Missbrauch-Prozess gegen FotografenVerteidigung greift mutmaßliche Opfer an

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Der beschuldigte Kinderfotograf mit Verteidigerin Denise Gerull beim Prozessauftakt im Kölner Landgericht.

Köln – Die Verteidigung des wegen sexuellen Missbrauchs beschuldigten Kinderfotografen stellte den Angeklagten am Donnerstag im Landgericht abermals als Opfer dar. Anwältin Denise Gerull kritisierte, das Gericht habe zunächst nur jene Zeugen geladen, die den Mandanten belasten. So sei ein unrealistisches Bild entstanden. Die Anwälte erheben noch weitere schwere Vorwürfe.

Mutter: „Immer nett und professionell“

Zunächst hatte eine 41-jährige Sekretärin aus dem Sauerland ihre Erfahrungen mit dem Angeklagten geschildert. Vor etwa neun Jahren hätte dieser ihre Tochter das erste Mal im Rahmen eines Shootings fotografiert, über mehrere Jahre hätte das Mädchen 30 bis 40 Aufträge bekommen. Sie sei immer noch traurig, irgendwann nicht mehr gebucht worden zu sein, da sie einfach zu alt geworden sei.

Zum Thema sexuelle Übergriffe fragte der Vorsitzende Richter Peter Sommer: „Ist Ihnen da mal was bekannt geworden oder komisch vorgekommen?“ Die Zeugin verneinte. Allerdings habe sie sich schon hin und wieder gefragt, warum der Fotograf auch nach den Shootings noch Zeit mit den Kindermodels verbringen wollte, etwa bei gemeinsamen Abendessen oder auf Reisen.

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Bei den Shootings seien immer sehr viele Menschen zusammen gekommen, neben den Kindern auch Eltern, Stylisten oder Kunden. Auf Nachfrage des Richters bekundete die Zeugin, dass der Anteil an Mädchen und Jungen als Models in etwa gleich gewesen sei. Oftmals habe man die gleichen Gesichter gesehen. „Es war immer sehr nett und professionell“, so das Fazit der Frau.

Kölner Staatsanwalt widerspricht Anwältin

Anwältin Gerull wertete die Aussage dahingehend, dass der Angeklagte eben nicht nur „Lieblingsjungs“, sondern auch „Lieblingsmädchen“ als Models hatte. Absurd sei auch der Vorwurf, er habe sich abseits der Shootings vor allem für schöne Kinder interessiert, dies träfe ja wohl auf alle seine Models zu. „Plus Size hat sich für Kindermode ja noch nicht rumgesprochen“, so die Anwältin.

Der Staatsanwalt wies den Einwand der Verteidigerin zurück. Die in Rede stehenden Taten sollen ja eben nicht bei den Shootings, sondern im privaten Rahmen geschehen sein. Dem 53-jährigen Angeklagten wird vorgeworfen, sechs Jungen im Alter zwischen sieben und 13 Jahren missbraucht zu haben. Auch bei Urlaubsreisen, etwa in Hotelanlagen auf den Malediven oder Gran Canaria.

Verteidigung fordert Glaubwürdigkeitsgutachten

Verteidiger Prof. Ulrich Sommer hält alle bisherigen Aussagen der mutmaßlichen Opfer – bis auf einen Nebenkläger sind mittlerweile alle erwachsen – für nicht brauchbar. Sommer fordert ein psychologisches Glaubwürdigkeitsgutachten, das belegen soll, dass die Männer beeinflusst worden seien. Etwa von ihren Müttern, teilweise ehemalige Lebenspartnerinnen des Angeklagten.

Ausgangspunkt sei laut Sommer ein ehemaliger Ziehsohn des Fotografen gewesen, dem der Anwalt manipulative Züge unterstellte. Der Junge habe nach Konflikten die Trennung der Mutter vom Fotografen erreichen wollen und diesen als pädophil bezeichnet. Danach habe sich eine Dynamik entwickelt, die letztlich zur Anklage geführt habe. Der Prozess wird fortgesetzt.

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