Prüfung dauert anWarum einige Kölner Radwege nicht befahren werden dürfen

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Das Schild an der Ecke Maybachstraße/Krefelder Straße zeigt an, dass Radfahrer den Radweg benutzen müssen.

Das Schild an der Ecke Maybachstraße/Krefelder Straße zeigt an, dass Radfahrer den Radweg benutzen müssen.

Köln – Nur weil ein Radweg vorhanden ist, bedeutet das nicht, dass dieser von Fahrradfahrern auch benutzt werden muss. In manchen Fällen dürfen sie es noch nicht einmal. Das trifft zu, wenn die Radwegebenutzungspflicht nicht in Form eines blauen Verkehrsschilds mit einem weißen Fahrrad darauf angegeben wird – in diesem Fall gehört der Radweg theoretisch den Fußgängern. Doch praktisch ist das nicht allen Verkehrsteilnehmern bewusst – und das liegt unter anderem an der Stadtverwaltung.

Seit die Straßenverkehrsordnung (StVO) 1998 aktualisiert wurde, ist die Benutzung des Radweges keine Pflicht mehr. Ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts im Jahr 2010 führte zusätzlich dazu, dass die dazugehörigen Verkehrsschilder nur in begründeten Ausnahmefällen aufgestellt werden dürfen. Etwa, wenn es sich um eine von Autos viel befahrene Straße handelt und die Benutzung für Radfahrer eine Gefahr darstellen würde – wie es beispielsweise auf der Inneren Kanalstraße, der Amsterdamer Straße oder der Aachener Straße der Fall ist. Die Stadtverwaltung ist seitdem dazu verpflichtet, alle Radwege auf dieses Kriterium zu untersuchen und die Benutzungspflicht – wenn möglich – aufzuheben. Doch bis heute wurde dieser Vorgang in Köln nicht abgeschlossen.

Scharfe Kritik des VCD

Das kritisiert der Verkehrsclub Deutschland (VCD) Regionalverband Köln scharf. „Es gibt noch immer Straßen mit Tempo 30, in denen Radfahrer dazu verpflichtet sind, den Radweg zu nutzen. Doch die sind nicht selten in desolatem Zustand“, sagt Wolfgang Kissenbeck, der seit 2014 Beisitzer im Vorstand des VCD ist. Auf vielen Radwegen befänden sich Wurzelausbrüche oder Schlaglöcher, sie würden immer öfter als Autoparkplätze benutzt oder seien einfach zu schmal.

Auto-Fahrspur wird zu Radfahrstreifen

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Auf der Aachener Straße wird stadteinwärts zwischen Universitätsstraße und dem Eisenbahnring auf der Richard-Wagner-Straße die rechte Auto-Fahrspur in einen Radfahrstreifen umgewandelt. Der Beschluss wurde bereits im August 2015 im Verkehrsausschuss gefasst, nun soll mehr als fünf Jahre später die Umsetzung mit Kosten in Höhe von 15.000 Euro folgen.

Ziel sei es hierbei, den Radverkehr im Bereich der Fußgängerampel am Aachener Weiher „gemeinsam mit dem Autoverkehr zugunsten des querenden Fußverkehrs“ anzuhalten, heißt es in der dazugehörigen Beschlussvorlage. Bislang müssen Radfahrende dort nicht anhalten und Fußgänger zum Drücken des Ampelschalters den Radweg betreten.

Hinter der S-Kurve am Eisenbahnring wird der Radfahrstreifen dann aber wieder im ursprünglichen Radweg münden. „Zur Moltkestraße hin wird die bestehende Dreispurigkeit zur Abwicklung des Kfz-Verkehrs vorerst weiterhin benötigt“, heißt es in der Vorlage weiter. Wann die Umwandlung abgeschlossen wird, ist bislang aber nicht klar. (kle)

„Noch viel schlimmer ist, wenn sich auf den Radwegen Laternen oder Ampeln befinden. Die Fußgänger müssen zum Drücken den Radweg betreten und Fahrradfahrer müssen ausweichen. Das ist eine wirklich gefährliche Situation“, sagt Kissenbeck. Radfahrer seien auf der Straße meist deutlich sicherer unterwegs. Dort werden sie in jedem Fall von den Autofahrern gesehen. Vermehrt zu Unfällen kommt es hingegen, wenn Autofahrer rechts abbiegen wollen, Radfahrer aber auf dem Radweg – der sich oftmals nicht an der Straßenseite, sondern am Bürgersteig befindet – geradeaus fahren. „Sie werden leicht übersehen, wenn am Straßenrand zum Beispiel Autos geparkt sind“, so Kissenbeck.

Das Thema wurde bereits mehrfach im Verkehrsausschuss des Stadtrats behandelt. In einer Sitzung im Jahr 2017 hieß es, dass im Anschluss an das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts rund 400 Kilometer der Radwege in Köln auf die Benutzungspflicht überprüft worden seien. Bei insgesamt 628 Kilometern standen zu diesem Zeitpunkt also noch rund 228 Kilometer aus. „In den nächsten zwei Jahren wird die Prüfung voraussichtlich abgeschlossen sein“, hieß es in der dazugehörigen Beschlussvorlage. Doch das passierte nicht. Es habe „andere prioritär umzusetzende Vorhaben“ gegeben, weswegen in den darauffolgenden zwei Jahren lediglich 36 Kilometer statt 228 Kilometer der Radwege überprüft werden konnten, sagte die Verwaltung im Oktober 2019.

2020 wurden vier Straßen überprüft

Und auch noch heute geht der Vorgang nur schleppend voran. In diesem Jahr seien vier Straßen überprüft worden – darunter die Bachemer Landstraße und die Kalk-Mülheimer-Straße. Das teilte ein Stadtsprecher auf Anfrage mit. 2021 würde die Überprüfung von mindestens zehn weiteren Bereichen folgen. „In den nächsten drei Jahren soll dann die Prüfung aller Straßen abgeschlossen sein“, so der Sprecher weiter. Also ganze fünf Jahre später als vorher angekündigt.

Aber was passiert mit Radwegen, bei denen die Benutzungspflicht aufgehoben wird? Von Seiten der Stadt heißt es, dass die erforderlichen Maßnahmen von der jeweiligen Örtlichkeit abhängig seien. „Das kann sowohl die An- beziehungsweise Abordnung von Beschilderung und Fahrbahnmarkierung als auch die Anpassung von Ampelanlagen oder auch bauliche Maßnahmen umfassen“, so der Sprecher.

Doch der VCD kritisiert, dass in vielen Fällen zwar das entsprechende Verkehrsschild entfernt, dieses aber nur durch ein anderes Schild ersetzt wurde, das über die Aufhebung der Benutzungspflicht informiert. „Das ist zu wenig“, findet Wolfgang Kissenbeck. „Es reicht nicht aus, nur ein neues Schild aufzustellen. Die Sicherheit der Radfahrer auf der Straße muss gewährleistet werden. Das ist aktuell aber nicht so.“

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Ein Beispiel zeige sich auf der Krefelder Straße. Oftmals würden Autos im Halteverbot stehen, was die Straße unübersichtlich mache – nicht nur für Radfahrer, auch für Autofahrer selbst. Dazu kommen der Linienbusverkehr sowie Liefervorgänge. Daher würden unsichere Fahrradfahrer doch wieder auf den Bürgersteig ausweichen, weil der Radweg dort weiterhin vorhanden ist. Dabei können diesen durch die Aufhebung der Benutzungspflicht nun auch Fußgänger benutzen, was erneut ein Unfallrisiko birgt. „Die Gegebenheiten müssen dort schnellstmöglich an die Situation angepasst werden“, sagt Kissenbeck. Etwa indem dort illegales Parken verhindert werde.

Denn auch Fahrradfahrer können bei Verstößen bestraft werden. Nicht erlaubtes Fahren auf dem Gehweg wird laut StVO mit einem Bußgeld geahndet – dieses kann zwischen 55 und 100 Euro betragen. Das gilt aber auch im umgekehrten Fall. Sollte ein Radweg trotz Radwegebenutzungspflicht nicht benutzt werden, droht eine Strafe zwischen 20 und 35 Euro. Nur Kinder bis zu einem Alter von acht Jahren sind von diesen Regelungen ausgenommen.

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