Chutney-Manufaktur „Weckzeit” in Köln-SülzDie Renaissance der selbstgemachten Saucen

Silvia Lemaitre (l.) und Ines Breuer vor ihrem Geschäft an der Berrenrather Straße
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Sülz – Die neueste Mischung führt die Pesto-Charts an. „Mojito“ heißt der Mix aus frischer Minze, Koriander und ganz viel Limettensaft. Er ist derzeit bei den Kunden der Renner. Der gleichnamige Cocktail hat Silvia Lemaitre und Ines Breuer, die im Viertel auch als die „Weckerinnen“ bekannt sind, zu der asiatisch angehauchten Kräutersauce inspiriert. Sie empfehlen das Pesto zu Fisch und Couscoussalat mit Krabben. Die beiden kennen sich aus. Bereits seit zehn Jahren betreiben die Saucen-Expertinnen an der Berrenrather ihr Geschäft „Weckzeit“.
Mit Prosecco, Rabatten und Probieraktionen feierten sie gerade das Jubiläum der „Chutney-Manufaktur“. Vor einem Jahrzehnt beschlossen die bekennenden Feinschmeckerinnen, ihre Bürojobs an den Nagel zu hängen und ihr Hobby zum Beruf zu machen.
Trotz des Namens für ihr Geschäft - Einwecken war gestern. „Wir haben zwar auch mit eingelegtem Gemüse angefangen“, erzählt Ines Breuer, „aber letztendlich haben wir uns auf die Produkte verlegt, die besonders gut laufen. Dazu gehören definitiv die Pesti, die Chutneys und die Fruchtaufstriche.“ Das kommt den beiden kreativen Frauen entgegen, denn bei deren Herstellung sind ihrem Einfallsreichtum keine Grenzen gesetzt. Es gibt beispielsweise Pesti aus Cashewnüssen, Rucola und Parmesan sowie aus Sesam und Koriander, eine Kürbiskern-Basilikum- sowie eine Wildkräuter-Mischung, wenn die Saison es hergibt. Es gibt Chutneys mit dem Namen „Fantasia“ und einem Inhalt aus Gurke und Chili. „Magma“ besteht aus Sauerkirsche, Schokolade und Chili, „Tandem“ aus Tomate und Pflaume. „Harmonie“ ist eine essigsaure Rhabarbermischung, „Garten Eden“ besteht aus Feige, das kölsche „Bovve & Unge“ aus Apfel und Zwiebel und das „Zwiebelchutney“ heißt „Läkka“, „weil wir es ganz einfach lecker fanden“, begründet Lemaitre.
Auch wenn heute keine Weckgläser mehr in den Regalen stehen, hat der Name des Ladens immer noch seine Berechtigung. „Er ist auch im übertragenen Sinn gemeint und bedeutet so etwas wie die Zeit, in der man aufwacht“, sagt Breuer. Es spielt auf den Moment im Leben an, in dem Verbraucher sich wieder auf den Wert frischer natürlicher Ingredienzien besinnen, wie die beiden Geschäftsinhaberinnen sie verwenden. Künstliche Aromen und Essenzen, Farbstoffe, künstliche Emulgatoren, Stabilisatoren und Geschmacksverstärker haben bei den Weckerinnen keine Daseinsberechtigung. Ihre Produkte sind gluten- und bis auf wenige Mischungen mit Käse oder Schokolade laktosefrei. „Wir verwenden zum Andicken ausschließlich gutes Apfelpektin“, betont Breuer. Mancher Sülzer Arzt schickt seine unter Allergien leidenden Patienten zum Einkaufen zur Weckzeit. Als sie ihr Geschäft eröffneten, wussten die beiden Inhaberinnen noch nicht, dass die glutenfreien und veganen Chutneys, Pestos und Brotaufstriche einmal im Trend sein würden – und so reißenden Absatz finden würden. Was als kleiner Laden mit selbstgemachtem Eingewecktem begann, ist mittlerweile zu einer richtigen Chutney- und Pestomanufaktur avanciert. Die beiden Frauen beliefern die Filialen des „Frische-Paradies“ in Leipzig, Hamburg, Hürth und vielen anderen Städten.
Auch der Beller-Hof, der Clarenbachhof, und das Savoca am Gottesweg gehören zu ihren Kunden. Die Nachfrage hat Folgen: Ihr Ladenlokal wurde zu klein. „Ich habe hier Platz für einen Herd mit fünf Platten, benötige aber acht“, sagt Ines Breuer. Einmachgläser müssen sie palettenweise bestellen, schleppen und stapeln, frische Zutaten vom Handelshof und Bauernhöfen aus der Umgebung lagern. Platz für eine Abfüllmaschine ist da nicht mehr. Breuer füllt täglich 200 bis 300 Gläser mit der Hand – mit entsprechenden Schmerzen in der Schulter.
So haben die beiden Frauen beschlossen, dass es trotz ihres netten Vermieters und der Nachbarschaft nach zehn Jahren Zeit ist, den Standort zu wechseln. „Wir werden zum 31. Mai kündigen“, sagt Lemaitre. „Das ist Harakiri, weil wir noch nichts Neues haben, aber sonst verlängert sich der Vertrag um ein Jahr und hier ist es definitiv zu klein.“ So werden die Weckerinnen auch in Zukunft für ihre Kunden feine Chutneys und Pesti produzieren – aber in größeren Räumen. www.weckzeit-koeln.de
Ines Breuer