Hohe Belastung durch NotdiensteKölner Kinderärzte arbeiten am Limit

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Ein Kinderarzt untersucht ein Kind (Symbolbild).

Köln – In vielen Kölner Kinderarztpraxen rumort es. Und das schon seit längerem. „Die Arbeitsdichte ist durch die früh aufgetretene und extreme Infektwelle, die Pandemie und die Corona-Impfungen seit Monaten außergewöhnlich hoch – und das bei durch Omikron immer wieder dezimiertem Personal“, sagt der Kölner Kinderarzt Marc Neukirch.

Die Belastung steige seit Jahren - durch mehr Bürokratie, zusätzliche Vorsorgen und neue Impfungen wie Gebärmutterhalskrebs. „Das ist auf Dauer nicht zu leisten!“ Omikron ebbe nicht so schnell ab wie erhofft und künftig werde auch die Versorgung von ukrainischen Kindern die Praxen vor große Herausforderungen stellen.

Kölner Kinderärzte müssen besonders viele Notdienste leisten

Neukirch vertritt als Obmann des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) die Interessen der örtlichen Kindermediziner. Und diese beklagen insbesondere die zunehmende Belastung durch die verpflichtende Teilnahme am kinderärztlichen Notdienst. „Jeder niedergelassene Arzt muss Notdienste leisten. Die Notdienstverordnung sieht 50 bis 75 Stunden pro Jahr vor. Wir Kinderärzte in Köln müssen aber teilweise 120 bis 160 Stunden pro Jahr im Notdienst arbeiten“, sagt Neukirch.

Die Notdienstpraxen für Kinder sind außerhalb der regulären Arztpraxen geöffnet: unter der Woche abends bis 23 Uhr, an Wochenenden und Feiertagen von 8 bis 23 Uhr. „Manche kommen mit Warzen oder anderen Bagatellen in den Notdienst“, berichtet Neukirch. Außerhalb dieser Zeiten müssen Eltern mit ihren Kindern in die Notaufnahme der Kinderkliniken gehen.

Köln hat gleich drei Notdienstpraxen für Kinder

Für die Organisation des Notdienstplans für Köln sind die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Nordrhein und die Ärztekammer Nordrhein zuständig. Je nach Standort werden die Kinderärzte einer der drei Kölner Notdienstpraxen zugeteilt. Neukirch hat eine Praxis in Heimersdorf und arbeitet in der Notdienstpraxis der Kinderklinik Amsterdamer Straße. „In keiner anderen Arztgruppe gibt es eine so hohe Belastung im Notdienst. Wir möchten diese Zeit gern für unsere Patienten in der Praxis nutzen und natürlich auch mit unseren Familien verbringen“, sagt Neukirch. Die Kölner Kinderärzte kämpften seit mehr als zwei Jahren „gegen diesen Missstand“.

Verärgert sind die Kinderärzte Neukirch zufolge auch deshalb, weil sie in den Kölner Notdienstpraxen eine große Anzahl an Kindern aus dem Umland versorgen müssten, „während Kollegen aus dem Umland bisher nicht bereit waren eigene funktionierende Notdienststrukturen aufzubauen oder in den Kölner kinderärztlichen Notdienstpraxen mitzuarbeiten“. Keine andere Stadt in NRW habe so viele Notdienstpraxen und so lange Öffnungszeiten.

Kölner Kinderärzte machen Unmut öffentlich

Kinderärzte, die in der Notdienstpraxis der Porzer Kinderklinik tätig sind, haben ihrem Unmut in einem Schreiben an die Kassenärztliche Vereinigung Luft gemacht. Diesen Unmut kann Jürgen Zastrow, Vorsitzender der KV in Köln, nur bedingt nachvollziehen. Denn letztlich seien es auch die Kinderärzte gewesen, die bei den letzten Notdienstreform-Schritten in der Stadt den zeitlichen Ausbau des kinderärztlichen Notdienstes in Köln gewünscht hätten – auch mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit, sagt Zastrow im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Für die neue Arztgeneration spiele hingegen die zeitliche Inanspruchnahme und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in den letzten Jahren eine zunehmende Rolle“, so Zastrow.

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Köln stellt Zastrow zufolge eine Besonderheit dar, da die Stadt mit drei großen Kinderkliniken gesegnet sei. An jeder dieser Kliniken gebe es eine eigene pädiatrische Notdienstpraxis. „Dafür werden wir bundesweit beneidet.“ Und so kämen die kleinen Patienten eben auch aus dem Umland, von Düren über Siegburg bis zur Voreifel.

Ärzte aus dem Kölner Umland werden in Notdienst eingebunden

Doch eine Verbesserung der Situation für die Kölner Kinderärzte sei in Sicht: „In Köln werden Kinder aus dem Umland behandelt, also werden sich künftig auch die Ärzte aus dem Umland an den Notdiensten beteiligen. Das ist längst beschlossen“, sagt Zastrow. An der Umsetzung bis zur Jahresmitte werde gearbeitet. Die überdurchschnittliche Dienstbelastung der Kinderärzte werde dadurch erheblich reduziert. Darüber äußert sich Marc Neukirch erleichtert: „Immerhin ein erster Schritt. Vielleicht tut sich auch noch etwas bei den Öffnungszeiten.“

Dem Wunsch der Kölner Kinderärzte, die Öffnungszeiten der Notdienstpraxen zu reduzieren, erteilt Zastrow allerdings eine Absage: „An den Öffnungszeiten wird sich in absehbarer Zeit nichts ändern.“ Eine Änderung der Notdienstverordnung muss gemeinsam von KV und Ärztekammer Nordrhein beschlossen werden. Dies würde auch für etwaige veränderte Öffnungszeiten gelten.

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