Kölner „Cold Case“ von 1988Verteidiger sehen dramatische Wende im Mordfall Petra Nohl

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Petra Nohl wurde in der Nacht zu Karnevalssonntag im Jahr 1988 ermordet.

Petra Nohl wurde in der Nacht zu Karnevalssonntag im Jahr 1988 ermordet.

Die mit Spannung erwartete Aussage des Hauptbelastungszeugen könnte den Angeklagten im Mordfall Petra Nohl womöglich entlastet haben. 

Der laufende Strafprozess um den sogenannten „Karnevalsmord“ an Petra Nohl im Jahr 1988 hat aus Sicht der Verteidiger eine entscheidende Wende genommen. Die Anwälte Uwe Krechel und Marc Piel beantragten am Montag die unverzügliche Freilassung ihres Mandanten – nach der Aussage eines Hauptbelastungszeugen sehen sie im Gegensatz zur Staatsanwältin keinen dringenden Tatverdacht mehr. Der Mann hatte seinen früheren Freund nach 35 Jahren auf die Spur der Ermittler gebracht.

Zeuge sah „Cold Case“ bei „Aktenzeichen XY… Ungelöst“

Der 54-jährige Zeuge hatte sich Anfang des Jahres auf einen Fahndungsaufruf in der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY… Ungelöst“ bei den Ermittlern gemeldet und einen möglichen Verdächtigen in diesem „Cold Case“ präsentiert. Die Rechtsmedizin konnte danach tatsächlich DNA-Spuren, die beim Mordopfer Petra Nohl sichergestellt wurden, dem jetzt Angeklagten Norbert K. zuordnen. Der 56-Jährige bestreitet, Nohl in jener Nacht zum Karnevalssonntag überfallen und getötet zu haben.

Der Leichenwagen mit der toten Petra Nohl musste sich in die Schull- und Veedelszöch einreihen, die am Tatort vorbeizogen.

Der Leichenwagen mit der toten Petra Nohl musste sich in die Schull- und Veedelszöch einreihen, die am Tatort vorbeizogen.

Nach der Zeugenaussage des früheren Freundes rekonstruierten die Ermittler den Tatablauf so: Der Angeklagte müsse Petra Nohl nach einem Diskobesuch am Taxistand an der Kölner Oper begegnet, ihr dann bis zum späteren Tatort in der Albertusstraße gefolgt sein. Hinter einem Imbisswagen habe K. das Opfer Petra Nohl „mit massiver Gewalt gegen Kopf, Hals und Oberkörper“ geschlagen und sie dann mit ihrer Halskette erdrosselt. Am nächsten Morgen hatten Anwohner die Leiche entdeckt.

Köln: Ehemaliger Freund mit Erinnerungslücken

Im Landgericht konnte sich der Zeuge nicht mehr daran erinnern, ob sein ehemaliger Kumpel in der Tatnacht tatsächlich Petra Nohl gefolgt war. „Ich habe noch eine Sequenz am Taxistand vor Augen“, sagte der Mann. Dort seien er und der Angeklagte auf eine Frau im Tigerkostüm getroffen. Danach hätten sich ihre Wege getrennt. Der Zeuge vermochte auch nicht zu saqen, ob er und der Angeklagte sich vorher ebenfalls in der Disko „Chari Vari“ aufgehalten hatten. Petra Nohl hatte hier gefeiert.

Auf Fahndungsplakaten will der Zeuge später Petra Nohl wiedererkannt haben. Das stimme so nicht, korrigierte der 54-Jährige im Gericht. Er habe immer von „der Frau am Taxistand“ gesprochen. Ob es sich dabei tatsächlich um Petra Nohl handelte, das wisse er nicht. Es sei auch nicht korrekt, dass der Angeklagte ihn bedroht habe, nachdem er ihn auf den Mord angesprochen habe. Dieser habe aufgrund eines anderen Verfahrens nur keinen weiteren Ärger mit der Polizei haben wollen.

Der Zeuge hatte auch von einer auffälligen Änderung der Frisur des Angeklagten gesprochen, „ein bis zwei Tage nach dem Mord“. Auch das konnte er so nicht mehr bestätigen. Zwar seien die Haare kurzzeitig verändert gewesen. Aber in welcher Form, „keine Ahnung“. Zuvor hatte er beschrieben, der Angeklagte habe danach lockiges Haar getragen. Ebenfalls entlastend könnte man die Aussage des Zeugen werten, an besagtem Taxistand habe sich damals noch ein weiterer Mann aufgehalten.

Verteidiger beantragen unverzügliche Haftentlassung

Für die Verteidiger stand nach den Ausführungen des Zeugen fest, dass der Mandant nicht überführt werden könne. Der Zeuge sei „tot und verbrannt“ und es gebe nun mal bei „so bescheidene Beweislagen, dass man einen Beschuldigten auch mal laufen lassen muss“, sagte Verteidiger Krechel über seinen Mandanten, der in Tränen ausgebrochen war. Übrig blieben nun noch die DNA-Spuren und die allein hätten keine Beweiskraft, da sie auch von Kontakten in der Disko stammen könnten.

Entschieden wurde über den Antrag auf Haftentlassung noch nicht. Die Staatsanwältin äußerte, den dringenden Tatverdacht weiterhin zu sehen. „Ich kenne es so, dass am Ende eines Verfahrens plädiert wird“, sagte die Anklägerin in Richtung der Verteidiger. Auch sei die Befragung des Zeugen noch nicht abgeschlossen. Der Mann sei auch nicht „das Hauptbeweismittel“, sagte die Staatsanwältin und verwies auf die eindeutigen DNA-Spuren. Der Prozess wird fortgesetzt.

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