„Viele sind einsam“anyway bietet auch im Lockdown Beratungen für queere Jugendliche

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Das Team des anyway_2019_Credit_Danny Frede

Das Anyway in Köln bietet queeren Jugendlichen Beratungen an.

Köln – Die Corona-Krise bringt nicht nur wirtschaftliche und existenzielle Probleme mit sich, auch die psychischen Belastungen nehmen immer weiter zu. Besonders betroffen sind auch Gruppen, die in der Krise verstärkt mit Ausgrenzung und Gewalt zu kämpfen haben, wie etwa lesbische, schwule, bi-, trans- oder intersexuelle, sowie queere Personen (Abkürzung: LSBTIQ). Bei queeren Jugendlichen zeigen sich die negativen Auswirkungen der Krise auf die psychische Gesundheit deutlich: In einer nicht-repräsentativen Umfrage des anyway Köln gaben über die Hälfte der 296 Befragten an, sich durch die Corona-Krise und Social Distancing entweder stark (22,97 Prozent) oder sogar sehr stark (39,20 Prozent) belastet zu fühlen.

„Queeren Jugendlichen fehlt gerade ein Rückzugsort"

„Gerade im zweiten Lockdown haben wir noch einmal deutlich mehr Anfragen reinbekommen“, berichtet der systemische Berater Dominik Weiss, der im anyway unter anderem für Bildungsarbeit zuständig ist . Bei den Anfragen ginge es verstärkt um Coming-out-Themen, etwa zu der Frage, ob man sich aktuell überhaupt outen solle, oder die Jugendlichen berichteten über Schwierigkeiten nach einem Outing. „Die Jugendlichen verbringen wegen der Umstände natürlich besonders viel Zeit zuhause. Vor allem, wenn sie noch bei den Eltern leben, kann der Druck schnell zunehmen, wenn sie zum Beispiel noch ungeoutet sind“. Hier fehle den Teenagern insbesondere ein Schutzraum wie das anyway. „Den Jugendlichen fehlt aktuell ein Ort, an dem sie ganz sie selbst sein können“, erklärt Dominik Weiss.

anyway_Dominik Weiss_Credit_Marius Steffen

Dominik Weiss ist systemischer Berater im anyway Köln.

In einem Fall habe sich ein junger Mensch gemeldet, dessen Eltern sehr negativ auf das Outing reagiert hatten. „Da fielen dann sehr verletzende Aussagen“, erklärt der Berater. „In solchen Fällen fehlt gerade die Möglichkeit, mal rauszukommen und sich mit anderen, queeren Jugendlichen über diese Erfahrungen auszutauschen.“

anyway bietet persönliche Beratung – auch in der Krise

Die Suche nach Gleichgesinnten und Kontakten im Allgemeinen sei aktuell schwierig, unter anderem durch die Schließung der Schaafenstraße in Köln, die viele Bars und Gastronomiebetriebe für queere Menschen betreibt. „Wir haben vermehrt Anfragen zum Thema Einsamkeit und Isolation. Der Altersschnitt unserer Besucherinnen und Besucher liegt bei circa 20 Jahren, viele machen eine Ausbildung oder studieren und sitzen seit Monaten abgeschirmt zuhause.“ Das beträfe natürlich nicht nur queere Menschen. Neue Kontakte zu knüpfen sei für die LSBTIQ-Community aber noch einmal deutlich schwieriger.

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Auch im Lockdown bleibt das anyway aber weiterhin eine wichtige Anlaufstelle und bietet Corona-konforme Beratungsangebote an. So können Beratungen etwa in Form von Eins-zu-Eins Spaziergängen oder telefonisch geführt werden. Außerdem gebe es die Möglichkeit, Videotelefonate zu vereinbaren. Besonders gefragt seien hier vor allem die Formate, in denen man sich auch persönlich sähe. „Wir haben außerdem digitale Angebote, zum Beispiel ein Instagram-Café, in dem sich alle Interessierten zuschalten können.“ Hier sei die Hemmschwelle auch oft niedriger, „weil die Jugendlichen anonym bleiben können“, wie Dominik Weiss betont.

Kontakt:

anyway e.V., Kamekestraße 14, 50672 Köln, Tel: 0221/5777760, www.anyway-koeln.de

Beratungstermine können auf Anfrage vereinbart werden.

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