Deutzer FreiheitStadt Köln will umstrittenen Verkehrsversuch verlängern – Gegner machen mobil

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In einer Visualisierung gehen Menschen über die bunt bemalte Deutzer Freiheit.

So soll die Deutzer Freiheit einmal aussehen, wenn der Verkehrsversuch endgültig beschlossen wird.

Die Verwaltung teilt mit, dass sie noch Zeit benötigt für eine endgültige Beschlussvorlage für die Einkaufsmeile. Gegner und Befürworter des Verkehrsversuchs machen mobil.

Der Streit um die Deutzer Freiheit wird immer heftiger. Grund ist nicht zuletzt eine Mitteilung der Verwaltung, die jetzt die Bezirksvertretung Innenstadt erreichte. Darin kündigt das Amt für nachhaltige Mobilitätsentwicklung eine Verlängerung des Verkehrsversuchs an. Die Freiheit bleibt also bis auf weiteres autofrei. Man wolle, so die Verwaltung, die Situation auf der Einkaufsmeile weiter beobachten und den Bezirksvertretern in der Novembersitzung eine Beschlussvorlage für eine endgültige Entscheidung für die Freiheit präsentieren.

Wir Deutzer sind keine Versuchskaninchen
Mario Schmitz, CDU-Bezirksvertreter

Die Verwaltung begründet die Ausweitung des Untersuchungszeitraums mit den ab April umgesetzten Änderungen der Verkehrsführung. Seitdem dürfen wieder Autos ab der Graf-Geßler-Straße in Richtung Gotenring auf der Freiheit fahren. Mario Schmitz ist sauer. „Wir Deutzer sind keine Versuchskaninchen, weil die Verwaltung ihre Hausaufgaben nicht macht", erklärte der CDU-Bezirksvertreter während der jüngsten Sitzung des Gremiums. „Aus unserer Sicht endet der Versuch am 10. Juni nach einem Jahr, wie wir beschlossen haben.“ Dann soll alles wieder so sein wie früher, und der Veedelsbeirat könne anschließend gern weiter über die Freiheit diskutieren.

Martin Herrndorf von den Grünen widersprach Schmitz vehement. Beschlusslage sei, dass Autos zwischen der Mindener Straße und der Graf-Geßler-Straße bis zu einer endgültigen Entscheidung der BV nichts zu suchen haben. „Ob unsere Beschlüsse das Veedel spalten, hängt auch davon ab, ob wir den Menschen die Wahrheit sagen“, sagte Herrndorf an Schmitz gewandt. Und nochmal zur Freiheit: „In diesem Jahr hat es dort nicht einen Unfall mit Personenschaden gegeben. Im gleichen Zeitraum im Vorjahr waren es fünf.“ Für seine Einlassung „Ich bin maßlos enttäuscht, wie einige hier Politik machen“ erntete Schmitz Gelächter von Seiten der Grünen. Die Stimmung bleibt vergiftet. Einen Dringlichkeitsantrag von CDU und FDP auf Abbruch des Verkehrsversuchs lehnten die anderen Bezirksvertreter ab.

Derweil bringen sich Gegner und Befürworter des Verkehrsversuchs weiter in Stellung. Die Initiative Deutz um Eva Winkler und Julian Neumann hat über 1000 Unterschriften gegen den Verkehrsversuch gesammelt. Es habe mehrere „gute“ Gespräche gegeben, schreiben die Aktivisten. Aber: „Leider hatten wir das Gefühl, dass kein Vorschlag unsererseits ernst genommen wurde. Nun sind wir doch überrascht, dass uns eine kontroverse Diskussion über das Thema als Aggression ausgelegt wird.“ Die Initiative Deutz hat eine Klage gegen den Verkehrsversuch eingereicht und ein Mediationsverfahren vorgeschlagen. Die Verwaltung hat den Vorschlag angenommen. Das heißt, man will versuchen, sich außergerichtlich mit Hilfe eines Mediators als neutralem Vermittler zu einigen.

Bekenntnisse zur autofreien Freiheit

Aber auch die Befürworter der autofreien Freiheit geben Gas. In einem offenen Brief wenden sich etliche Deutzer und insbesondere solche mit Kindern an Andreas Hupke, Bürgermeister des Stadtbezirks Innenstadt, mit der Bitte, „den Verkehrsversuch weiter zu optimieren und die Deutzer Freiheit dauerhaft zur Fußgängerzone mit einer Beschilderung ,Fahrräder frei‘ zu machen“. Sie erhoffen sich von einer repräsentativen und differenzierten Umfrage, dass der Diskurs auf eine breitere Basis gestellt werden könne. „Wir hoffen, dass unsere Appelle nicht von der dröhnenden Wut der Gegner:innen übertönt werden“, heißt es in dem Brief. Auf der Internetseite der Initiative Deutzer (Auto-) Freiheit bekennen sich zahlreiche Menschen aus dem Veedel zum Verkehrsversuch. Viele zeigen sich im Bild und loben vor allem die aus ihrer Sicht deutlich verbesserte Aufenthaltsqualität auf der Einkaufsstraße.

Auch die Freiheit der Andersdenkenden

Jetzt warten alle gespannt auf die Verwaltungsvorlage im November und die endgültige Entscheidung. Und bis dahin? Die Freiheit ist immer auch die Freiheit der Andersdenkenden.

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