Karnevalsmord von 1988„Cold Case“-Prozess in Köln gestartet – Zeugen haben Erinnerungsschwierigkeiten

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14. Februar 1988: Der Tatort in der Albertusstraße wird untersucht, vorbei ziehen die Schull- un Veedelszöch.

14. Februar 1988: Der Tatort in der Albertusstraße wird untersucht, vorbei ziehen die Schull- un Veedelszöch.

Wird der Tod der Kölnerin Petra Nohl nach 35 Jahren endlich gesühnt? Das soll der jetzt gestartete „Cold Case“-Prozess vor dem Landgericht klären. 

Die mit Spannung erwartete Verhandlung um den sogenannten Karnevalsmord von 1988 an der Kölnerin Petra Nohl ist am Montag vor dem Landgericht gestartet – und direkt wurden die Schwierigkeiten in der Aufklärung eines sogenannten „Cold Case“ deutlich. Denn bei Fragen zu Details, die im Zweifel entscheidend sein können, mussten die bisherigen Zeugen reihenweise passen. Zu rechnen ist mit einem reinen Indizienprozess. Denn der jetzt 56-jährige Angeklagte stritt ab, für den Tod der Kölnerin Petra Nohl verantwortlich zu sein.

Köln: Zeugen können sich an Details nicht erinnern

Im Zeugenstand versuchte zunächst eine Arzthelferin, den Morgen des 14. Februar 1988 – es war Karnevalssonntag – zu rekonstruieren. Sie habe bei ihrem Lebensgefährten in der Albertusstraße in der Innenstadt übernachtet und sei mit dem Hund spazieren gegangen. Auf dem Grünstreifen neben einem Bauwagen habe sie etwas liegen sehen. „Ich dachte, das sei eine Puppe“, sagte die 58-Jährige. Eine Nachbarin sei dann näher hingegangen, habe geschrien und von einer Leiche gesprochen.

Die 24-jährige und junge Mutter Petra Nohl wurde im Februar 1988 brutal getötet.

Die 24-jährige und junge Mutter Petra Nohl wurde im Februar 1988 brutal getötet.

Richterin Sibylle Grassmann hielt der Zeugin eine aufgezeichnete Vernehmung bei der Polizei vor. Demnach habe sie die Leiche beim Kaffeekochen und dem Blick aus dem Küchenfenster entdeckt. Die Nachbarin habe gegen den Körper getreten und erst dann realisiert, dass dort ein toter Mensch liege, so die damaligen Schilderungen. Auch zur Kleidung von Petra Nohl und dem Notarzteinsatz hatte sie Angaben gemacht. „Ich weiß das nicht mehr, das ist 35 Jahre her“, sagte die Arzthelferin.

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Hinter diesem Bierwagen wurde die Leiche von Petra Nohl entdeckt.

Hinter diesem Bierwagen wurde die Leiche von Petra Nohl entdeckt.

Der damalige Notarzt bekundete im Zeugenstand, der Körper des 24-jährigen Opfers sei „eiskalt“ gewesen. „Die Frau war sicher tot, Leichenstarre war da, daher war eine Reanimation nicht sinnvoll“, sagte der 70-Jährige. Er habe daher auch auf ein EKG verzichtet.

Doch auch hier trog den Zeugen die Erinnerung. Denn tatsächlich wurde die Tote auf mögliche Herzfrequenzen untersucht, das zeigten angebrachte Elektroden am Oberkörper der Leiche. Das wiederum führte zu weiteren Detailfragen.

Richterin fragt nach verschobenem Büstenhalter

Die Richterin wollte vom Notarzt und auch dem damaligen Sanitäter wissen, ob die Kleidung von Petra Nohl verändert wurde. Gezielt wurde gefragt, ob bei der Anbringung der Elektroden der BH der Frau nach oben geschoben wurde. Während der Sanitäter das eher ausschloss, sah der Mediziner diese Möglichkeit durchaus: „Wir denken da rein praktisch und wenn ein Kleidungsstück stört, dann wird das entfernt.“ Konkret könne er sich aber nicht erinnern, „ist ja schon ein paar Tage her“.

Die Frage nach dem Büstenhalter hängt auch mit einem möglichen sexuellen Tatmotiv zusammen, was sich letztlich nicht erhärten ließ. Die Anklage führt nunmehr Habgier und niedere Beweggründe auf. Der Angeklagte habe Petra Nohl nach Besuch der Disko „Chari Vari“ im ehemaligen Bierdorf unter den Opernpassagen attackiert. „Er erdrosselte sie mit ihrer eigenen Kette“, so die Staatsanwältin, dann habe er deren „Biene Maja“-Brustbeutel mit 100 Mark darin mitgenommen.

DNA-Spuren belasten den Angeklagten

Im Dezember hatte die Polizei den „Cold Case“ in der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY... Ungelöst“ präsentiert. Ein ehemaliger Bekannter hatte danach den Hinweis auf den Angeklagten gegeben. Die Rechtsmedizin konnte diesem die sichergestellte DNA an Körper und Kleidung von Petra Nohl zuordnen. Die Verteidiger Uwe Krechel und Marc Piel halten den Zeugen für unglaubwürdig. Und die DNA hätte auch beim gemeinsamen Diskobesuch übertragen werden können, argumentieren sie.

Der Angeklagte verbirgt sein Gesicht hinter einem Aktenordner.

Der Angeklagte verbirgt sein Gesicht hinter einem Aktenordner.

Dem Angeklagten, der gesundheitlich schwer angeschlagen ist und auf der Anklagebank zitterte, droht eine lebenslange Gefängnisstrafe. Ihm gegenüber saß sichtlich aufgeregt die Tochter der getöteten Petra Nohl, die zum Tatzeitpunkt erst 18 Monate alt war. Ihre Mandantin habe immer gehofft, dass der Fall doch noch aufgeklärt werde, sagten die Opfer-Anwältinnen Monika Müller-Laschet und Eva Kuhn. Ein Urteil in dem Prozess soll frühestens Ende Oktober gesprochen werden.

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