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Interview mit Helga Schütte„Der Zusammenhalt in Braunsfeld ist toll“

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Helga Schütte

  1. Helga Schütte engagiert sich in ihrem Veedel Braunsfeld: Sie arbeitet unter anderem im Besuchsdienst des Krankenhauses St. Hildegardis

Köln-Braunsfeld – Zeit ist bei Helga Schütte relativ, Langeweile verspürt sie nie. Denn Helga Schütte ist den ganzen Tag beschäftigt. Nahezu täglich stehen ehrenamtliche Aufgaben auf dem Programm. Außer Donnerstag, da ist bei ihr seit Jahren Vatertag. Da kümmert sich die 75-Jährige ausschließlich um ihren Papa, der im Juli 101 Jahre alt wird. Seit Schütte ihr Geschäft 2003 verkauft hat, ist ihr das soziale Engagement wichtig.

Woher kommt soviel ehrenamtlicher Einsatz?

Es geht mir sehr gut, und ich hatte sehr viel Glück im Leben. Außerdem gebe ich sehr gern. Man bekommt auch sehr viel zurück. Einmal habe ich eine Dame getröstet, deren Bein amputiert wurde. Wir haben so aus Flachs über die Möglichkeiten geredet, an den Paralympics teilzunehmen, und sie hat tatsächlich ein wenig gelächelt. Als der psychologische Dienst kam, um sie zu unterstützen, lehnte sie ab. Sie meinte: „Wieso? Frau Schütte war schon da.“ Das ist natürlich Unsinn, ich freue mich natürlich trotz alledem, wenn die Besuche wirklich helfen.

Wie kamen Sie zu Ihrer kirchlichen Aktivität?

Sagen wir, es war eine gute Gelegenheit. Wir hatten zunächst in Braunsfeld im Haus meines Schwiegervaters gewohnt, dann eine Weile in Remscheid. Als wir zurückzogen, bot die Gemeinde gerade eine Fahrt nach Rom an, und ich dachte, da fahren bestimmt Leute aus dem Viertel mit. So lernt man am besten Menschen vor Ort kennen. Bei der Gelegenheit ist mir aufgefallen, dass ältere Leute hier auf der Strecke blieben. Da passierte nicht viel, und deshalb habe ich den Pfarrer gefragt, ob ich einen Seniorenkreis gründen soll, der dann im Pfarrblättchen inseriert wurde. Und sie kamen.

Was haben Sie geändert?

Sagen wir so: Ich verwahre die Senioren nicht, wir machen sehr viel. Die Mess op Kölsch, die Seniorensitzung, das war alles eingeschlafen. Heute kommt das Dreigestirn zu Besuch und Größen des Karnevals treten auf, ebenso Leute aus der Pfarrei. Wir fahren im Sommer immer ein paar Tage weg, dieses Jahr mit 200 Senioren nach Maastricht. Wir haben ein Schiff gechartert. Wir machen zudem eine Weihnachtsfahrt, im vorigen Jahr waren wir am Bodensee. Gerade versuche ich, ein Altentheater zu gewinnen. Wir fahren ebenfalls ins Bergische. Wichtig ist, dass die älteren Leute rauskommen. Aber es sind fast nur Frauen, die sind einfach aktiver. Das tollste ist der Tanzkreis, den ich gegründet habe. Einmal wöchentlich sind wir 20 Frauen, und immerhin ein Mann ist dabei.

Woher nehmen Sie neue Ideen?

Das kommt eigentlich spontan. Und ich bin gern in Gesellschaft. Sonntags nach der Kirche gehen wir gemeinsam essen. Der Zusammenhalt hier im Veedel ist toll. Wenn einer krank ist, dann kümmern sich die anderen. Wir sorgen füreinander und sind bereit, uns einzubringen. Und zusammen ist vieles einfach schöner. Ich hatte noch die Idee für ein Frühstück. Jetzt treffen sich jeden Montag 50 bis 60 Senioren, Klaus Nelles und Hildegard Spratt organisieren das. Ich bin froh, ein wenig Verantwortung abzugeben.

Treffen sind wichtig?

Auf jeden Fall. Das hält jung. Seit einem Jahr haben wir jetzt den Wochenmarkt, der ja eigentlich oben an der Aachener Straße angesiedelt ist. Das ist einfach ein Traum. Man trifft sich und quatscht. Früher war ich eigentlich nie auf dem Wochenmarkt, jetzt kommen sogar Menschen aus Lindenthal und von der Dürener Straße, weil sich der Markt zu einem absoluten Treffpunkt entwickelt hat. Ich kaufe auch sonst alles auf der Aachener Straße, weil ich es wichtig finde, den Einzelhandel vor Ort zu unterstützen.

STECKBRIEF

Das mag ich an Braunsfeld: Die Lage, den Stadtpark, den Tierpark. Ich finde auch die Menschen toll. Man ist eben nur dort zu Hause, wo man die Menschen kennt. Das ist verbesserungswürdig: Viel fällt mir nicht ein. Man findet keine Leute, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Dieses Jahr organisiere ich die letzte Weihnachtsfeier. Irgendwann ist auch mal Schluss. Lieblingsort in Braunsfeld: Es gibt einen wundervollen Baum. Er ist mehr als 100 Jahre alt und zu jeder Jahreszeit einfach nur traumhaft schön. Mittlerweile steht dort eine Bank, mein Hund und ich machen jeden Tag Halt.

Zur Person

Helga Schütte (Jahrgang 1943) leitet seit 2003 den Seniorenkreis Braunsfeld der Kirchengemeinde St. Joseph. Acht Jahre war sie im Kirchenvorstand St. Pankratius und seit 15 Jahren geht sie einmal wöchentlich als ehrenamtlicher Besuchsdienst ins Malteser Krankenhaus St. Hildegardis.