„Das tut mir schon leid“Kölner Einrichtungshaus schließt nach 57 Jahren

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Bernd Ratajczak muss sein Einrichtungshaus auf der Mohrenstraße nach 57 Jahren schließen.

  • Der 82 Jahre alte Bernd Ratajczak schließt sein Geschäft für Antiquitäten und Inneneinrichtung nach 57 Jahren. Er findet keinen Nachfolger.
  • In all den Jahren war ihm die individuelle Kundenbetreuung immer besonders wichtig. Er begleitete die Inneneinrichtung vom Rohbau aus an und fertigte exklusive Möbel auf Wunsch an. Dafür war ihm keine Reise zu weit.
  • In wenigen Wochen wird sich das Leben für den Raumausstatter ändern, der bislang mit seinem „Laden verheiratet war“.

Köln – Bernd Ratajczak hat Wohnungen und Häuser in ganz Deutschland, in Frankreich und sogar im kanadischen Toronto eingerichtet. Dort war es eine große Villa mit 14 Gäste-Apartments. „Ich reiste zuerst nach Kanada, um mir das Haus anzusehen und dann nach England, um passende Antiquitäten einzukaufen und ließ diese nach Kanada verschiffen. Anschließend reiste ich wieder nach Kanada, um die Einrichtung des riesigen Hauses zu begleiten“, sagt Bernd Ratajczak, heute 82 Jahre alt.

Eine solch persönliche Kundenbetreuung sei Ratajczak immer wichtig gewesen und das Herzstück seines Geschäfts für Antiquitäten und Inneneinrichtung an der Ecke Mohrenstraße/Zeughausstraße.

Kölner Raumausstatter Ratajczak findet keinen Nachfolger

Am 31. März schließt das Traditions-Einrichtungshaus nach 57 Jahren. Der 82-Jährige findet keinen Nachfolger. „Das tut mir natürlich schon leid. Doch ich kann es auch verstehen – der Zeitgeist ist heute schon ein anderer.“

1963 hat Ratajczak seine Werkstatt am Theodor-Heuss-Ring mit 20 Mitarbeitern eröffnet. Damals sei er Deutschlands jüngster Innungsmeister der Raumausstatter gewesen. Zuvor war er Betriebsleiter in einer Kölner Firma für Inneneinrichtung und machte sich als Raumausstatter-Meister selbstständig. Wenige Wochen später eröffnete Ratajczak das Ladenlokal an der Mohrenstraße. „Damals war die Ausstellung hier im Geschäft noch etwas ärmlicher – es waren nur einzelne Möbelstücke zu sehen“, sagt Ratajczak. Heute sind hingegen zahlreiche Tische, hochwertige Polstersessel, schmucke Spiegel und wertvolle Stoffe zu finden. Zwischen den vielen Antiquitäten, die von Reisen oder aus Auktionen stammen, steht auch ein Sofa, das Ratajczak selbst entworfen und gepolstert hat.

Ratajczak machte Möbel auf Wunsch

In seiner eigenen Werkstatt fertigte Ratajczak solche exklusiven Möbel und Dekorationen an. So wie das erwähnte Sofa: Ein Schreiner stellte nach Entwürfen von Ratajczak das Gestell her, die Polsterung fand dann in der eigenen Werkstatt statt. Den Stoff konnten die Kunden nach eigenem Wunsch bestimmen. Doch auch komplette Sonderanfertigungen wurden in der Werkstatt umgesetzt. Die Werkstatt sei zeitweise mit gleich zwei Raumausstatter-Meistern besetzt gewesen, auch ausgebildet habe man immer, so Ratajczak.

Schwer waren die Anfänge für Ratajczak nicht, als Betriebsleiter hatte er in der Branche bereits viele Kontakte geknüpft. „Ich hatte mir bereits einen Namen gemacht und viele Kunden haben mir vertraut, dass ich ihre Wohnung schön einrichte.“ Begonnen habe er hauptsächlich mit englischen Möbeln, später kam auch Inneneinrichtung im französischen Stil dazu. Die Beleuchtung besorgte der 82-Jährige oft in Italien.

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Die Konsequenz: Ratajczak reiste viel: „Ich war eigentlich täglich unterwegs. Ich musste passende Weber finden und habe Tapeten eingekauft. Im Jahr war ich auf 14 Möbelmessen. Und wenn ich deshalb nicht unterwegs war, war ich auf Kundenbesuchen.“ Das alles habe viel Zeit gekostet. „Es war oft Knochenarbeit – aber es war auch nie langweilig. Jede Reise hatte etwas Besonderes.“

Ratajczak richtete viele Häuser in Köln-Marienburg ein

Die Einrichtung vieler Häuser – insbesondere auch in Marienburg – begleitete Ratajczak vom Rohbau an. Neben der individuellen Kundenbetreuung und der Anfertigung exklusiver Einrichtungsgegenstände kam mit der Zeit der Verkauf von Antiquitäten hinzu.

Um eine Filiale in Wohnnähe zu haben, eröffnete Ratajczak 1994 eine Dependance in Dürscheid, die er nach sechs Jahren allerdings wieder geschlossen habe. Vor zehn Jahren hat er zudem seine eigene Werkstatt schließen müssen. In dem Gebäude fanden langfristige Umbauarbeiten statt, weshalb Ratajczak seine Räumlichkeiten verlassen musste. „Mit 72 Jahren habe ich mich aber auch nicht in der Lage gesehen, noch einmal eine neue Werkstatt aufzubauen.“ Seitdem arbeitet er für die Anfertigungen mit einem Kölner Raumausstatter zusammen, ein Meister, der bei Ratajczak gelernt hat.

Mit der Schließung des Einrichtungshauses in der Mohrenstraße ändere sich sein Leben nun vollkommen. So viel zu Hause bei seiner Frau zu sein, werde ungewöhnlich, „schließlich war ich bislang auch mit dem Laden hier verheiratet“, so Bernd Ratajczak.

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