Abo

Kritik reißt nicht abMüngersdorfer bemängeln überdimensionierten Neubau im alten Ortskern

Lesezeit 3 Minuten
Der Neubau im Ortskern von Müngersdorf.

Der Neubau im Ortskern von Müngersdorf.

In Müngersdorf musste ein 200 Jahre altes Häuschen einem Neubau weichen. Das viergeschossige Gebäude nimmt immer mehr Gestalt an.

Wie ein steiler Eckzahn ragt das Gebäude aus der Reihe kleiner Häuschen hervor, die den Ortskern von Müngersdorf säumen. Die Anwohner haben es geahnt. Bereits bevor das kleine fast 200 Jahre alte Haus, das vorher an der Ecke Lövenicher Weg/Belvederestraße stand, Anfang 2022 weggebaggert wurde, hatten sie sich vor Ort zu einer Mahnwache versammelt und gegen den Abbruch demonstriert – und gegen das Neubauvorhaben.

Viel Kritik am Neubau in Köln-Müngersdorf

Ein vierstöckiges Gebäude nebst Mansardengeschoss ist inzwischen aus dem Boden gewachsen. Manche Müngersdorfer meinen, dass es so gar nicht genehmigt wurde. Doch der Bauherr hat laut Auskunft des Bauaufsichtsamts für diesen Bau eine Genehmigung erhalten, sehr zum Ärger des Bürgervereins Müngersdorf und der Bezirkspolitik: „Das neue Gebäude ist genauso massiv und unpassend geworden, wie vom Bürgerverein, Anwohnern und etlichen Bezirkspolitikern befürchtet“, kommentiert Harald Schäfer, Vorsitzender des Bürgervereins Müngersdorf. „Auch die straßenseitigen Balkone passen nicht ins Ortsbild.“

Die Genehmigung hätte nach Ansicht des Vereins und der Bezirkspolitik gar nicht erteilt werden dürfen. Denn bereits im Jahr 1988 hat die Stadt eine Satzung verabschiedet, deren Ziel es ist, die ortstypische Bebauung im Kern von Altmüngersdorf zu erhalten. In ihrem Geltungsbereich ist der Abriss eines Gebäudes genehmigungspflichtig. Die Genehmigung darf insbesondere dann versagt werden, wenn das betroffene Gebäude das Ortsbild mitprägt. Ebenso kann die Stadtverwaltung Neubauten dann nicht genehmigen, die sich nicht in das Bild einfügen.

Laut Stadt Köln passt das neue Gebäude sehr wohl nach Müngersdorf

Im Müngersdorfer Ortskern stehen viele kleine Häuschen, die nicht mehr als zwei Stockwerke aufweisen und ihm einen dörflichen Charakter verleihen. Die Stadtverwaltung hatte jedoch bereits vor Baubeginn argumentiert, dass der Neubau nicht gegen die Erhaltungssatzung verstoße: Das Gebäude würde die Bautiefe der angrenzenden Gebäude übernehmen. Auch von der Höhe würde es sich in die Nachbarschaft einfügen. Ebenso würde die Fassade, die Aufteilung und Größe der Fenster den Nachbarhäusern angepasst. Das Gebäude würde mit einem Mansardendach gebaut, also einem geneigten Dach, wie es die Nachbarhäuser aufweisen.

Das sieht der Bürgerverein anders: Statt sich an der unmittelbaren Nachbarbebauung zu orientieren, argumentiert Schäfer, habe die Stadtverwaltung offensichtlich die Dach-Maisonette-Form und Firsthöhe des Hauses an der Belvederestraße 25, zwei Häuser weiter hangaufwärts, zum Maßstab genommen. Sie habe den Entwurf des Bauherrn sogar noch „verschlimmbessert“ und ein gewöhnungsbedürftiges Dach hinzugefügt. Die Verwaltung hätte sich in seinen Augen dafür einsetzen müssen, das alte Bestandsgebäude zu erhalten. Die Bezirkspolitik hatte sich gegen Abbruch und Neubau zur Wehr gesetzt und Einsicht in die Bauakte gefordert.

Müngersdorfer Bezirkspolitiker bedauert Entscheidung nach wie vor – Kritik an Verwaltung

Diese hatte allerdings nur ergeben, dass die Erhaltungssatzung bei der Entscheidung vorlag. Der Müngersdorfer Bezirkspolitiker Roland Schüler sieht keinen Handlungsspielraum. „Eine Dienstaufsichtsbeschwerde scheidet aus, weil keine bestimmte Person etwas Falsches getan hat“, sagt Schüler. „Es ist eher so, dass es eine Vielzahl von Unterlassungen gibt.“ Die Stadt habe sich eine Satzung gegeben, an die sie sich selbst nicht hält. „Es handelt sich um ein Grundproblem. Die Politik kann die Verwaltung nicht dafür belangen, dass sie Beschlüsse einfach nicht umsetzt“, so Schüler.

Das 200 Jahre alte Haus war nicht zu retten. Auch weil es wenig baulichen Veränderungen aus dem Denkmalschutz gefallen war: Ein ehemaliger Eigentümer hatte es glatt verputzt, die hölzernen Fensterläden und zweiflügeligen Sprossenfenster durch einflügelige Fenster mit Edelstahlrahmen ersetzt. Bei seinem Abriss wurde allerdings das alte Fachwerk wieder sichtbar. Statt des ursprünglichen Fachwerkhäuschens, das einst am Lövenicher Weg 2 stand, gehört künftig ein vierstöckiger Neubau zum Erscheinungsbild des Müngersdorfer Ortskerns.

KStA abonnieren