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Menschen im VeedelEin Bäcker, der eigentlich keiner werden wollte

Lesezeit 4 Minuten

Die Brötchen sind das Aushängeschild eines guten Bäckers, sagt Heinz-Josef Probst.

InnenstadtHerr Probst, wir haben uns auf ein Treffen um 14 Uhr verständigt. Müsste ein Bäcker da nicht schlafen? Sie arbeiten doch nachts.

Stimmt. Mein Wecker geht immer um 2 Uhr morgens, um 3 Uhr ist Arbeitsbeginn. Bloß heute Morgen, da habe ich verschlafen.

Was heißt das?

Um halb drei haben die Kleinen mich rausgeklingelt. Der blöde „Wer wird Millionär“ ist schuld, das war so spannend, ich hab viel zu lange geguckt. Aber da war so eine ältere Kandidatin …

… Oma Ursula.

Genau! Und die hat 125 000 Euro gewonnen. Die war so sympathisch, das wollte ich unbedingt zu Ende gucken.

Wann gehen Sie denn normalerweise schlafen?

So um neun, halb zehn abends. Ein bisschen Schlaf brauche ich ja schon. Und dann lege ich mich von 12 bis 14 Uhr noch mal hin.

Und was heißt, „die Kleinen“ hätten Sie rausgeklingelt?

Unsere Auszubildenden.

Die wie alt sind?

21, 23 und 28. Wir wohnen direkt überm Laden, die wissen also immer, wo ich bin. Und das ist so furchtbar: Ich predige denen immer, ein Bäcker muss pünktlich sein, und dann so was.

Passiert Ihnen das oft?

Nein, das geht nicht! Die Kunden wollen ja morgens pünktlich ihre Brötchen haben. Wir backen von 3 bis 7 Uhr das Tagesgebäck, also alles, was Sie in der Auslage sehen: Brötchen, Brote, Kuchen, Kleingebäck. Das heißt in der Zeit von 3 bis 7 bestehen Sie aus Adrenalin pur. Dafür gibt’s um 7 Uhr eine halbe Stunde Frühstückspause. Dann beginnt die Vorproduktion für den nächsten Tag.

Zum Beispiel was?

Kleingebäck etwa, das sehr zeitintensiv ist in der Produktion und das wir als Teiglinge für den nächsten Tag vorbereiten können.

Wie viele Brötchen backen Sie denn so pro Tag?

Etwa 3000 normale und dazu 500 Körnerbrötchen.

Gehen die Normalen nach wie vor am besten?

Oh ja, die normalen Brötchen sind das, womit der Bäcker wortwörtlich seine Brötchen verdient. Das ist das Aushängeschild jedes Bäckers: Gute Brötchen müssen knackig sein, selbst nach zwei Stunden noch. Sie dürfen nicht zu hell, aber auch nicht zu braun sein. Und sie müssen schmecken.

Lassen sich denn noch viele aufs Brötchenbacken ein? Bei Arbeitszeiten von 3 bis 11 Uhr, die dafür sorgen, dass Sie nicht einmal Ihre Lieblingssendung ohne schlechtes Gewissen im Fernsehen gucken können?

Nein, es wird jedes Jahr schwerer, Auszubildende zu finden.

Warum sind Sie überhaupt Bäcker geworden?

Zufall. Ich wäre gern Automechaniker geworden, so richtig schön mit Hände schmierig machen. Aber wir waren zu neunt zu Hause, ich habe acht Geschwister. Bei uns gegenüber war eine Bäckerei, und als ich 13 war, hat mein Vater gesagt, ich sollte versuchen, ob ich gegenüber nicht Arbeit fände. Ich hab mich nicht blöd angestellt, und so bin ich Bäcker geworden.

Und feiern ausgerechnet am Freitag, den 13. Januar, Ihr 20-jähriges Betriebsjubiläum bei der Bäckerei Probst in der Brotecke Lemmen.

Ja, da freuen wir uns schon sehr drauf! Von 6 bis 18 Uhr machen wir einen Tag der offenen Tür, jeder, der möchte, kann sich unsere Backstube angucken und schauen, wie das noch bei einem echten Bäcker läuft. Die meisten kennen das ja gar nicht mehr und wundern sich, dass wir die Brötchen selbst herstellen. Hoffentlich kommen viele, die Backstube soll brummen!

Steckbrief Griechenmarkt

Was mir am Griechenmarktviertel gut gefällt:

Obwohl wir mitten in der Innenstadt sind, kennt im Griechenmarktviertel jeder jeden. Ich kann zum Beispiel einfach mal auf die Schildergasse gehen, ich kann aber auch zu meinem Nachbarn auf ein Schwätzchen gehen. Diese Mischung ist einfach grandios.

Mein liebster Platz im Griechenmarktviertel:Der Neumarkt! Wenn ich da mit meinem Enkel Felix hingehe, ist der wie verzaubert. Da kann er Straßenbahnen gucken, die Feuerwehr kommt mit Tatü Tata vorbei. Und wenn wir dann noch mit dem Aufzug zur Straßenbahn runterfahren, dann ist er glücklich. Und Opa mit ihm.

Mein Lieblingslokal:Das Brauhaus Reissdorf, da machen wir auch jedes Jahr mit unseren Mitarbeitern unsere Weihnachtsfeier.

Was im Veedel verbesserungswürdig ist:Das Parkplatzproblem wird wohl nie gelöst werden. Aber wir bräuchten einen schöneren Spielplatz. Im Pantaleonspark ist zwar einer, aber der müsste viel kindertauglicher sein.

Zur Person

Heinz-Josef Probst hat seine Ausbildung in Gymnich gemacht. Er führt die Brotecke Lemmen am Kleinen Griechenmarkt 42, am 13. Januar feiert er sein 20-jähriges Betriebsjubiläum. Ehefrau Lucia hat er in der Tanzstunde kennengelernt. Die beiden haben zwei Töchter und drei Enkel.

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