtimer aus den 1950er Jahren, der inzwischen etwas in die Jahre gekommen ist und die Patina der Wiederaufbaujahre angesetzt hat. An einigen Stellen muss jetzt aufpoliert werden. Wir müssen uns damit beschäftigen, was und wo wir neu bauen wollen und wie wir grundsätzlich mit dem öffentlichen Raum umgehen. Dabei wird uns die Fortschreibung des städtebaulichen Masterplans helfen.

Und wie sieht die Innenstadt dann in 20 Jahren aus?

Wir sollten mutiger sein. Ich glaube nicht, dass wir das Auto komplett aus der Innenstadt verbannen müssen. Ich halte es aber für sinnvoll, die Idee wieder aufzugreifen, die Nord-Süd-Fahrt im Bereich vor der Oper zwischen WDR und Schildergasse in einen Tunnel zu verlegen. Das ist weniger eine verkehrliche, sondern vor allem eine Frage der Stadtgestaltung. Wir schaffen Raum für einen attraktiven neuen Platz oder einen Stadtpark.

Das wäre ein ähnliches Jahrhundertprojekt wie ein neuer U-Bahn-Tunnel auf der Ost-West-Achse zwischen Heumarkt und Aachener Weiher.

Im Vordergrund steht vor allem die höhere Aufenthaltsqualität für die Kölnerinnen und Kölner. An beiden Stellen können neue Impulse für den öffentlichen Raum entstehen, zum Beispiel Außengastronomie und Handel. Ich kann mir gut vorstellen, dass es für diesen Bereich auch Fördermittel für den Städtebau gibt.

Bislang ist die Politik in Köln vor solchen Ideen immer zurückgeschreckt. Mangelt es an Mut?

Ja, es fehlt uns vielleicht an Selbstbewusstsein. Nach den Erfahrungen mit verschiedenen Großprojekten und insbesondere dem Einsturz des Stadtarchivs ist die Politik vorsichtig geworden. Als Stadtrat können wir aber nicht in andere Städte wie Antwerpen, Amsterdam, Kopenhagen und Wien fahren und loben, wie toll der Städtebau dort ist und anschließend nichts angehen. Ein positives Beispiel in Köln ist die Neugestaltung der östlichen Domumgebung – das muss uns auch wieder im Großen gelingen. Die Neugestaltung der Nord-Süd-Fahrt und die Ost-West-Achse wären so ein großer Wurf.

Das Thema Tunnel spielt auch immer mal wieder am linken Rheinufer zwischen Hohenzollernbrücke und Bastei eine Rolle.

Das ist eine starke Vision. Damit würde man die Innenstadt an dieser Stelle näher an den Rhein bringen. In den nächsten 20 bis 30 Jahren sollten wir definitiv überlegen, ob wir den Rheinufertunnel in diesem Bereich verlängern.

Das könnte Sie auch interessieren:

Darüber hinaus muss es Ziel sein, die innerstädtischen Rheinufer aufzuwerten. Wenn wir zum Beispiel die Bastei sanieren, können wir es nicht hinnehmen, dass dort weiterhin Busse abgestellt werden.

Das alles wären langfristige Vorhaben – was ließe sich denn schnell umsetzen?

Man könnte das Rheinufer kurzfristig aufwerten mit hochwertigen Pavillons oder Foodtrucks, damit es auf dem Weg von der Hohenzollernbrücke zur Bastei attraktive Anlaufstationen gibt. Die Ehrenstraße könnte ein weiteres Projekt sein, bei dem man zeigen kann, wie Aufenthaltsqualität zu verbessern ist: Parkplätze weg, Oberfläche neu gestalten, Parkhäuser anbinden.

Auf den Ringen wird im kommenden Jahr eine Autospur in eine Fahrradspur umgewandelt. Wäre das nicht auch der richtige Zeitpunkt, den Boulevard umzugestalten?

Richtig, wir benötigen eine eindeutige Zuordnung der Bereiche für Fußgänger, Radfahrer, Autos und für die Außengastronomie. Die bisherigen roten Radwege auf dem Bürgersteig sind überflüssig. Es sollte eigentlich kein Problem sein, diese zügig zu entfernen.

Für die Neugestaltung des Ebertplatzes, der an die Ringe anschließt, soll bald ein Architektenwettbewerb starten. Welche Eckpunkte müssen die Teilnehmer beachten?

Wir sollten meiner Meinung nach die jetzige Situation beenden und den Ebertplatz nach oben holen. Auch wenn ein paar Menschen in diesen Architekturstil verliebt sind, muss die unten liegende Passage weg. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass Eigelsteinviertel näher an den Platz zu rücken, indem der Autoverkehr vollständig auf die nördliche Seite verlegt wird. Das muss allerdings geprüft werden.

Käme denn auch eine neue Rheinbrücke zwischen der Bastei und dem Rheinpark infrage?

Im Masterplan sind zwei neue Rheinbrücken für Fußgänger und Radfahrer vorgesehen – eine im Norden und eine im Süden. Wir haben im städtischen Haushalt Mittel zur Beschleunigung für die Brücke vom Ubierring zum Deutzer Hafen hinterlegt. Das wäre eine tolle Verbindung, und einfacher zu realisieren als die im Norden an der Bastei.

KStA abonnieren