Randalierer stirbt nach PolizeieinsatzDarum rastete der Mann in einem Kölner Bordell aus – Todesursache unklar

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Eine Prostituierte sitzt bei roter Beleuchtung auf einem Bett in einem Studio.

In dem Zimmer einer Prostituierten soll der Mann ausgerastet sein (Symbolfoto).

Mutmaßlicher Kokain-Konsum, Schubserei im Bordell und der Einsatz von Beruhigungsmitteln: Der Fall im Kunibertsviertel hat noch offene Fragen.

Auch zwei Tage, nachdem ein randalierender Mann im Kunibertsviertel nach einem Taser-Einsatz der Polizei ums Leben gekommen ist, steht die Identität des Opfers noch nicht fest. Ebenso unklar ist, ob der Stromschlag durch den Elektroschocker zum unerwarteten Tod des Mannes beigetragen haben könnte – oder ob möglicherweise das Beruhigungsmedikament, das ein Notarzt ihm verabreicht hat, zumindest mitursächlich war.

Eine Augenzeugin berichtete dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ zudem, der Randalierer habe kurz vor dem Einsatz noch Kokain konsumiert. Die Frau arbeitet als Prostituierte in dem Mehrparteienhaus, in dem der Mann in der Nacht zum Sonntag zu Gast war. Auf mehreren Etagen befinden sich hier Zimmer von Prostituierten. Das oberste ist von der Polizei versiegelt. Hier soll der Mann am Sonntagmorgen gegen 1 Uhr ausgerastet sein und unter anderem eine Mikrowelle und einen Spiegel zertrümmert haben.

Köln: Randalierer stieß Prostituierte aus dem Zimmer

„Er hat mich aus dem Zimmer geschubst“, erzählt die Frau, die der Mann aufgesucht hatte. Er sei wütend geworden, weil sie darauf bestanden habe, in Euro habe bezahlt zu werden, er aber nur polnische Zloty dabei gehabt hätte.

„Daraufhin drängte der Freier die Frau aus dem Zimmer, schloss sich ein, randalierte lautstark und zerstörte Mobiliar“, bestätigt Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer auf Anfrage. Die zur Hilfe gerufene Polizei habe sich Zutritt zu dem Zimmer verschafft und letztendlich „zur Eigensicherung“ den Taser eingesetzt.

Köln: Freier kollabierte nach Einnahme eines Medikaments

„Genau hier war das“, sagt eine Prostituierte aus dem Haus am Tag danach und zeigt auf eine Stufe in dem engen Treppenhaus. Doch auch durch den Stromschlag ließ sich der Randalierer offenbar nicht nachhaltig beruhigen. Auf der Straße und im Streifenwagen soll er weitergetobt haben, bis ein Notarzt ihm ein Medikament verabreichte, angeblich ein Beruhigungsmittel. Kurz danach sei der Mann kollabiert und wenige Stunden später im Krankenhaus gestorben, berichtete Bremer.

Die Staatsanwaltschaft prüft nun, „ob es mit Blick auf den Tod des Mannes konkrete Anhaltspunkte für ein strafrechtlich relevantes Fremdverschulden durch Polizeibeamte oder ärztliches Personal gibt“, sagte Bremer. Aus Neutralitätsgründern ermittelt die Polizei Bonn. Sie vernimmt Zeugen und wertet die Bodycam-Aufnahmen der Polizei aus. Auch der Eingang des Bordells wird per Videokamera überwacht.

Die Rechtsmedizin hat den Auftrag, die Todesursache zu klären. Ob der verstorbene Mann möglicherweise Vorerkrankungen hatte, steht noch nicht fest. „Die Obduktion des Leichnams ist angeordnet worden. Mit zeitnahen Ergebnissen ist nicht zu rechnen“, sagte Bremer.

In Köln setzt die Polizei die Taser seit eineinhalb Jahren ein, meistens um unbewaffnete Randalierer zu überwältigen. Hat ein Angreifer dagegen ein Messer in der Hand, sind die Polizisten angehalten, zur Pistole zu greifen, um sich notfalls zu verteidigen. Ein Todesfall oder schwere Verletzungen waren in Köln bislang nach dem Einsatz eines Tasers nicht bekannt geworden.

Die Grünen im Landtag sehen den Einsatz von Tasern bei der Polizei grundsätzlich skeptisch. Julia Höller, innenpolitische Sprecherin, sagt: „Mich erschüttert die Nachricht, dass ein Mann in Köln nach einem Polizeieinsatz in der Nacht zum Sonntag verstorben ist. Derzeit müssen wir die Ermittlungen der Bonner Polizei sowie die durch die Staatsanwaltschaft Köln angeordnete Obduktion abwarten. Wir evaluieren die Einführung des Tasers wissenschaftlich und unabhängig, um gesundheitliche Gefährdungen und Einsatzmöglichkeiten besser einschätzen zu können.“

Das NRW-Innenministerium wollte sich auf Anfrage nicht äußern. Ein Sprecher sagte: „Wir müssen die Ermittlungen abwarten.“

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