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NeubaugebietHauskäufer fühlen sich getäuscht

3 min

Gemeinsam wollen die Anwohner verhindern, dass vor ihren Haustüren eine Haltestelle errichtet wird.

Widdersdorf – Eine Bushaltestelle unmittelbar vor der Haustür – was praktisch klingt, ist für Melanie Eßer und Norbert Poteński ein großes Ärgernis. „Wir hatten uns deshalb eigens für ein anderes Haus entschieden“, sagt der 36-jährige Systemadministrator, der mit seiner Lebensgefährtin und dem einjährigen Sohn Anfang 2012 in das Reihenhaus im Neubaugebiet Widdersdorf-Süd eingezogen ist. Als im Juli die Baufahrzeuge auf der Straße Unter Linden anrückten, um den Gehweg fertigzustellen, war die Familie – ebenso wie ihre Nachbarn – schockiert. Denn die Haltestelle, die von zwei Buslinien angesteuert wird, sollte auf dem Gehweg genau vor der Haustür der Neu-Widdersdorfer entstehen.

Eßer, Poteński und ihre Nachbarn, die einen vorläufigen Stopp der Arbeiten erreichten, fühlen sich getäuscht. „Uns wurde vom Makler etwas anderes erzählt“, sagt Melanie Eßer. Laut dem ihnen vorgelegten Plan sei die Haltestelle nur vor den beiden letzten Häusern der Zeile eingezeichnet gewesen. Nun seien nicht nur diese, sondern vier weitere belastet. Schriftlich, das räumt das Paar ein, habe man sich dies allerdings nicht geben lassen. Seit drei Monaten kämpfen die Anwohner – insgesamt 14 Haushalte beklagen die Planung, die der Bebauungsplan vorsieht – für eine Lösung, die allerdings nicht in Sicht scheint. Der komplexe Fall mit vielen Beteiligten ist ein Beispiel dafür, dass auch in einem der größten Neubaugebiete des Landes noch längst nicht alles nach Plan läuft.

„Es ist frustrierend“

„Jetzt kann man es noch ändern“, sagt Norbert Poteński und deutet auf den Schotter-Streifen vor seinem Haus. 30 Meter weiter nordöstlich solle die Haltestelle platziert werden, so die Idee der Anwohner. Auf dem dortigen, derzeit noch unbebauten Grundstück, wäre, so Melanie Eßer, „im Gegensatz zur aktuellen Planung nur ein einziges Haus betroffen“.

Der Plan, den die Anwohner verschiedenen städtischen Ämtern, Prima Colonia und auch Projektentwickler Norbert Amand vorstellten, stieß fast überall auf Verständnis. Stefan Laufer, der mit seiner Familie in einem der Reihenhäuser lebt und für den ebenfalls „die Lage der Haltestelle kaufentscheidend“ gewesen sei, fasst die Gespräche zusammen: „Es ist frustrierend“, sagt der 38-Jährige, denn alles scheitere am Einspruch des Eigentümers des Nachbar-Grundstückes, der katholischen St.-Jakobus Gemeinde.

„Merkwürdige“ Argumentation

Dabei zeigt Martin Schulte, Mitglied des Kirchenvorstandes, durchaus Verständnis: „Wenn der Vorbesitzer der Grundstücke die Hauskäufer nicht korrekt informiert hat, tut uns das leid.“ Er stellt jedoch auch klar: „Eine Verlegung der Haltestelle würde nichts ändern.“ Die Gemeinde hat das Areal, auf dem neben einer Mehrgenerationen-Wohnanlage auch Reihenhäuser entstehen sollen, per Erbbaurecht-Vertrag an ein Unternehmen weitergegeben. „Für diese Firma können wir keine Verschlechterung der Situation herbeiführen“, sagt Schulte und meint einen Wertverlust aufgrund der Lärm- und Geruchsbelästigung durch die Bushaltestelle vor dem Grundstück. Diejenigen, die dort später einzögen, hätten „dann den gleichen Ärger“.

Die Anwohner („Wir wollen fair bleiben“) sind der Meinung, dass für die Kirchengemeinde „dass Allgemeinwohl mehr zählen sollte als ein geringfügiger Wertverlust ihres Grundstücks“. Eine Argumentation, die Kirchen-Vorstand Schulte indes „merkwürdig“ nennt. „Die Überwege und Haltestellen sind geplant worden, bevor die Grundstücke überhaupt an die Bauträger weitergegeben wurden“, nennt Stefan Laufer einen weiteren Grund der Reihenhaus-Besitzer, die Haltestelle vor ihren Türen abzulehnen. „Positionen und Frequenz der Bushalte sind völlig unvernünftig“, sagt auch Norbert Poteński. So hätten ausgerechnet die Schulen und Kindergärten keine Haltestellen in ihrer Nähe. „Stattdessen rennen die Kinder morgens über den Mittelstreifen der Straße“, sagt Laufer, es sei „nur eine Frage der Zeit, bis jemand angefahren wird“.