„Schatz, die Polizei ist da“Ermittler erzählt von Razzia in Kölner Giftfall

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Prozess um vergifteten Arzt: Die angeklagte Schwiegertochter im Landgericht, rechts ihr Verteidiger Jürgen Graf.

Köln – So freudig sei er bei einer Hausdurchsuchung noch nie begrüßt worden, sagte am Donnerstag im Landgericht ein Ermittler der Kölner Mordkommission, die sich mit dem Fall des vergifteten Arztes (82) aus dem Kölner Westen beschäftigt. „Schatz, die Polizei ist da“, habe die Angeklagte ihrem Ehemann zugerufen. Und der hätte erstmal für Getränke gesorgt. Offenbar ein bizarres Erlebnis.

Kölner Kripobeamter schildert bizarre Hausdurchsuchung

„Als wären wir normaler Besuch“, so schilderte es der Kripobeamte, habe man ihn durch das Haus geführt. „Gut, dass Sie da sind“, habe die Angeklagte gesagt. Dabei habe er ihr eröffnet, Beschuldigte eines versuchten Mordes an ihrem Schwiegervater zu sein. Die 42-Jährige habe gesagt, dass sie das nicht wundere, schließlich sei sie es ja gewesen, die den vergifteten Senior zuletzt gesehen habe.

Während die Ermittler die Beschuldigte und deren Ehemann zur Vernehmung mit ins Polizeipräsidium nahmen, sicherten weitere Kräfte im Haus des Ehepaars mutmaßliche Beweise. Computer wurden sichergestellt, Datenträger und Smartphones. Später hatten IT-Spezialisten auf dem iPhone der Angeklagten verdächtige Suchanfragen gefunden, die als Hauptindizien gelten.

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Google-Suchanfragen belasten Schwiegertochter

„Perfekter Mord durch Insulin“, war eines der Suchbegriffe, die die Immobilienmaklerin bei Google eingegeben haben soll. Der Suchverlauf auf dem Handy war gelöscht, konnte aber rekonstruiert werden. Die Angeklagte hatte im Prozessverlauf abgestritten, nach Anleitungen zur Tötung ihres Schwiegervaters gesucht zu haben, sie habe zu dieser Zeit „alles Mögliche“ im Internet gesucht.

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Auch war die App des Streaming-Anbieters Netflix ausgewertet worden. Dies ist wichtig, da die Tochter dort Kinderserien geschaut haben soll, während sie mit der Mutter beim Großvater zu Besuch war. Sie gilt als mögliche Tatzeugin, scheint aber abgelenkt gewesen zu sein. Die Netflix-Auswertung machte der Richter beim Verhandlungstag am Donnerstag erneut zum Thema.

Kölner Verteidiger vertreten Selbstmord-These

Die Tochter sei bei dem Besuch im Juli 2020 die ganze Zeit bei ihr gewesen, sagte Verteidiger Jürgen Graf für seine Mandantin. Und die Angeklagte könne sich nicht erinnern, dass sie die Serien bereits in der Villa des Großvaters geschaut habe. Vielleicht sei da auch was automatisch abgespielt worden. „Und das Handy schaltet sich auch von ganz alleine an“, erwiderte Richter Peter Koerfers genervt.

Die Verteidigung vertritt die These, dass der vergiftete Arzt, der zum Pflegefall wurde, sich mit einer Überdosis Insulin selbst habe töten wollen. Entweder habe er die dafür benötigten Spritzen vor der Entfaltung der Wirkung selbst entsorgt. Oder die Haushälterin habe diese beim Aufräumen der Notarzt-Utensilien gleich mit entsorgt, deutete Anwalt Frank Seebode an. Der Prozess geht weiter.

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