Abschied von der BahnstraßeEin schwerer Tag für Bücherfreunde

Abschied: Gisela Brand
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Weiden – „Mir ist das Herz schwer, aber nach 28 Jahren ist es Zeit“, sagte Gisela Brand. Zum letzten Mal hatte sie ihre Buchhandlung an der Bahnstraße geöffnet. Bevor die 72-Jährige in den Ruhestand ging, wurde aber gefeiert. Und Freunde des Buches – viele treue Kundinnen und Kunden -– gaben sich bis in die Nacht hinein die Klinke in die Hand. Für viele war das kleine Ladenlokal in den zurückliegenden Jahrzehnten weit mehr als nur eine Buchhandlung. Der kleine Laden war Begegnungsstätte, Bühne, Kulturzentrum – und in den vergangenen Jahren eines der letzten Fachgeschäfte auf der Bahnstraße.
„Was kommt jetzt bloß hierher?“, fragte die langjährige Kundin Brigitte Stier bei der Abschiedsfeier. „Das weiß noch nicht einmal die Vermieterin. Ich habe sie auch schon gefragt“, so Brand. Den Buchladen hätte sie gerne an einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin übergeben. „Aber das konnte ich niemandem empfehlen. Man kann davon kaum mehr leben“, sagte Brand. Das Internetgeschäft und die großen Buchhandelsketten machen der kleinen Fachbuchhandlung das Leben schwer. Auch wenn Brand bis zuletzt auf einen großen Kreis Stammkunden bauen konnte.
„Das ist ein Trauertag heute. Ich war vom ersten Tag an treue Kundin. Wir bleiben verwaist zurück“, klagte Barbara Wieberneit. Die ehemalige Realschullehrerin bestellte ihre Schulbücher bei Brand, kam gern vorbei, um sich über Neuerscheinungen kundig zu machen und erlebte viele anregende und spannende Lesungen. Nobelpreisträger Günter Grass las bei Gisela Brand. Der Journalist und Autor Klaus Bednarz, Lev Kopelev, Carola Stern, Tilman Röhrig, Hans-Dieter Hüsch – sie alle waren zu Gast an der Bahnstraße. „Das war der kulturelle Mittelpunkt von Weiden“, so Stier.
„Immerhin, nur ein paar Kilometer weiter östlich an der Belvederestraße in Müngersdorf entsteht gerade ein neuer kultureller Mittelpunkt; der Bahnhof Belvedere als Veranstaltungsort. Dem vermache ich meine Stühle“, versicherte Brand dem Vorsitzenden des Fördervereins Belvedere, Sebastian Engelhardt.
Ihren Kunden empfahl sie, zukünftig die kleinen Buchhandlungen in Widdersdorf und Braunsfeld aufzusuchen. Sie selbst will nun mehr Zeit der Familie widmen. „Und ich will all die Bücher lesen, zu denen ich in den vergangenen Jahren nicht gekommen bin.“