Kölner GolfclubEin Rasenprofi für den Golfplatz

Greenkeeper Brian Inglis (r.) und sein Team haben viel zu tun.
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Widdersdorf – Der Kirchturm, das Kranballett, die unablässig Wolken spuckenden Kühltürme der Kraftwerke Niederaußem und Neurath. Hier oben, wenige Meter von der Autobahn 1 entfernt, deren leises Rauschen trotzdem weit entfernt klingt, ist die Aussicht spektakulär und die Luft überraschend frisch. Brian Inglis hat in diesem Moment keinen Sinn für die Schönheit der Umgebung. Er stoppt sein Golfkart, sieht zu Boden und ärgert sich. „Das geht nicht“, murmelt der 49-Jährige. Baufahrzeuge von Arbeitern, die die Wege rund um den Widdersdorfer Golfplatz ausbessern sollten, haben deutliche Spuren im Gras hinterlassen. Der Schotte ist Greenkeeper der neuen Anlage zwischen Autobahn und Neubaugebiet.
„Golf ist ein Spiel, bei dem man einen zu kleinen Ball in ein viel zu kleines Loch schlagen muss, und das mit Geräten, die für diesen Zweck denkbar ungeeignet sind“, sagte einst Winston Churchill. Hier oben, auf der Böschung des Lärmschutzwalls, sind die Versuche der Spieler gut zu beobachten. Inglis, der Mann aus Callander, gelegen zwischen Glasgow und Edinburgh, der Hauptstadt des Mutterlands des Golfsports, schaut sich um. „Absolut traumhaft modelliert“ sei der Platz. Es ist der fünfte, den der Experte in der wichtigen Anfangsphase betreut. Ausprobiert hat er ihn allerdings noch nicht. „Keine Zeit“, sagt Inglis, der seit 43 Jahren Golf spielt.
Ab halb sechs unterwegs
Mit seiner sechsköpfigen Mannschaft ist er jeden Morgen ab halb sechs unterwegs, um sechs kommen die ersten Golfer. „Unglaublich“, findet Inglis das, der Platz sei ja noch lange nicht fertig. Driving Range, Putting Green und die beiden kleinen Chip- und Pitch-Kurse sind geöffnet, seit Juli auch die ersten neun „echten“ Löcher des Vorzeigeprojekts. Bis zur endgültigen Fertigstellung eröffnen weitere Bahnen. Ende 2013 wird der Klub 27 Bahnen haben, danach soll auch das Clubhaus am Lärmschutzwall fertiggestellt werden. „Wir wollen den Golfern immer wieder neue Perspektiven bieten“, erklärt Guido Tillmanns, Geschäftsführer des Klubs, die Vorzüge der Anlage.
Das Besondere am Widdersdorfer Platz ist aber, dass jeder ihn nutzen kann. „Es gibt keinen Grund mehr, nicht mit Golf zu beginnen“, sagt der Geschäftsführer. Bei Planung und Bau sei das Ziel der Verantwortlichen gewesen, „keine Hürden zu setzen, weder wirtschaftliche noch räumliche“, sagt Tillmanns. Auch die Bewohner des Neubaugebiets, die kein Interesse an dem Sport haben, sollen etwas von der Anlage haben: „Wir entziehen die Flächen nicht den Menschen“, meint Tillmanns. Anfangs hat es viel Kritik wegen des großen Flächenverbrauchs gegeben, die Verantwortlichen mussten nachbessern. Es gibt rund um den Kurs nun einen Jogging-Pfad, die Gastronomie steht auch Nicht-Golfspielern offen. Man habe während der Bauphase erkannt, „dass bei vielen eine Hemmschwelle besteht“, sagt Tillmanns.
Kostenlose Schnupperkurse
Diesem Problem begegnet der Klub mit kostenlosen Schnupperkursen und dem Putting Green, auf dem der Ball aus kurzer Distanz eingelocht werden muss. Ein Euro kostet eine Runde, „wie beim Minigolf“, so Tillmanns. Für zwei Euro bietet der Chip-Course, bei dem der Ball erst von außerhalb aufs Grün geschlagen werden muss, eine größere Herausforderung. Und wenn alle drei Neun-Loch-Bahnen fertig sind, wird eine für Public Golfer, also solche ohne Lizenz des Deutschen Golf-Verbandes, reserviert sein. „In Skandinavien, Australien oder den USA würde man damit niemanden verblüffen“, sagt Guido Tillmanns. In Deutschland hat die Nachfrage nach öffentlichen Golfplätzen erst seit einigen Jahren angezogen. Für Brian Inglis ist das sowieso nichts Neues, in seiner Heimat ist Golf Volkssport. „Bei uns spielt fast jeder.“ Inglis, der in Schottland die Greenkeeper-Schule besucht hat und in Österreich, Bayern sowie auf der bekannten Anlage von St. Leon Rot tätig war, stoppt am Putting Green. „Der Ball muss rollen wie auf einem Billardtisch“, erklärt er seine Philosophie. Auf 4,5 Milimeter wird die Rasenmischung aus englischem und amerikanischem Gras gestutzt – täglich, auch sonntags.
Noch auf dem Grün kommt Inglis auf seinen größten Feind zu sprechen. Poa Annua, ein Unkraut, „ist unser Teufel“. Mit der Hand stechen die Greenkeeper jeden Ansatz der kleinen Pflänzchen, die für das ungeübte Auge kaum zu sehen sind, heraus.Das Klingeln seines Telefons unterbricht Inglis’ Vortrag. Der Greenkeeper muss weiter, seine Hilfe wird gebraucht. Einer der Teiche, die auf mehreren Bahnen die Wasserhindernisse bilden, verliert Wasser. „Unsere Arbeit ist nie fertig“, sagt Brian Inglis, steigt in sein Golfkart und fährt los.