Mordfall Petra NohlKarnevalssonntag erdrosselt – Nach 35 Jahren beginnt der Prozess in Köln

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Die 24-jährige Petra Nohl wurde am 14. Februar 1988 in Köln getötet.

Die 24-jährige Petra Nohl wurde am 14. Februar 1988 in Köln getötet.

Ab Montag wird gegen den Kölner verhandelt, der Petra Nohl erdrosselt haben soll. Die 24-Jährige wurde 1988 am Karnevalssonntag erdrosselt.

Frühmorgens gegen vier Uhr, nach durchzechter Nacht, seien sie sich in Höhe des Taxistandes gegenüber der Oper begegnet. Petra Nohl, deren Tötung später als Karnevalsmord Schlagzeilen machen sollte, und Andreas Schmitz, der mutmaßliche Täter. Beide waren zuvor in der Diskothek „Chari Vari“ gewesen. In einem Schuppen des damaligen „Bierdorfes“, Kölns unterirdischer Partystadt mit 17 Kneipen, Imbissbuden und Cafés - untergebracht im Untergeschoss der heutigen Opernpassagen.

Die 24-jährige Frau mit Biene-Maja-Brustbeutel war auf dem Weg zur Disko „Big Ben“, hatte sich für den Fortgang des Abends 100 D-Mark von ihren Freundinnen geliehen. Der 21-jährige Schmitz (Name geändert) stand mit einem Kumpel am Taxistand. Was dann geschah an jenem 14. Februar 1988, einem Karnevalssonntag, blieb fast 35 Jahre ungewiss.

Opfer wurde mit eigener Halskette erwürgt

Ab Montag jedoch muss Schmitz sich vor dem Landgericht verantworten. Laut Anklage soll er Nohl, die Mutter einer kleinen Tochter, damals angesprochen, eine Zeit lang begleitet und dann brutal gegen Kopf, Hals und Oberkörper geschlagen haben. Anschließend soll er sie mit ihrer eigenen Halskette erdrosselt haben. Mit Petra Nohls Handtasche, ihrem Brustbeutel mit dem Hunderter sowie ihren Hausschlüsseln sei er dann geflüchtet.

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Das Opfer wurde von einer Passantin kurz vor neun Uhr hinter einem Reibekuchen-Imbiss entdeckt. Das Szenario, das sich dann ergab, war gespenstisch: Ein Leichenwagen, der sich in die „Schull- un Veedelszöch“ einreihen musste. Und Spurensicherung an einem Tatort, während nur wenige Meter weiter Alaaf gerufen und Kamelle geworfen wurden. Trotz aller Bemühungen konnte die Polizei jedoch keinen Verdächtigen ausmachen.

Hinweis nach Aufruf in „Aktenzeichen XY... ungelöst“

Im Dezember vergangenen Jahres, nachdem der „Cold Case“ vom nordrhein-westfälischen Landeskriminalamt neu aufgerollt wurde, hat „Aktenzeichen XY... ungelöst“ über den Fall berichtet. Noch während der Sendung meldete sich ein Anrufer im Studio, dessen Aussage schließlich zur Festnahme von Andreas Schmitz führte. Der selbsterklärte Zeuge war der damalige Kumpel, mit dem Schmitz in der Tatnacht unterwegs gewesen war. Er sagte aus, Petra Nohl gesehen zu haben. Er habe weiter auf ein Taxi gewartet, aber sein Freund sei der jungen Frau nach kurzer Zeit in Richtung Friesenplatz gefolgt.

Die tote Petra Nohl wird Karnevalsonntag 1988 mit dem Leichenwagen während eines Zuges abgeholt

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Am nächsten Tag habe er sich gewundert, weil der Kumpel plötzlich eine andere Frisur gehabt habe. Als kurz darauf in den Medien über die Bluttat berichtet sowie ein Foto des Opfers veröffentlicht worden sei, soll dieser sich außerdem vehement geweigert haben, als Zeuge bei der Polizei auszusagen.

Ermordete Frau hatte eine Tochter

Warum er dies erst jetzt berichte, wurde der Informant nach seinem Anruf bei Aktenzeichen-XY gefragt? Schmitz habe ihn damals bedroht, er habe Angst gehabt, sagte der Mann. Zudem habe er erst durch die Sendung erfahren, dass die getötete Frau eine kleine Tochter hatte. Dies sei dann der Auslöser gewesen, weshalb er sich jetzt gemeldet habe.

Rechtsanwalt Uwe Krechel (links) aus Bonn vertritt auch den Angeklagten im Kölner Karnevalsmord

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Die Polizei observierte den Verdächtigen, durchsuchte seine Wohnung. Ende Januar dieses Jahres gab dieser freiwillig eine Speichelprobe ab. Anfang Februar teilte die Rechtsmedizin der Uniklinik den Ermittlern mit, eine DNA-Übereinstimmung entdeckt zu haben. Wenige Tage später wurde Schmitz verhaftet. Mittlerweile soll es drei DNA-Treffer geben, die dem Verdächtigen zugeordnet werden.

Alle diese Spuren seien jedoch lediglich auf der Oberbekleidung des Opfers gefunden worden, sagt der Anwalt des Beschuldigten, der renommierte Bonner Strafverteidiger Uwe Krechel. Angesichts „des anzunehmenden, wohl äußerst gewalttätigen Tatverlaufes“, hätten diese Anhaftungen „allenfalls dann eine Beweiskraft, wenn sie etwa am Körper des Opfers“ entdeckt worden wären.

Anwalt Krechel: „Der angebliche Belastungszeuge ist unglaubwürdig“

Petra Nohl und der Angeklagte hätten das „Chari Vari“ nach den Erkenntnissen der Ermittlungen schließlich „nahezu gleichzeitig“ verlassen. Und in der Garderobe sollen damals zahlreiche Kleidungsstücke unsortiert übereinander gelegen haben. „Wer jemals in einer Disko war, der weiß doch, dass die Klamotten da tonnenweise auf der Theke liegen und dass ein Bestandteil der DNA-Träger dabei leicht übertragen werden kann“, so Krechel.

Der „angebliche Belastungszeuge“, der sich erst im vergangenen Jahr gemeldet hatte, sei zudem „unglaubwürdig und hinlänglich der Lüge überführt“. Der Mann habe angegeben, „nach den Vorkommnissen an Karneval 1988 keinen Kontakt mehr zu meinem Mandanten gehabt zu haben“, so Krechel. Dies sei „lächerlich“. Denn auch der Staatsanwaltschaft müsse bekannt sein, „dass es in den Jahren 1994 und 1991 mehrere Verfahren wegen Diebstahls gegeben hat, in denen mein Mandant und sein Ex-Kumpel gemeinsam die Angeklagten waren.“

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