Mein VeedelOli P. zeigt seinen Mikrokosmos in der Südstadt

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Zwischendurch zückt Oli P. immer wieder sein Handy und spricht kurze Nachrichten an Freunde und Arbeitskollegen rein.

Zwischendurch zückt Oli P. immer wieder sein Handy und spricht kurze Nachrichten an Freunde und Arbeitskollegen rein.

Südstadt – Veedel ist nicht gleich Veedel. Und Südstadt ist nicht gleich Südstadt. Oliver Petszokat legt viel Wert auf die Grenzen seines Mikroveedels um die Darmstädter Straße.

„Über die Ringe würde ich nie hinausgehen“, erzählt er mit einem Augenzwinkern. In Laufweite von vier Straßen habe er alles, was er brauche – wie in einem Dorf.

Das Veedel um die Darmstädter Straße.

Das Veedel um die Darmstädter Straße.

„Ich konnte mich gar nicht entscheiden, welche Orte ich hier im Viertel auf dem Spaziergang besuchen soll. Ich habe mich auch bei den Leuten entschuldigt, die ich nicht besuchen komme, aber ich musste mich ja entscheiden.

Wir gehen dahin, wo ich am häufigsten bin“, erzählt Oli P. ein wenig verzweifelt auf dem Weg zur Kaltpresse.

Oli P.s Lieblingsorte im Veedel

Die steril-stylische Smoothie- und Saftbar von Nora und Ronald auf der Merowingerstraße liegt direkt um die Ecke von Stöckens Delikatessen, dem Hundefutterladen von Petszokat und seiner Frau Pauline auf der Darmstädter Straße.

Kaltpresse ist einer der kleinen Läden, die er jeden Tag – mindestens einmal – auf seiner Runde durchs Veedel besucht.

Oli mit Rolands (Kaltpresse) berühmten Ingwershots.

Oli mit Rolands (Kaltpresse) berühmten Ingwershots.

„Ich bin heute schon zum zweiten Mal da“, verrät er und umarmt Ronald mit einer herzlichen Männerumarmung. Beide lachen.

Er liebe ihre frischen Säfte und Smoothies, so wie den Ingwershot. Davon gibt es täglich einen, der sei gut für das Immunsystem. Wir dürfen auch probieren. Der gelbe Inhalt des kleinen Gläschens brennt wie ein guter Schluck Schnaps. Oli grinst.

Das alte Ledersofa, das neben dem Tresen steht, haben Nora und Roland von dem Sänger als Leihgabe bekommen. „Wir brauchten bei der Eröffnung noch eine Sitzgelegenheit und da bot Oli uns diese wunderschöne Couch aus seiner Garage an“, schildert Nora. Darauf würden sie dauernd angesprochen. Petszokat freut sich. Mikrokosmos Veedel eben.

Oli P. kennt auch fast jeden Hund im Viertel.

Oli P. kennt auch fast jeden Hund im Viertel.

Einige seiner Lieblingsorte in der Südstadt hat der ehemalige Schauspieler der Fernsehserie „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ (GZSZ) auch in seinem neuen Musikvideo „Wie Früher“, das Mitte Februar veröffentlicht wurde, schon vorgestellt. Sein erstes Lied nach mehr als zwölf Jahren musikalischer Pause ist ein leichter Gute-Laune-Song geworden. Schon bevor er 1998 zum ersten Mal in der Serie GZSZ auftrat, veröffentlichte Oli P. zwei Singles. Mit dem gerappten Grönemeyer-Cover „Flugzeuge im Bauch“ gelang ihm der Durchbruch im Musikgeschäft.

Bis 2004 folgten sechs Studioalben, dann gab es lange nichts mehr. „Ich hatte die Lust verloren. Ich hatte immer einen Duettpartner und habe nie etwas allein gemacht.“ Das ist beim neuen Album anders. „Wie früher“ hat er selbst geschrieben, aufgenommen, die Videos selbst gedreht und alles ohne große Plattenfirma geschnitten und beworben. Und darauf ist der ehemalige Teenie-Star stolz. Auch in der Schauspielerei geht es für ihn auf andere Pfade. Bald wird er in der ARD-Serie „Rote Rosen“ zu sehen sein.

Wo Oli P. am liebsten essen geht

Ein Stück weiter auf der Merowingerstraße gehen wir zu „Käse und Eier König“. Der Laden ist nur ungefähr so groß wie die Schrift auf der Markise breit ist. In dem vier Quadratmeter großen Laden stapeln sich Dutzende Käsesorten neben frischen Bio-Eiern und Honiggläsern.

Der ältere Verkäufer hinter der Theke nickt freundlich. Petszokat bestellt zwei Stück Käse. „Ich muss ehrlich sagen, ich weiß nicht, wie der nette Herr heißt. Wir waren uns von Anfang an sympathisch, haben aber den Zeitpunkt verpasst, uns einander vorzustellen.“ Sobald er sich im Urlaub befinde, seien viele Kunden verzweifelt.

Wir laufen den Weg zurück und biegen in den Zugweg ein. Zwischendurch zückt Petszokat immer wieder sein Handy und spricht kurze Nachrichten an Freunde und Arbeitskollegen rein.

Zwischen Fotoshooting, Promotermin und dem Fußballspiel seines Sohnes bleibt nicht viel Zeit zum Durchschnaufen. „Ich bin die ganze Zeit auf 180. Bei mir ist es immer fünf vor zwölf und ich brauche immer etwas zu tun“, sagt er lachend. Das hat er sich auch auf den Arm tätowieren lassen. Am Morgen habe er vor dem Treffen noch 20 Minuten gehabt. Da habe er Pfandflaschen weggebracht.

Dann stehen wir vor einem großen Fenster mit weißen Gardinen, das zu einem kleinen Restaurant gehört. Seinen Stammgast begrüßt Loris Spatola, Mitinhaber des Teatro, persönlich. Wieder eine herzliche Männerumarmung. Die beiden setzen sich an Petszokats Stammtisch, die Nummer acht. Der ist schön ruhig gelegen.

„Hier schmeckt alles super. Man ist fast traurig, dass man sich entscheiden muss und nicht die ganze Karte bestellen kann“, erzählt er lachend. Der „Knaller“ sei das selbstgemachte Eis. Am liebsten Pistazie. „Das ist das einzige, was ich mir gönne.“ Seit März 2014 verzichtet er auf Weizen und Kohlenhydrate. So hat er fast 20 Kilo abgenommen. „Ich fühle mich so wohler.“

Mit Spatola ist er gut befreundet. „Oli ist total bodenständig, ein anständiger Kerl.“ Die Atmosphäre ist herzlich. Spatola hat das Restaurant von seinem Vater übernommen. Der ist vor wenigen Jahren verstorben. „Lilo Spatola war ein bewundernswerter Mann“, sagt Petszokat. Er sei auch auf seiner Beerdigung gewesen. Die Besitzer sind mehr Familie als Gastronomen für den gebürtigen Berliner. 2004 ist er wegen der Dreharbeiten für die fünfte Big Brother Staffel, die er moderierte, aus der Hauptstadt nach Köln gezogen. „Ich hatte die Möglichkeit zwischen Pendeln und Umziehen. Als ich meinem Sohn gesagt habe, dass wir vielleicht nach Köln ziehen, meinte er: »Ja, Köln ist cool«.“

Wo es den besten Kaffee gibt

Da sei die Sache geritzt gewesen. Die erste Station war Rodenkirchen. „Nach der Trennung von meiner Ex-Frau bin ich in die Wohnung gezogen, in der ich jetzt mit meiner Frau Pauline wohne“, erzählt er. Mit ihr ist er seit 2014 verheiratet. Zu seiner Ex-Frau habe er noch ein super Verhältnis. Ist sogar Patenonkel ihres zweiten Kindes und zeigt Fotos der Kleinen auf seinem Handy.

Sein Sohn aus erster Ehe ist 17 und wohnt bei ihm in Köln. Er muss später noch zu seinem Fußballspiel. Es geht um den Aufstieg in die höchste Jugendliga – und Papa ist aufgeregt.

Während wir in Richtung Kurfürstenstraßen gehen, grüßt es immer wieder von der Seite, Kopfnicken, Händeschütteln. Petszokat kennt in seinem Viertel offenbar jeden. Auch die Hunde. Als Hundebesitzer und durch den Hundefutterladen kommt er mit vielen Leuten in Kontakt. Er mag alle und alle mögen ihn, so scheint es. „So eine tolle, besondere Atmosphäre wie hier habe ich noch nirgendwo erlebt.“ Jeder helfe jedem, man passe aufeinander auf im Veedel. Das sei ein ganz besonderer Ort für ihn.

Angelehnt an das berühmte Kinderbuch über Tiger und Bär von Illustrator Janosch sagt Oli: „Die Darmstädter Straße ist mein Panama.“

Oli im Hinterhof des Sabor Ermoso.

Oli im Hinterhof des Sabor Ermoso.

Die nächste Station ist das Surfer-Café Sabor Ermoso, auf Deutsch: Wunderbarer Geschmack. Klar kennt er auch die Besitzerin. „Die machen so guten Kaffee, und seit Kurzem haben sie auch Raw-Kuchen. Also ohne Zucker und Mehl.“ Den darf er auch essen. Das Konzept des Ladens: Kauf, was dir gefällt. „Ich habe da schon zwei Tische, ein Bild und mehrere Steckerleisten gekauft“, erzählt er begeistert.

Nachschub hat die Café-Besitzerin reichlich im Keller. Nach einem kurzen Kaffee, schwarz, ohne Zucker, geht es zurück in die Darmstädter Straße.

Dort wartet Philipp Petry, Olis bester Freund in Köln und Besitzer des Backes. Damit wir seine urige Lieblingskneipe von innen sehen können, müssen erst einmal die Jalousien hochgezogen werden. Offiziell öffnet Petry um 17 Uhr. „Jeden Samstag stellt Philipp einen Plattenspieler auf den Tresen, und die Kunden können ihre Vinylscheiben mitbringen. Da läuft nur gute Musik.“ Seine Mutter mache die besten Suppen und Frikadellen. Es sei einfach gemütlich und er treffe dort eben auch die vielen tollen Leute aus seinem (Mikro-)Veedel.

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