Kölner Rapper Conny„Feminismus ist für viele immer noch ein Tabu-Wort“

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Constantin Höft aka Conny lebt seit 15 Jahren in Köln.

Köln – „Manic Pixie Dream Girl“ ist ein Begriff aus der feministischen Medientheorie. Er beschreibt einen Charaktertypus in Filmen, eine eindimensionale Frauenfigur, deren Rolle es lediglich ist, den männlichen Protagonisten voranzubringen. Der Kölner Rapper Conny greift den Begriff in seiner Albumtrilogie „Manic Pixie Dream Boy“ auf, Anfang September ist der zweite Teil des Projekts erschienen.

Conny, der bürgerlich Constantin Höft heißt, will damit als männliche Stimme zum feministischen Diskurs beitragen. Warum er sich in seiner Musik mit Geschlechtergerechtigkeit beschäftigt und wie er selbst von der Aufmerksamkeit dafür profitiert, hat er im Gespräch verraten.

„Mit dem ‚Manic Pixie Dream Boy‘ schaffe ich eine Kunstfigur, mit der verschiedene Facetten von Männlichkeit erzählt werden“, sagt der 35-Jährige. Im 2021 erschienenen ersten Teil trug Conny rosafarbene Haare, zeigte eine weiche, verletzliche, softe Männlichkeit. Auf „Manic Pixie Dream Boy II“ hingegen hat Conny die Zuckerwatten-Haare abgelegt, singt und rappt über eine düstere, toxische Männlichkeit. Obwohl die Kunstfigur Conny dabei eine Projektionsfläche ist, entspringt die Beschäftigung mit Feminismus Höfts ganz persönlichen Erfahrungen.

Anfeindungen wegen rosaner Haare

„Männlichkeit hat sich in vielen Situationen meines Lebens nicht gut angefühlt. Man versucht, klassischen Vorstellungen zu entsprechen, ich habe mich dann oft als unzureichend oder zu weich erlebt. Ich habe geglaubt, ich müsse daran arbeiten, ‚männlicher‘ werden. Die Auseinandersetzung mit Feminismus und Gespräche mit meinem Umfeld haben mir klar gemacht – das ist nicht gottgegeben. Man kann eine eigene Definition von Männlichkeit haben“, so Höft.  

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Der Kölner Rapper Conny in seinem Heimatveedel Ehrenfeld.

Auch 2022 ist das immer noch keine Selbstverständlichkeit, das erlebte Conny selbst bei banalen Dingen wie der Haarfarbe. „Ich habe die rosanen Haare geliebt. Aber es ist auch schön, jetzt nicht mehr so aufzufallen, in der Bahn nicht mehr angestarrt werden. Ich wurde angeguckt, angesprochen, in der Regionalbahn mit Sprüchen beleidigt, da war auch viel Homophobes dabei. Es ist absurd, auf was die Leute alles schließen, bloß weil man pinke Haare trägt“, sagt der Musiker.

Songs über Geschlechterrollen

Gleichzeitig habe er aber auch positive Effekte gesehen. Männliche Fans hätten ihn gefragt, wie er sich die Haare färbt, fühlten sich ermutigt, wie Höft berichtet. Die Vorstellungen von Geschlechterbildern verarbeitet Conny in Songs wie „Rote Linien“. Dort heißt es: „Seit ich denken kann erzählt man mir was Männer so tun/Und seit ich denken kann, fühl ich mich nicht männlich genug/Seit ich denken kann, sagt man mir wie Frauen so sind/Und Frauen sind so, weil man Frauen sagt, wie Frauen so sind/ […]Geschlechterrollen in den Mutterleib gedrängt/Wir sind zuallererst Mädchen oder Junge, dann erst Mensch.“

Als derart explizit feministische, männliche Stimme ist Conny damit in einem Rap-Kosmos, der sich im kommerziell erfolgreichen Bereich noch immer stark auf Themen wie Autos, Frauen und Drogen konzentriert, die krasse Ausnahme. „Es gibt kaum Rapper, die das Wort ‚Feminismus‘ in den Mund nehmen, es ist immer noch ein Tabu-Wort. Es wird vielleicht gesagt, man ist für Gleichberechtigung, aber der Begriff Feminismus wird umschifft. Mir war es ein Anliegen, zu sagen: Ich bin ein feministischer Rapper, mir ist bewusst, was das bedeutet. Ich möchte ein Teil dieser Bewegung sein und sie voranbringen.“

Connys Team ist paritätisch besetzt

Damit es nicht nur bei Songtexten bleibt, hat Conny daher auch beim gesamten Projekt darauf geachtet, sein Team paritätisch zu besetzen. Für die Produktion seiner Musikvideos hat er Regisseurinnen und Kamerafrauen engagiert, alle Leitungspositionen sind weiblich bekleidet. Damit wolle der 35-Jährige auch etwas zurückgeben, wie er erklärt.

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Am 28. Oktober spielt Conny ein Konzert in Köln.

„Ich profitiere natürlich auch stark von der Bewegung und von dem Begriff. Sich als feministischer Rapper zu bezeichnen ist für die Öffentlichkeit ein Ohr-Öffner, ich generiere so sehr schnell viel Aufmerksamkeit. Mir ist es deshalb wichtig, dass der Profit nicht bei mir bleibt, sondern das ganze Projekt unseren feministischen Wunschvorstellungen entspricht.“

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Dass man selbst mit der ambitioniertesten Musik Zuhörerinnen und Zuhörer trotzdem nicht vom einen auf den anderen Tag zu Feministen macht, ist auch Höft bewusst. „Ich habe ‚Manic Pixie Dream Boy‘ auch deshalb als Trilogie gedacht. Dadurch habe ich mehr Zeit, die Leute mitzunehmen, Denkanstöße zu geben. Das Thema braucht Raum. Ich wollte kein ‚Feminismus für Dummies‘-Album machen.“

Die Songs der ersten zwei Alben präsentiert Conny im Herbst auch im Rahmen einer Tour. „Da freue ich mich sehr drauf. Das Projekt ‚Conny‘ ist während der Corona-Zeit sehr gewachsen, die meisten Leute, die mich hören, kenne ich noch gar nicht. Es wird spannend, jetzt ein direktes Feedback zu bekommen, warum die Zuhörerinnen und Zuhörer die Songs mögen, und was sie bewegt.“

Conny spielt am 28. Oktober ein Konzert im Gebäude 9. Tickets ab 23 Euro. www.connyohconny.de, Instagram @connycallsshotgun. Das Album „Manic Pixie Dream Boy II“ ist am 2. September erschienen.

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