„Kein Mülleimer für alle“Wirte dürfen Kölner Schaafenstraße sperren – Lage eskaliert

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Hotspot Köln Feiern

Vor dem Excorner in der Schaafenstraße stehen zahlreiche Menschen.

Köln – Zur Sicherheit der Gäste dürfen Wirtinnen und Wirte die Schaafenstraße seit Freitag (16. Juli) eigenhändig absperren, wenn diese überfüllt ist. Das bestätigte ein Stadtsprecher auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Es werde aus Gründen der „zügigen Gefahrenabwehr“ Absperrmaterial zur Verfügung gestellt, das die Wirte bei sich lagern sollen und in Rücksprache mit dem Ordnungsamt zwischen 21 Uhr und 6 Uhr morgens anbringen können, sollte die Lage es erfordern, heißt es.

Hintergrund ist das große Menschenaufkommen insbesondere am Wochenende am Feierhotspot Schaafenstraße. Wenn viele Leute kämen und gleichzeitig viel Autoverkehr herrsche, erhöhe sich die Unfallgefahr, so der Sprecher. Die Wirte könnten daher mit dieser „pragmatischen Lösung“ schnell handeln und sind nicht auf Ordnungsbeamte angewiesen, die das Material zunächst aus dem Bauhof holen müssten.

Autounfall am vergangenen Wochenende: Kölner Polizei ermittelt

Ein weiterer Auslöser für die Maßnahme war ein Vorfall vom vergangenen Wochenende, als ein Autofahrer in der Schaafenstraße einen Gast vorsätzlich angefahren haben soll. Dieses Ereignis hatte Angst bei den Wirten und Gästen ausgelöst: „Mumu“-Betreiber Mario Becker hatte sich daraufhin in einer Mail an Verwaltung und Politik gewandt und über die sich zuspitzende Situation berichtet.

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Die Polizei Köln ermittelt nun wegen gefährlicher Körperverletzung sowie Gefährdung des Straßenverkehrs, wie eine Polizeisprecherin mitteilt. Am 11. Juli soll es gegen 2.45 Uhr zu einem verbalen Streit zwischen zwei etwa 20 bis 30 Jahre alten Insassen eines grauen Pkw und einem 34-Jährigen gekommen sein. Laut Zeugenaussagen soll der Autofahrer dann rückwärts gegen den Mann gefahren sein, wodurch dieser stürzte. Der Auto-Fahrer sei daraufhin geflüchtet.

Der Polizei habe derzeit aber keine Anhaltspunkte dafür, dass die Schaafenstraße ein beliebter Treffpunkt der Raser- oder Poserszene oder ein Unfallbrennpunkt sei; oder ein Ort, an dem Menschen regelmäßig aufgrund ihrer Lebensweise diskriminiert werden, so die Sprecherin. Das sieht Excorner-Wirt Dieter Hennes anders. Die homophoben Anfeindungen nähmen zu. „Das erlebe ich selber und höre das auch von Kollegen. Die Situation ist ein Vorbote dafür, dass wir unser Viertel verteidigen müssen.“ Ein Zeuge soll die Tat sowie die Fahrerflucht beobachtet haben und schreibt auf Facebook: „Grad jetzt wo Diversität so großgeschrieben wird, finde ich es wichtig über so schwulenfeindliche Übergriffe in Köln zu berichten“.

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Überhaupt habe sich die Atmosphäre vor Ort „explosionsartig“ verändert, so Hennes. „Wir wollen kein zweiter Brüsseler Platz werden“. Der Schutzraum der LGBTIQ-Community mutiere immer mehr zur Konfliktzone. Das liege daran, dass die Clubs weiterhin pandemiebedingt geschlossen seien und am Brüsseler Platz das Verweilverbot herrsche. „Es hat sich eine Partyszene etabliert, die bringen ihre eigene Musik mit, nehmen sich den Raum hier, weil sie nirgendwo einchecken und keine Regeln befolgen müssen“.

Kölner Wirt Dieter Hennes:  Stadt und Polizei steuern zu wenig dagegen

Die Leute hinterließen dann bergeweise Müll und Glasflaschen. Dieses Publikum käme, um „die Sau rauszulassen. Wir sind aber nicht der Mülleimer für alle. Als Gewerbetreibende haben wir ein Interesse daran, dass die Straße sauber bleibt. Die Leute denken, der Dreck käme von der Gastro.“, sagt Hennes. Stadtverwaltung und Polizei steuerten zu wenig dagegen, kritisiert Hennes.

Es reiche nicht, so der Wirt, mit fünf Mannschaftswagen zu punktuellen Räumungen herzukommen, um sich nachher mit Bildern von der Aktion zu „schmücken“. Meist gehe die Party am benachbarten Mauritiuswall ohnehin nahtlos weiter, und auf erneute Benachrichtigungen erhalte man aber keine Reaktion mehr von Polizei und Ordnungsamt, sagt der Wirt.

Hennes: Gäste sollen Toilettenwagen benutzen

Aus seiner Sicht sei eine Kooperation zwischen Gastronomen und Einsatzkräften wünschenswert. „Präsenz könnte man zeigen, indem am Wochenende jeweils ein Mannschaftswagen und ein Wagen des Ordnungsamts dauerhaft da wäre. Wir haben schon unsere Security-Mitarbeiter aufgerüstet“, so Hennes.

Grundsätzlich sei nichts einzuwenden, dass Menschen im öffentlichen Raum gemeinsam feiern, zumal die Schaafenstraße ein Ort sei, wo man offen für unterschiedliche Menschen sei. Diese sollten aber „bitte die Flaschen in die bereitgestellten Kisten zurückstellen und den Toilettenwagen nutzen, den wir aufgestellt haben und die Kioskbetreiber könnten Getränke in Kunststoffbehälter umfüllen“, fordert der Wirt.

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