Streik an der Kölner UniklinikPflegende sehen wegen Überlastung Gefahr für Patienten

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Annika von Lewen und Jasper Roberg

Köln – Wenn Krankenschwester Annika von Lewen von ihrem Dienst kommt, fühlt sie sich fast immer müde und erschöpft. „Ich muss mich meistens erst einmal hinlegen und schlafen“, sagt die 29-Jährige, die seit 2015 in der Kölner Uniklinik arbeitet (hören Sie hier einen Podcast, in dem eine Krankenpflegerin der Uniklinik von ihrer Arbeit auf der Intensivstation berichtet). Von Lewen ist in der neurologischen Intensivstation beschäftigt, wo sie zwei bis drei Patienten zugleich betreut. Schon der Alltag mit den behandlungsaufwendigen Patienten ist für sie purer Stress. Aber was ist schon Alltag in der Pflege.

So muss die Krankenschwester stets ihre Station verlassen, wenn es in der Klinik zu Notfällen kommt. So war es auch in einer Nachtschicht, als ein Patient über akute Luftnot klagte und von Lewen und ein Arzt einen Beatmungsschlauch legen musste. Das dauerte eine halbe Stunde, Zeit, in der sie sich um ihre eigenen Patienten auf der Intensivstation nicht kümmern konnte. „Meine Kollegen und Kolleginnen müssen das auffangen“, sagt von Lewen. „Die haben aber auch schon mehr als genug zu tun.“

Kölner Pflegende: Wenig Zeit für die Patienten

Auch Intensiv-Krankenpfleger Jasper Roberg (30) berichtet von Stress im Klinikalltag, der durchaus gefährlich für die Patienten werden kann. „Wenn ich einen Patienten reanimieren muss, kann ich nicht darauf achten, ob irgendwo ein Medikamenten-Perfusor Alarm schlägt.“ Dann könne es aber sein, dass Patienten eine Zeitlang wichtige Medikamente nicht erhalten. „Für den Patienten kann das bedeuten, dass er in Lebensgefahr kommen könnte.“

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Das Streikzentrum an der Joseph-Stelzmann-Straße   

Auch abseits von Notfällen gebe zu wenig Zeit für die Patienten. Zwischen Visite, Körperpflege, der Abgabe von Medikamenten und Dokumentationen bleibe wenig Zeit etwa für Gespräche mit Patienten. Dies sei aber wichtig, weil sich die kranken Menschen in Ausnahmesituationen befinden und oft Angst haben.

Junge Pflegende hören schnell wieder auf

Zudem könnten neue Mitarbeitende nicht ausreichend intensiv eingearbeitet werden. „Die müssen schnell an Patienten ran, denen sie nicht gewachsen sind.“ Roberg habe daher oft erlebt, dass junge Kollegen nach nur wenigen Monaten Dienst wieder aufhören. Das Personal sei zudem so beansprucht, dass es mehrmals in der Woche zu Krankmeldungen komme.

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Der Stress im Arbeitsalltag nimmt auch Roberg körperlich und geistig mit. Er leidet unter Bluthochdruck und Schlafstörungen. „Eigentlich ist es ein spannender Beruf, jeden Tag gibt es etwas Neues“, sagt er. „So wie es ist, macht es aber keinen Spaß.“ Kein Wunder, dass er immer wieder daran denkt, den Beruf zu wechseln. Kollegin von Lewen hat ihre Stelle bereits auf 83 Prozent reduziert, um mehr Freizeit zu haben.

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Verdi organisiert den Protest.

Um ihre Situation zu verbessern, befinden sich die Mitarbeitenden von sechs Unikliniken in Nordrhein-Westfalen seit dem 4. Mai im Ausstand. Die Beschäftigten fordern mehr Personal und Freizeit. Roberg verlangt für seine Station, dass statt der sechs Pflegenden in einer Tagschicht für 14 Intensivpatienten ein bis zwei weitere Mitarbeitende sowie einen Springer, der die Patienten zum Beispiel zu Untersuchungen begleitet, dazukommen.

Streik bis zum 2. Juni

Die Beschäftigten haben den Streik gerade erst bis zum 2. Juni verlängert. Die Verhandlungen verliefen laut Gewerkschaft Verdi derzeit zäh. Es werde weiter gestreikt, bis ein Tarifvertrag auf dem Tisch liege, der Entlastungen für das Personal vorsehe. Die Arbeitgeber hätten gefordert, dass der Streik zunächst beendet werde, bevor es neue Gespräche geben könne. Dem könnten die Beschäftigten aber nicht zustimmen.

Kundgebung am Kölner Friesenplatz

Die Uniklinik Köln informiert auf ihrer Website darüber, dass sich die massiven Auswirkungen auf die Patientenversorgung damit fortsetzen. Weiter heißt es: „Der teilweise Personalmangel, vor allem in Pflegebereichen, stellt auch Universitätskliniken vor besondere Herausforderungen. Die Uniklinik Köln hat Verständnis für den Wunsch der Beschäftigten nach verbesserten Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen.“ Von Verdi heißt es, dass man Zugeständnisse gemacht habe, um die Operationskapazitäten etwas nach oben fahren zu können.

Am kommenden Mittwoch rufen die Mitarbeitenden der sechs Unikliniken in NRW zu einer Demonstration in Köln auf. Die Beschäftigten treffen sich gegen 15 Uhr am Streikposten an der Joseph-Stelzmann-Straße in Lindenthal zu einem Protestzug, der schließlich zum Friesenplatz führen soll. Dort ist gegen 17 Uhr eine Abschlusskundgebung geplant.

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