„Ein bisschen so wie gerade mit Corona“Förster in großer Sorge um die Kölner Bäume

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Die Rotbuchen wurden durch den Extremsommer stark geschädigt. Als erstes stirbt bei einem Baum die Krone.

  • Die jüngste Trockenheit setzt den Bäumen in Köln mächtig zu, der aktuelle Regen bringt bislang kaum Linderung.
  • Die geschwächten Pflanzen sind anfällig für Krankheiten. Was passiert, wenn der kommende Sommer so extrem wird wie die beiden davor?
  • Unterwegs mit Förster Michael Hundt und Joachim Bauer vom Grünflächenamt Köln in der Stadt.

Köln – Die gute Nachricht schickte Förster Michael Hundt voran: „Der Regen jetzt hat die erste Not gelindert.“ Doch die Einschränkung folgte sofort: „Es müsste über eine längere Zeit ergiebig Regnen. Es sind momentan keine Reserven für eine weitere Trockenphase im Boden.“ Die Vegetation in der Stadt ächzt unter der Trockenheit der vergangenen Wochen.

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Revierförster Michael Hundt

Bäume in den Parks, in den Wäldern, an den Straßen sind durch den niederschlagslosen April – neben dem Mai der wichtigste Wachstumsmonat – geschwächt und damit anfällig für Krankheiten. „Sollte der kommenden Sommer wieder extrem trocken werden, dann haben wir ein wirkliches Problem“, sagt Joachim Bauer, stellvertretender Leiter des Amts für Landschaftspflege und Grünflächen, „dann werden wir in den Wäldern erhebliche Kahlstellen haben“.

„Ein bisschen so wie gerade mit Corona“

„Mit den Bäumen ist es ein bisschen so wie gerade mit Corona“, umschreibt es Bauer. Nicht wenige Bäume seien geschwächt, weil sie sich noch immer nicht von den Dürresommern 2018 und 2019 erholt hätte. Und die jüngste Trockenperiode gebe manchen von ihnen den Rest, sie hätten Pilzerkrankungen und schädlichen Insekten wie Borkenkäfern kaum etwas entgegenzusetzen. „Die Vorerkrankten sterben dann“, schließt Bauer seinen Corona-Vergleich.

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Geschädigte Rotbuchen im Grüngürtel nähe des Geißbockheims

Sterben für Bäume heißt, sie verlieren die Blätter in ihren Kronen, die Stämme faulen und sind nicht mehr standsicher. Sollte solch ein Baum an einem Weg oder an einer Straße stehen, muss Bauer seine Leute mit den Motorsägen schicken. „Wenn wir die Sicherheit der Menschen nicht mehr garantieren können, müssen wie fällen.“

Förster Hundt zeigt derweil auf die Krone einer Rotbuche im Beethovenpark. Die Äste in etwa 25 Metern Höhe ragen karg in den Himmel. „Wenn die Krone erst mal weg ist, stirbt der Baum“, kommentiert Bauer die Geste von Hundt. 

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Joachim Bauer vom Grünflächenamt Köln

„Der Bestand im Äußeren Grüngürtel ist etwa 100 Jahre alt. Aber der Generationenwechsel setzt jetzt schon ein – 50 Jahre früher als wir dachten“, sagt Hundt. Mit Generationenwechsel meint er, dass die alten Bäume ihrem Ende entgegen gehen und im Unterholz neue wachsen, die aus den Samen der alten stammen. „Unsere Aufgabe ist nun, oben die toten Äste wegzuschneiden und unten die jungen Bäume zu schützen“, erklärt Hundt. Und die jungen zu schützen, ist gar nicht so einfach, weil zu viele Spaziergänger nicht auf den ausgewiesenen Wegen bleiben. Ein großes Netz aus Trampelpfaden zieht sich durch die Parks und Wälder Kölns. Und wie der Name schon sagt: Viele jungen Bäume werden einfach niedergetrampelt. Deshalb hat das Grünflächenamt damit begonnen, die Pfade mit großen Holzgattern zu blockieren. „Solche Gatter werden wir künftig häufiger sehen“, kündigt Bauer an.

Bodenverhältnisse sind in Köln recht uns links vom Rhein unterschiedlich

In Köln gibt es 4000 Hektar städtischen Wald, weiß Bauer. Trockenphasen haben rechts und links des Rheins unterschiedliche Auswirkungen, weil es dort unterschiedliche Bodenverhältnisse gibt. „Die rechtsrheinischen Böden sind sandig und können weniger Wasser halten, im Linksrheinischen gibt es fruchtbaren Lössboden, der mehr Wasser aufnehmen kann“, sagt Bauer. Die Robinie, die der Baum des Jahres 2020 ist und die Bauer deshalb am vorigen Samstag zum weltweiten Tag des Baums im Gut Leidenhausen in Porz-Eil pflanzte, wird es also schwerer haben, als die Linden oder Ahorne etwa im Beethovenpark in Sülz.

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In großen Tiefen ist nach Worten Bauers noch Wasser vorhanden. Bäume wie die Platanen auf dem Neumarkt hätten Wurzeln, die zehn bis zwölf Meter tief in den Boden hinunter reichten. Dennoch müssten sich auch viele großen Bäume in der Stadt anstrengen, genügend Wasser von unten herauszuziehen, wenn schon von oben kaum etwa kommt. Und in dieser Stressphase der Gewächse schlägt die Stunde der Parasiten und Krankheiten, die dann letztlich das Aus der Bäume bedeuteten. „Viele Menschen fragen uns, ob wir nicht alle Bäume wässern könnten“, berichtet Bauer. Das jedoch sei unmöglich, da die Fläche für eine künstliche Durchfeuchtung viel zu groß sei.

Die obere Bodenschicht ist ausgetrocknet

Bis zu einer Tiefe etwa 30 bis 40 Zentimetern war der Boden bis vor kurzem völlig ausgetrocknet und wird es auch schnell wieder sein, wenn es nicht weiter ausgiebig und lange regnet. Samen für neue Bäume und Pflanzen, die das Grünflächenamt einbringt, lägen also quasi im Staub und hätten kaum Chancen, anzuwachsen, beschreibt Bauer. Darunter leide auch die Landwirtschaft, deren neue Saat bei den derzeitigen Verhältnissen einfach im Boden vertrockne. Und so ergehe es auch den Wildsamen, die die Mitarbeiter des Grünflächenamts in den eigentlich wachstumsstarken Monaten April und Mai als Straßenbegleitgrün in den Boden setzen, und den 500 Bäumen an Straßen, die derzeit als Ersatz für kranke Exemplare gepflanzt werden. Die Chancen stehen also bislang schlecht für diese Nachzuchten, „wir hoffen einfach weiter auf Regen“, sagt Bauer. Immerhin: Die bestehenden rund 80000 Straßenbäume haben die beiden vergangenen Extremsommer ganz ordentlich überstanden. Im vergangenen Jahr mussten 118 wegen Trockenheit respektive Krankheit gefällt werden. Bauer: „Das geht eigentlich.“

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Wie die Trockenheit sogar vollkommen gesunden Bäumen zusetzt, ließ sich vor kurzem am Trainingsgelände des 1. FC Köln studieren. Um eine prächtige Buche herum mussten abgestorbene Bäume gefällt werden. Die Buche stand deshalb schutzlos im Wind, der den Baum auf einen Übungsplatz wehte, wobei ein Zaun zu Bruch ging. Es wurde niemand verletzt, der FC hat derzeit sein Trainingsprogramm wegen der Corona-Pandemie reduziert. Dort wo die Buche und ihre Nachbargewächse standen, ist jetzt jedoch eine kahle Stelle mehr im Wald des Äußeren Grüngürtels.

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