Abo

Zahlen aus Köln und der RegionWarum das Baden im Rhein so gefährlich ist

Lesezeit 4 Minuten
Am Rodenkirchener Strand baden vier Menschen im Rhein. Im Hintergrund fährt ein Schiff durch den Fluss.

Am Rodenkirchner Strand gehen besonders viele Menschen im Rhein baden (Archivfoto).

Ende Mai starben zwei Menschen bei einem Unfall im Rhein. Was den Fluss so gefährlich macht: eine Analyse mit Zahlen und Grafiken. 

Wieder ist es passiert: Ende Mai sind zwei Menschen, ein siebenjähriger Junge und sein 36-jähriger Vater, nach einem Unfall am Rhein gestorben. Auch wenn die beiden Todesopfer vermutlich nicht freiwillig ins Wasser gegangen, sondern ausgerutscht sind – immer wieder kommt es im Rhein zu tödlichen Badeunfällen.

Redet man wenige Tage nach dem Unfall mit Alexander Lustig, dem stellvertretenden Bezirksleiter der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) in Köln, ist ihm der Frust über die immer wieder auftretenden Unfälle anzumerken. „Seit Jahren raten wir ausdrücklich vom Baden im Rhein ab. Doch offenbar fehlt vielen noch immer die Einsicht“, sagt er.

Allein am langen Pfingstwochenende hat es in Deutschland laut DLRG fünf tödliche Unfälle gegeben. 2022 waren es insgesamt mindestens 355 – und damit 56 Todesfälle mehr als ein Jahr zuvor. Besonders oft kommen solche Unfälle in Seen oder Flüssen wie dem Rhein vor.

Volker Dittmann ist Leiter des Tauchwesens bei der Feuerwehr in Köln und somit immer wieder bei Badeunfällen am Rhein im Einsatz. Er erklärt, was den Fluss so gefährlich macht: „Der Wasserstand und die Strömungen im Rhein können sich sehr schnell und kurzfristig verändern. Da reden wir nicht über Minuten, sondern über Sekunden.“

2018 besonders viele Feuerwehr-Einsätze im Rhein

Laut DLRG ist der Rhein der verkehrsreichste Fluss Europas. „Durch die Schiffe werden große Wellen Richtung Land gespült. Ist das Schiff dann vorbeigefahren, entwickelt sich ein starker Sog in Richtung Rheinmitte. Das Ganze passiert so schnell und mit so erheblicher Kraft, dass selbst geübte Schwimmer mitgerissen werden können.“ Insbesondere die Stellen am Rhein zwischen den sogenannten Buhnen (aufgeschüttete Steinwälle, die in den Rhein hineinragen) würden vielen Menschen eine trügerische Sicherheit vermitteln.

Grundsätzlich verboten ist das Schwimmen im Rhein nicht. Aber sowohl Feuerwehr als auch DLRG raten strikt davon ab. Jedes Jahr kommt es laut Feuerwehr allein in Köln zu 20 bis 30 Notfalleinsätzen mit Personen im Rhein. Seit Jahren würden sich diese Zahlen auf diesem Niveau bewegen, so die Feuerwehr.

Lediglich das Jahr 2018 stellt mit 43 Einsätzen einen Ausreißer nach oben dar. Eine Erklärung für diese hohe Zahl hat die Feuerwehr nicht. Ein möglicher Grund könnte allerdings das Wetter sein: Der Sommer 2018 war besonders heiß und der Rheinpegel besonders niedrig, was mehr Menschen zum Schwimmen im Rhein verleitet haben könnte.

Köln: Besonders viele Badeunfälle in Rodenkirchen

Auch eine Auswertung des Archivs des „Kölner Stadt-Anzeiger“ macht deutlich, wie gefährlich das Baden im Rhein ist – und zwar an allen Stellen des Flusses. Allein in Köln gab es nach unseren Recherchen in den letzten 20 Jahren 22 Todesfälle im Rhein. Die Fälle erstrecken sich vom Stammheimer Ufer im Norden bis in den Rhein-Sieg-Kreis südlich der Stadt.

Nicht bei allen Todesfällen konnte zweifelsfrei festgestellt werden, dass es sich um Badeunfälle handelt. So könnte es sich bei einigen um Suizide handeln, bei anderen ist der Hintergrund schlicht nicht bekannt. Bei mindestens 13 Todesfällen handelt es sich jedoch mit Sicherheit um Badeunfälle. Ungefährlich ist das Baden im Rhein jedenfalls nirgendwo. Besonders viele Todesfälle gab es allerdings in Rodenkirchen. Neun der 22 tödlichen Unfälle ereigneten sich im südlichen Stadtteil. „Dort gehen einfach besonders viele Menschen ins Wasser. Denn dort liegt die bei den Kölnern beliebte Rodenkirchener Riviera mit ihrem Sandstrand“, erklärt Alexander Lustig von der DLRG. Und wo sich viele Menschen in den Rhein wagen, komme es auch häufiger zu Unfällen. „Der Sandstrand und die ruhige Lage an den Buhnen suggerieren eine sichere Situation. Aber sicher schwimmen kann man im Rhein nirgendwo.“

Seinem Eindruck nach habe sich die Situation seit der Corona-Pandemie sogar verschärft. „In den Corona-Jahren waren die Schwimmbäder zeitweise geschlossen. Die Menschen sind stattdessen mehr in freie Gewässer schwimmen gegangen.“ 

Hinzu komme, dass viele Kinder während der Pandemie kaum schwimmen lernen konnten. „Das hat die Situation noch gefährlicher gemacht.“ Er hofft, dass die Kinder dies nun schnell nachholen können. Vor allem aber, dass sie zum Baden ins Schwimmbad gehen und nicht in den Rhein. 

KStA abonnieren