Wohnzimmer in der SüdstadtDie Kölner Kneipe Filos feiert ihr 35. Jubiläum

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Filos-Wirt Costa Fotiadis

Filos-Wirt Costa Fotiadis

Köln-Südstadt – Als Costa Fotiadis zum ersten Mal in den Räumen steht, in denen er die nächsten 35 Jahre als Wirt des Filos wirken wird, kneift er die Augen zusammen. Die Fenster zur Merowinger Straße sind verrammelt, die einzige Lichtquelle für den Gastraum dicht. „Das war eine richtige Kaschemme“, erinnert er sich.

Er reißt die Fenster auf und sorgt mit den beiden Freunden, die seine Träumereien von der eigenen Kneipe teilen, dafür, dass die Sonnenstrahlen wieder in das Ecklokal fallen. Nun, am kommenden Wochenende, feiern sie das Ergebnis: 35 Jahre Filos, Veedelskneipe, Institution und wahrlich eine Keimzelle der Gastro-Szene.

Filos-Gründer kam mit zehn Jahren nach Köln

Wenn Fotiadis, 59, heute erzählt, wie viele Eigentümer des Eckhauses an der Kreuzung Merowingerstraße und Vondelstraße das Filos überdauert hat, wie sich die Südstadt vom Szeneviertel zum gediegenen und vielleicht zwangsläufig weniger ungezwungenen Ausgehviertel gewandelt hat, wie er, seine Partner, sein Team das alles gelassen und ein wenig distanziert verfolgen, dann kann man sich gut den jungen Mann vorstellen, der mit zehn Jahren aus Griechenland nach Deutschland kam, weil seine Eltern eine bessere Zukunft für ihre Kinder suchten, und der im Filos anfangs ohne große wirtschaftliche Vernunft, dafür mit viel Zuversicht, aus der heute Gelassenheit geworden ist, all das richtig machte, was ein Wirt einer Veedelskneipe eben richtig machen muss.

Das Programm

Von Donnerstag, 31. August, bis Sonntag, 3. September, wird im Filos, Merowinger Straße 42, gefeiert. Los geht es mit einem griechischen Abend und Rebetiko-Musik. Am Freitagabend spielen Kozmik Blue und Hop Stop Banda, am Samstag Biggi Wanninger mit ihrer Band Mischung Impossible und Desperado Cologne. Sonntag wird vor der Kneipe gefeiert, ab 12 Uhr, mit Musik unter anderem von Richard Bargel und Zass. (phh)

Die große Feier? Hat sich irgendwie ergeben. Die Künstler? Ohnehin alle Stammgäste. Ein zeitloses Angebot? Richtig gute Küche (die Karte wird bestimmt von der griechischen Tapas-Variante Mezedes) gleichberechtigt neben dem Bier an der Theke und ordentlichem Kaffee.

Das Verhältnis zu den Nachbarn, die vier Tage Jubiläumsprogramm erdulden müssen? Sie haben als Entschädigung bereits Gutscheine im Briefkasten.

Am Anfang lief es freilich nicht rund. Dass die Durststrecke nach den ersten zwei Jahren aber überwunden war, verdankt er neben vielen Unterstützern auch seinem damaligen Geschäftspartner, der mit schwangerer Frau aus Griechenland gekommen war und auf das Gelingen des Projektes angewiesen war.

„Der musste das ernst nehmen“, sagt Fotiadis. Inzwischen ist der Partner, Stelios Liolidis, übrigens Inhaber des Restaurants Limani im Rheinauhafen. Dass sich die Lage im Filos stabilisierte, hatte außerdem mit der Szene in der Südstadt zu tun.

„Die Kulturschaffenden haben sich hier eingenistet“, sagt Fotiadis und meint Schauspieler aus dem Freien Werkstatt Theater und die Stunker, Hausband des alternativen Karnevals, für die das Filos zeitweilig als Wohnzimmer diente. Wilfried Schmickler und Jürgen Becker gehören ebenfalls zu den Stammgästen.

Revolte um die Kneipe

Um die Wohnzimmer gewordene Kneipe tobt die Revolte. Fotiadis zeigt die Fotos von der Stollwerck-Besetzung, die im Gastraum hängen. Im Filos scheint das noch gar nicht so weit weg zu sein. Später gehört die Nubbelverbrennung vor der Kneipe zur karnevalistischen Tradition der Südstadt – immer politisch Teil des anarchistischen Straßenkarnevals.

Das Ordnungsamt habe es den Gastronomen zeitweilig recht schwer gemacht, auch weil sich die Südstadt und ihre Bewohner veränderten: „Die, die früher als Letzte an der Theke saßen, hatten später Eigentumswohnungen im Viertel und wollten ihre Ruhe haben“, sagt Fotiadis, der zeitweilig am Chlodwig-Eck beteiligt war, dessen anderer früherer Geschäftspartner lange Jahre das Lithos (heute Bagatelle) betrieb, dessen frühere Mitarbeiter Kneipen und Restaurants in der ganzen Stadt eröffneten. Er spricht von einer Delle, von der sich die Gastronomen inzwischen wieder erholt hätten.

Kein Interesse an kurzlebigen Trends

Er klagt nicht, klingt nicht wehmütig, wenn er zurückblickt. Sein Laden läuft. Kurzlebige Trends, so scheint es, interessieren hier nicht. Dafür richtet er den Blick auf das Wesentliche: „Wir haben neulich mal gezählt: Im Filos arbeiten Menschen mit 18 verschiedenen Nationalitäten. Das ist superschön, wie gut das funktioniert. Diese bunte Mischung, das macht mich stolz“, sagt er.

Wenn er nach vorne blickt, kann er sich gut vorstellen, dass einer seiner Mitarbeiter das Geschäft irgendwann übernehmen wird. Wann? „Das kann ich nicht sagen“, sagt er. Erst im vorigen Jahr haben sie den Mietvertrag verlängert – um 20 Jahre. Wirklich konkret wird er wohl so schnell nicht ans Aufhören denken.

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