Drogenszene am NeumarktKonsummobil als schnelle Lösung für Köln – Vorbild Berlin

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Drogenabhängige setzen sich am Neumarkt in aller Öffentlichkeit Spritzen.

Drogenabhängige setzen sich am Neumarkt in aller Öffentlichkeit Spritzen.

  • In Berlin betreibt der Drogenhilfe-Verein Fixpunkt Berlin zwei Drogenkonsummobile.
  • Die mobilen Angebote könnten Anwohner von der Sinnhaftigkeit eines Konsumraums überzeugen.

Köln-Innenstadt – Menschen, die sich in aller Öffentlichkeit einen Schuss setzen und denen im Fall einer Überdosierung niemand schnell zur Hilfe eilen kann, werden rund um den Neumarkt auch weiterhin zum Alltag gehören.

Nachdem der Eigentümer vor zwei Wochen den Mietvertrag mit der Stadt für einen neuen Drogenkonsumraum an der Thieboldsgasse 146 kündigte, fange die Stadt jetzt wieder bei Null an, sagte Sozialdezernent Harald Rau.

Die Suche nach einer neuen Immobilie dürfte sehr wahrscheinlich schwierig und entsprechend langwierig werden, zumal sich vor Ort eine Bürgerinitiative gegründet hat, die Druck ausübt.

Wie sich doch noch kurzfristig eine Lösung finden ließe, zeigt ein Beispiel aus Berlin. In der Hauptstadt betreibt der gemeinnützige Drogenhilfe-Verein Fixpunkt Berlin bereits seit 2003 zwei Drogenkonsummobile. Dabei handelt es sich um eigens für diesen Zweck umgebaute Kleintransporter.

Sie werden an Orten eingesetzt, an denen sich eine Drogenszene gebildet hat und noch keine Immobilie für einen festen Konsumraum zur Verfügung steht. In Berlin befinden sich die Standorte am Stuttgarter Platz in Charlottenburg und an der Ecke Karl-Marx-Straße und Hochkirchstraße in Neukölln.

Der zum dezenten Drogenkonsummobil umgebaute Kastenwagen des Vereins Fixpunkt wird in Berlin zurzeit am Stuttgarter Platz in Charlottenburg eingesetzt.

Der zum dezenten Drogenkonsummobil umgebaute Kastenwagen des Vereins Fixpunkt wird in Berlin zurzeit am Stuttgarter Platz in Charlottenburg eingesetzt.

„Ein mobiles Angebot kann der Vorreiter für ein stationäres Angebot sein“, sagt Fixpunkt-Standortleiter Matthias Frötschl. Der Vorteil des Konsummobils bestehe darin, dass es zeitlich und örtlich flexibel einsetzbar sei. „Man ist zunächst einmal unabhängig von einer Immobilie und kann schauen, ob das Angebot an einem Standort überhaupt von der Szene angenommen wird“, sagt Frötschl.

Selbstverständlich werde die Position des Konsummobils mit der Stadtverwaltung und der Polizei abgesprochen. Grundsätzlich gelten dabei dieselben Anforderungen wie bei einem festen Angebot.

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„Viele Anwohner befürchten, dass ein Drogenkonsumraum eine Sogwirkung auf die Szene hat und sich dann noch mehr Konsumenten als zuvor vor Ort aufhalten“, sagt Frötschl. Diese Vermutung bestätige sich aus der jahrzehntelangen Erfahrung von Fixpunkt jedoch nicht. „Es ist im Gegenteil so, dass das Konsummobil dazu beiträgt, die Anwohner von der Sinnhaftigkeit zu überzeugen“, sagt Frötschl.

Tatsächlich würden selbst die Gegner oft feststellen, dass der öffentliche Konsum zurückgehe, die Spritzenfunde abnähmen und weniger medizinische Notfälle bei den Abhängigen zu verzeichnen seien.

Neben dem Konsummobil positionieren die Fixpunkt-Mitarbeiter einen umgebauten Campingwagen, der als Informationsstelle und Café fungiert. Sozialarbeiter stehen den Abhängigen und ebenso den Anwohnern als Gesprächspartner zur Verfügung und bieten Getränke sowie Lebensmittel an.

In dem Konsummobil stehen insgesamt vier Plätze mit Sichtschutz zur Verfügung, an denen sich Abhängige Drogen verabreichen können. Die intravenöse und nasale Einnahme ist erlaubt, der inhalative Konsum, also das Rauchen von einer Aluminiumfolie, ist nicht möglich.

Fixpunkt stellt sterile Spritzen und Kanülen zur Verfügung und sorgt für eine sichere Entsorgung. „Am Ende ist ein stationärer Konsumraum zwar immer besser, aber mit dem Mobil lässt sich kurzfristig auf die Bewegungen in der Szene reagieren“, sagt Frötschl.

Die Konsummobile in Berlin sind von Montag bis Freitag jeweils von 14 bis 18 Uhr vor Ort. Aufgrund der bislang guten Erfahrungen soll das Angebot zeitlich ausgeweitet werden. Fixpunkt wird vom Berliner Senat und den jeweiligen Bezirken finanziell unterstützt. Für das mobile Angebot benötigt es nach Erfahrung des Vereins einen relativ hohen Logistikaufwand und ein Lager, um die Fahrzeuge unterzubringen.

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