„Wir haben kein Verständnis“Streit um die Straßenbemalung der Deutzer Freiheit spitzt sich zu

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Ein umkämpftes Stück Stadt: Die Deutzer Freiheit

Ein umkämpftes Stück Stadt: Die Deutzer Freiheit

Händler, Anwohner und Kreative kämpfen weiter um die Frage, ob die aktuell autofreie Deutzer Freiheit bemalt werden soll.

Der Streit um die Gestaltung der Deutzer Freiheit nimmt kein Ende. Nachdem die Stadt Köln Mitte Juli eine mehrtägige Bemalung der Straße, für die bereits eine Agentur engagiert worden war, kurzfristig abgesagt hatte, macht die Bürgerinitiative „Deutzer (Auto-)Freiheit“ der Verwaltung schwere Vorwürfe. „Wir haben kein Verständnis dafür, dass die Verwaltung Beschwerdemails zum Anlass nimmt, eine auf Grundlage eines politischen Beschlusses genehmigte Maßnahme, für die ein lokales Unternehmen bereits einen verbindlichen Auftrag erhalten hatte, zu stoppen“, heißt es in einer Mail der Initiative an die Verwaltung, die dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt.

Hinter der Debatte um die Bemalung steht der grundsätzliche Konflikt um die Zukunft der Deutzer Freiheit. Die Bürgerinitiative kämpft seit Jahren darum, dass die Straße autofrei wird. Das ist nun im Rahmen eines Verkehrsversuchs, der seit Sommer 2022 läuft, zumindest teilweise wahrgeworden. Händler sind teils sehr unzufrieden mit dem Versuch, beklagen Umsatzverluste und haben Klage eingereicht. Im November will die Stadt über die Zukunft der Einkaufsstraße entscheiden.

Köln-Deutzer Gegeninitiative hatte Bemalung der Straße verhindert

Die Befürworter der autofreien Einkaufsstraße sehen sich von der Verwaltung benachteiligt. „Wir haben bisher weder von der Verwaltung noch von der Politik eine befriedigende Erklärung dafür erhalten, warum diese längst fällige Maßnahme zurückgestellt wurde“, heißt es in der Mail weiter. „Die Gewerbetreibenden beschweren sich in ihren Mails über mangelnde Partizipation, doch dass die Bemalung geplant war, war längst bekannt“, so ihr Vorwurf. Das beauftragte Unternehmen habe sogar auf dem Straßenfest auf der Deutzer Freiheit am 11. Juni mit einem Stand auf die anstehende Bemalung aufmerksam gemacht und die Menschen im Veedel gebeten, ihre Ideen einzubringen.

Kurz vor der geplanten Bemalung im Juli landete eine Mail des Planungsbüros „Stadtkontraste“ im Postfach verschiedener Akteure, die auf der Deutzer Freiheit aktiv sind. Unter anderem bei der Anwohnerin Eva Winkler, die der Stadt gegenüber gemeinsam mit Friseur Julian Neumann für die Initiative Deutz spricht und für eine Rückkehr der Autos kämpft. In der Mail, die eine Einladung sein sollte, hieß es: „Die Deutzer Freiheit wird noch schöner und bunter, denn die Flächen rund um die Möbel werden bemalt und künstlerisch gestaltet.“

Drei Tage lang sollten zahlreiche Künstlerinnen und Künstler „farbige, abstrakte Muster entwerfen“, die Bezug zur Deutzer Freiheit herstellen. Das Büro, das bereits die Möbel auf der Einkaufsmeile platziert hat, bedankte sich für das Vertrauen bei einem städtischen Verkehrsingenieur. Winkler rief Anwalt Marcel Templin auf den Plan, der schickte der Stadt mehrere kritische Fragen. Es folgte: Die Absage. Und große Enttäuschung auf Seiten der Künstlerinnen und Künstler.

Stadt Köln: Spätere Entscheidung über Zeitpunkt der Bemalung 

Die befürchten, dass die Händlerinitiative die bessere Lobby bei der Stadt habe. „Wir haben die Verwaltung um ein Gespräch zur Klärung des Vorgehens gebeten, aber erst für Ende August ein Terminangebot erhalten. Der Interessensvertretung der Gewerbetreibenden hingegen wurde direkt ein Termin angeboten. Hier stellt sich für uns die Frage, welchen Stellenwert bürgerschaftliches Engagement in der Stadt Köln genießt“, heißt es in dem Schreiben weiter.

Die Stadt selbst äußert sich auf Anfrage vorsichtig zu dem Konflikt. Mit Blick auf die zunächst erteilte Absage sagte eine Sprecherin nun: „Die Verwaltung ist davon ausgegangen, dass die Bemalung von allen Akteuren positiv aufgenommen wird und hat deshalb auf einen zusätzlichen Beteiligungsprozess verzichtet. Sie musste feststellen, dass diese Einschätzung nicht korrekt war und hat sofort mit der Zurückstellung der Maßnahme reagiert.“

Die Verwaltung werde nun einen Abstimmungsprozess mit allen Beteiligten durchführen. „Dazu steht Herr Siggelkow, Leiter des Amtes für nachhaltige Mobilität, in Kontakt mit Vertreterinnen und Vertretern der Interessensgruppen und wird in Kürze Gespräche führen. Deshalb kann zum jetzigen Zeitpunkt keine Aussage dazu getroffen werden, wann mit der Bemalung begonnen wird.“ Das Ob scheint also beantwortet: Die Bemalung soll früher oder später kommen. Wirklich zufrieden ist auf der Deutzer Freiheit mal wieder niemand.

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