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Lea-SofieDem Täter mit dem Tod gedroht

3 min

Gedenkfeier für Lea-Sophie in Chorweiler

Köln – Dieter S. (Name geändert) kannte Lea-Sofie schon, als das Mädchen gerade ein paar Wochen alt war. Er schob den Kinderwagen und gab dem Baby das Fläschchen, obwohl er nicht der Vater war. Lea-Sofie war knapp zwei Jahre alt, da trennte sich ihre Mutter Franziska M. von ihrem Freund, weil sie sich neu verliebt hatte: in Patrick L., mit dem sie ein Jahr später wegen Mordes auf der Anklagebank saß. Der neue Freund hatte Lea-Sofie so furchtbar misshandelt, dass das Mädchen zwei Tage vor Heiligabend 2012 einen qualvollen Tod starb. Die Mutter hatte tatenlos zugesehen. In Chorweiler – dem Zuhause von Lea-Sofie – war die Bevölkerung dem Tod der Kleinen mit großer Anteilnahme und Bestürzung begegnet.

Noch während der Urteilsverkündung im Mai 2013 hatte S. seinen folgenschweren Auftritt, der ihn beinah ebenfalls auf die Anklagebank gebracht hätte. „Ich bringe ihn um, ich breche ihm das Genick“ – mit diesen Worten war S. mit einem Satz schwungvoll über die meterhohe gläserne Zuschauerwand im Schwurgerichtssaal des Landgerichts geklettert und wollte sich auf den Angeklagten stürzen.

Wachtmeister hatten den vor Wut tobenden Mann jedoch überwältigen und abführen können. Bis auf die vorübergehende Aufregung war nichts weiter passiert. Die Vorwürfe hatte S. allerdings in regelmäßigen Abständen wiederholt – nicht nur in persönlichen Gesprächen, sondern auch vor laufender Kamera und online in sozialen Netzwerken. Auch Wochen später, als sich die Emotionen über das Urteil in der Bevölkerung wieder gelegt hatten, wollte er seine Worte nicht zurücknehmen. Im Gegenteil: Er betonte stets aufs Neue, dass er nur von einem Gedanken besessen sei, nämlich Patrick L. den Tod zu wünschen. Die Anklagebehörde hatte daraufhin ein Ermittlungsverfahren wegen versuchten Totschlags gegen ihn eingeleitet und gleichzeitig ein psychiatrisches Gutachten über ihn in Auftrag gegeben. Das führte letztlich dazu, dass der Staatsanwalt nun von einer Anklage absah, so wie es der Verteidiger des Stiefvaters, Eberhard Reinecke, angeregt hatte: „Mein Mandant hatte im entscheidenden Moment keine Tötungsabsicht und sich unmittelbar nach dem Geschehen auch bei der Vorsitzenden Richterin entschuldigt.“

Keine Auflagen

Daraufhin beantragte die Anklagebehörde bei Gericht, das Verfahren gegen S. wegen geringer Schuld ohne Auflagen einzustellen; ein tatsächlicher Tötungsvorsatz sei nicht nachzuweisen, heißt es zur Begründung. Letztlich sei das Verhalten des Stiefvaters, der Lea-Sofie hatte aufwachsen sehen und eine enge Verbindung zu dem Kleinkind entwickelte, „Ausdruck von Protest“ und eine „fehlgeleitete Erzürnung über ein vermeintlich zu mildes Urteil“.Das Gericht ist inzwischen dem Antrag der Behörde nachgekommen, so dass der Fall ohne Auflagen zu den Akten gelegt werden kann.