„Ich war wirklich wahnsinnig“Kölner Sam James rappt über Psychiatrie-Aufenthalt

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Der Kölner Musiker Sam James.

Köln – „Das hier ist die Geschichte eines Jungen, der solange nachdachte, dass sich seine Gedanken selbstständig machten und ihm den Krieg erklärten.“ Diese Sätze springen einem entgegen, wenn man das neue Album des 26-jährigen Kölner Musikers Sam James hören will. Denn: James hat auf einer eigenen Webseite „eines der ersten in Virtual Reality hörbare Album der Welt“ produziert. Mit „Sam vs. Die Welt II“ will James über übliche Verbreitungswege wie Streamingdienste und CDs hinausgehen. Und hat mithilfe eines 3D-Künstlers und eines ITlers eine VR-Plattform gebaut, in die seine Songs eingebettet sind.

Alle Bilder hat er dazu selbst kreiert. „Man kann sich durch die einzelnen Songs klicken und dabei jedes Mal eine neue Welt entdecken“, erklärt der Künstler.

Mit 18 entwickelte James Psychose

Die Songs, die man findet, klingen meist nach leichtfüßigem, pop-lastigem, melodischem Hip Hop. Dabei sind die Themen, die James in seiner Musik behandelt, alles andere als leicht. Über allem schwebt der Komplex psychische Erkrankungen. „Mit 18 habe ich, quasi aus dem Nichts, eine Psychose bekommen. Ich bin ein sensibler Mensch, in meinem Umfeld hat sich viel verändert, das hat mich belastet. Zwei Wochen lang war die Psychose akut. Ich war genauso, wie man sich das vorstellt: Habe Freunde angerufen, wirres Zeug erzählt. Ich war wirklich wahnsinnig“, sagt James heute.

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Sam James macht Rap-Musik mit tiefgründigen Texten.

Die Folge: Ein Aufenthalt in der Psychiatrie in Langenfeld. „Ich war dort für etwa vier Monate. Das war vor allem für mein Umfeld sehr belastend, ich habe ja am Anfang kaum mitbekommen, was mit mir passiert. In der Zeit habe ich aber mein erstes Album, Sam vs. Die Welt I, geschrieben. Als ich mich das erste Mal mit meiner Psyche auseinandergesetzt habe, habe ich gemerkt: Ich habe ein Thema“, sagt James. Autobiographisch schreibende Rap-Künstler waren für ihn schon früh Vorbilder, vor allem der US-amerikanischer Rapper Kid Cudi.

Texte über psychische Krankheit mit leichten Melodien

„Ich habe auch anderen Hip Hop gehört, früher Sido und Bushido. Das war cool, ich mochte den Rhythmus. Aber textlich hat das nicht zu mir gepasst. Ich bin ein nachdenklicher Typ und meine Musik soll authentisch sein.“Mit Kid Cudis selbstreflektierenden Texten, die auch Depressionen behandeln, konnte James sich identifizieren. Mittlerweile findet mentale Gesundheit in der Musik deutlich häufiger statt, als früher. „Es scheint gerade fast ein bisschen in Mode zu sein, darüber zu sprechen. Das ist auch gut, damit das Thema endlich enttabuisiert werden kann. Was mir aber nicht gefällt, ist, dass die Songs anderer Künstler oft einen fast krampfhaft depressiven Sound haben. Ich mache bewusst verspielte Stücke, die ins Ohr gehen. Dadurch erreiche ich vielleicht noch eine größere Zielgruppe“, sagt James.

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Zu hören ist das in der neuen Single „Geistertanz“, in der James seine Zeit in der Psychiatrie noch einmal aufarbeitet. Entstand das erste Album noch sehr im Moment, rollt James in seinem Nachfolger seine Erkrankung noch einmal geordnet auf. „Es ist ein Konzeptalbum, am besten hört man es von vorne bis hinten.“ Da Alben allerdings schlecht in Streaming-Algorithmen passen, hat James sich die VR-Welt einfallen lassen, um das Werk geschlossen in einer neuen Form zu präsentieren. Die einzelnen Songs werden in dem kommenden Monaten dann noch jeweils als Singles auf den gängigen Streaming-Plattformen veröffentlicht.

Das ist für den Newcomer auch eine gute Möglichkeit, um immer wieder auf seine Musik aufmerksam zu machen, wie er sagt. Dazu nutzt James auch erfolgreich die Plattform Tiktok. „Auf Tiktok spreche ich über psychische Erkrankungen und kann dort sowohl aufklären, als auch neue Leute erreichen“, sagt James. Seine kurzen, oft humorvollen Clips werden bereits bis zu 350.000 Mal aufgerufen. Der Fokus liegt nun aber erstmal wieder ganz auf der Musik: Sam James’ neue Single „Geistertanz“ und das Album und die VR-Welt „Sam vs. Die Welt II“ erscheinen am 14. Oktober. www.samvsdiewelt.de

Am heutigen Freitag, 18.30 Uhr, präsentiert Sam James Album und VR-Welt im Motoki-Kollektiv in Ehrenfeld, Stammstraße 32, 50823 Köln. Der Eintritt erfolgt auf freiwilliger Spendenbasis.

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