Antipop und Heroin-FunkWie sich der Kölner Rapper Goldroger neu erfunden hat

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Mit seinem neuen Album sprengt Goldroger auch Genregrenzen.

  • „Mein letztes Album war ein Konzeptalbum. Diesmal ist es mehr ein Mixtape“, sagt der Kölner Rapper Goldroger.
  • Mit „Diskmann Antishock II“ will er Weltliteratur und Mangas zusammenbringen. Nebenbei erfindet er neue Genres.
  • Was kommt dabei raus? Wir haben uns mit dem Musiker unterhalten.

Am liebsten liest der Kölner Rapper Goldroger Weltliteratur und Mangas. „Ich mache da keinen qualitativen Unterschied. Gerade lese ich zum Beispiel den Talisman von Balzac“, sagt der 29-Jährige, der sich nach der Figur des Piratenkönigs aus dem Manga „One Piece“ benannt hat. In seinen Liedern baut der Rapper daher ganz selbstverständlich literarische Zitate ein.

Das klingt dann so: „Glaub ich an Gott? Nein, Gott ist tot. Nietzsche tot. Du bist, du bist. Sag mir wieso? Und du weißt ich kämpfe nachts allein mit den schweigenden Wänden“. Ein geschlossenes Bild ergeben die assoziativen Gedanken häufig nicht – aber das ist gewollt. „Es ist mir wichtiger, dass ein Text cool klingt. Es muss kein Vortrag sein, der selbsterklärend ist. Gerade beim Rap geht es viel um den Klang der Worte“, so Sebastian Goldstein, wie der gebürtige Dortmunder eigentlich heißt. Gerade ist seine neue Platte „Diskmann Antishock II“ – der zweite Teil einer geplanten Trilogie – erschienen. In ihr sprengt der Musiker bewusst auch die Grenzen eines in sich geschlossenen Werks. „Mein letztes Album war ein Konzeptalbum. Diesmal ist es mehr ein Mixtape“.

Kein Gangsta-Rap-Gehabe

Er wollte sich bei der Zusammensetzung der Lieder frei fühlen, auf verspielte Weise Musik machen. „Mehr noch als einen roten Faden zu haben, dem man zuliebe sonst Tracks opfern würde.“ Und in der Welt des Hip-Hops gehöre eine nummerierte Mixtape-Serie zu einer ordentlichen Diskographie eben dazu.

Stakkatoartige Rap-Parts wechseln sich darin mit melancholischem Gesang ab; treibende Beats treffen auf instrumentale Elemente. Seinen Stil beschrieb Goldroger einmal so: „Eine Mischung aus Antipop, Kraut-Rap, Future-Hippie, Heroin-Funk, Cloud-Rock und Psych-Hop“. Und einen Schuss Sphärik. Seine Texte offenbaren auch ein Stück Innenleben: In „Kalkulation“ geht es unter anderem um Erwartungen von Lehrern, die er nicht erfüllt habe – gleichzeitig aber auch um Algorhithmen.

Von Gangsta-Rap-Gehabe scheint Goldroger damit weit entfernt. Er hält aber nichts von solchen Etikettierungen. „Es gibt mittlerweile so viele Spielarten von Hip-Hop. Solche Differenzierungen spielen die eine gegen die andere aus.“ Gewagte Stilmixe finde man vor allem in den USA: etwa bei Childish Gambino oder den Künstlern von Brockhampton. Da kommt auch schonmal die Gitarre zum Einsatz. Goldroger selbst hat erst über Ska und Punk den Weg zum Rap gefunden. „Ich habe das Gefühl, dass Deutschland da ein bisschen hinterherhinkt.“

Tour im Herbst?

Auch der Rapper sollte diesen Sommer auf Festivals auftreten. „Das ist natürlich ein herber Schlag für die gesamte Branche. Ich bekomme ja noch die Streaming-Auszahlungen. Aber für meinen Tonmann geht gerade seine einzige Einnahmequelle drauf. Da mache ich mir schon Sorgen“.

Goldroger konzentriert sich nun ganz darauf, dass seine im Herbst geplante Tour stattfinden kann. Corona hat ihn unliebsam aus seinen Gewohnheiten gerissen: Nach dem Aufstehen trainiert er erst einmal im Fitnessstudio, um den Kopf frei zu bekommen. „Dann gehe ich ins Studio und singe ein bisschen am Klavier“.

Goldroger tritt am Mittwoch, 21. Oktober um 20 Uhr im Gloria Theater auf. Tickets kosten 22 Euro zzgl. Gebühren.  

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