Spekulationen über IntrigenKölner SPD-Sozialexperte Paetzold vor dem Aus

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Michael Paetzold

Michael Paetzold

Köln – Der Vorsitzende des Sozialausschusses im Kölner Stadtrat, Michael Paetzold, hat bei der parteiinternen Kandidatenkür in seinem Wahlkreis verloren. Mit nur einer Stimme Unterschied gewann der Bezirksvertreter Marcel Hagedorn die Abstimmung über die Ratskandidatur im Wahlkreis Humboldt-Gremberg/Kalk. Er will für die SPD bei der nächsten Kommunalwahl im September 2020 antreten. Die SPD-Basis hat einem profilierten Sozial- und Gesundheitspolitiker die Unterstützung verweigert. Paetzold ist seit 2004 Mitglied des Stadtrates und genießt dort als praktizierender Arzt in einem sozial schwierigen Umfeld sowie als Sozial- und Gesundheitspolitiker einen guten Ruf.

Christian Joisten sieht sich Vorwürfen ausgesetzt

Im Vorfeld der Entscheidung machten Spekulationen über Intrigen die Runde. Der Wahlkreis – er gilt als einer der letzten, in dem die SPD mit einem Sieg rechnen kann – sei zum Schauplatz eines Machtkampfes zweier konkurrierender Gruppen in der Partei geworden. Im Rathaus muss es dem Vernehmen nach ordentlich gekracht haben. Alle drei stellvertretenden SPD-Fraktionschefs haben nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ ihrem Vorsitzenden Christian Joisten gedroht. Joisten habe die Pflicht, sich vor wichtige Leistungsträger in der Fraktion zu stellen, wenn sie vor Ort beschädigt werden sollten. Er musste sich den Vorwurf mangelnder Solidarität gefallen lassen. Im Gespräch war, dass Joisten nach Kalk fährt, um bei der Versammlung für Paetzold zu werben. Das ist offenbar nicht geschehen.

Marcel Hagedorn

Marcel Hagedorn

Die beiden parteiinternen Kontrahenten bemühten sich am Tag nach der Wahl darum, die Wogen zu glätten. „So funktioniert Demokratie“, sagte Paetzold. Er habe die Arbeit im Stadtrat gerne gemacht, könne das Ergebnis aber akzeptieren. Vor Ort sei kein innerparteilicher Streit ausgetragen worden, sondern eher eine Konkurrenz zwischen Jung und Alt. Der 28-jährige Marcel Hagedorn sieht sich als Repräsentant für einen Stadtteil im Wandel. Es müsse der SPD gelingen, die vielen neuen Bürger im alten Arbeiterstadtteil anzusprechen. Der junge Jurist lobte „eine faire und respektvolle Debatte“ und das „gute Verhältnis“ zu Paetzold. Die SPD müsse dessen „Expertise anders absichern“. Vielleicht gebe es einen anderen Wahlkreis, mit Sicherheit aber die Möglichkeit, Paetzold über einen guten Platz auf der Reserveliste wieder in den Stadtrat zu bringen.

Entscheidender Parteitag am 15. Februar

Über eine dritte Möglichkeit, den erfahrenen Mann in der Fraktion zu halten, redet Hagedorn nicht. Die Partei kann auf Stadtebene die Voten aus den Wahlkreisen ignorieren und anders entscheiden. Das passiert zwar so gut wie nie, ist aber durchaus denkbar.

Christiane Jäger

Christiane Jäger

Man wolle abwarten, bis alle Ortsvereine über ihre Kandidaten abgestimmt haben, so Parteichefin Christiane Jäger. Danach werde man sich vor dem entscheidenden Parteitag am 15. Februar das „Tableau“ anschauen. Die SPD wolle ein attraktives Personalpaket anbieten. Es gehe auch um eine gute Mischung, wenn es beruflichen Qualifikationen oder Lebenssituationen, aber auch um das Verhältnis von erfahrenen und neuen Kandidaten gehe. „Wir werden verantwortungsvoll schauen, wie wir Leistungsträger wie Michael Paetzold einbinden.“

Weil sich die politischen Kräfteverhältnisse nicht erst seit der Europawahl verschoben haben, sieht sich die SPD vor einer ganz neuen Ausgangslage: Erstmals seit Jahrzehnten wird die „Reserveliste“ bei einer Kommunalwahl bedeutsam. In der Vergangenheit gab es hier kaum sichere Plätze, weil die SPD in vielen Wahlkreisen gewann und so gut wie alle Ratsmandate mit direkt gewählten Kandidaten besetzte.

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