Zu wenig Bares für RaresDer Laden Millbrooks in Köln-Sülz schließt

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Ein Mann mit Hut und Bart steht vor der Tür eines Ladenlokals, in dem allerlei Lampen und antike Objekte zu sehen sind.

Marc Saucke vor seinem Laden Millbrooks an der Sülzburgstraße

Vor 20 Jahren öffnete Marc Saucke sein Geschäft für Design-Objekte aller Art an der Sülzburgstraße, jetzt ist Schluss. Der stationäre Handel mit den Raritäten lohnt sich nicht mehr. 

Der Lampenschirm aus schwarz lackiertem Metall und der Metallfuß mit einer Teakholzplatte sind ungewöhnlich – weil rechteckig. Sie machen aus der Lampe der Firma Kaiser aus den 60er-Jahren eine Formschönheit. In dem kleinen Geschäft Millbrooks an der Sülzburgstraße 174 hat das seltene Exemplar allerdings hochkarätige Konkurrenz: Der Laden ist so voll mit Designerlampen und anderen hochwertigen Antiquitäten, dass Kunden Zeit brauchen, um jedes Prachtstück als solches zu würdigen.

Bald haben ihre Entdeckungstouren in dem kleinen Geschäft leider ein Ende. Denn Inhaber Marc Saucke wird es schließen. Damit endet eine Ära an der Sülzburgstraße, die vor 20 Jahren begann: Der Goldschmiedemeister Saucke suchte damals ein Ladenlokal, um seinen und den Schmuck seiner Lebensgefährtin Angelika Thoma auszustellen. Sie wurden in Sülz fündig, in dem Haus, wo sich auch ihre Wohnung befindet. „Hier war vorher 40 Jahre lang ein Friseursalon“, erinnert sich Saucke.

Eine Lampe mit rechteckigem Schirm und Holzfuß steht auf einem Tischchen.

Design-Klassiker aus den 60ern: Die Leuchte der Firma Kaiser

Thoma und Saucke sanierten den Laden von Grund auf, legten das Backsteingemäuer frei, befreiten den alten Holzboden von einem zehn Zentimeter dicken Estrich, entfernten die Zwischendecke und ließen den Altbau erstrahlen. In dem so entstandenen neuen Ambiente stellten Saucke und Thoma ihre eigenen Kreationen aus, gepaart mit Kunst. „Wir haben jeden Monat einen neuen Künstler gezeigt“, so Saucke, „Lesungen und Konzerte veranstaltet. Hier verkehrte ein illustres Publikum.“ Besonders gerne erinnert er sich aber an die Praktikanten und Praktikantinnen, die er bei ihrem beruflichen Werdegang unterstützte. Einer von ihnen modellierte aus Wachs den Kopf des Nirvana-Frontmanns Kurt Cobain. Saucke ließ das Prachtstück in Silber gießen. Sein Praktikant fertigte dazu eine lange Kette. „Damit hat er sich an der Designakademie in Düsseldorf beworben und ist angenommen worden.“

Eine Saftpresse namens „Lichtperle“ steht in Köln-Sülz

Irgendwann wichen Schmuck und Kunst aber mehr und mehr hochwertigen Lampen und anderen Antiquitäten. Saucke und Thoma sind Liebhaber der edlen oder auf andere Weise besonderen Stücke. Gebrauchte Klassiker wie die „PH 5“ von Louis Poulsen baumelten schon in ihrem Laden, „Sputnik“ von Cosack, Lampen von Limburg oder Doria. Andere Designklassiker stehen im Regal und im Schaufenster, wie die Mid-Century-Saftpresse namens „Lichtperle“ in Schwarz-Gelb und Aluminium.

Auch einzigartige Eigenanfertigungen sind regelmäßig ausgestellt: Saucke hat ein Zigarettenetui, das er aus der Schatulle gefertigt hat, in der sich ein besonderer Freundschaftsorden befand: Fidel Castro hat ihn einst Franz-Josef Antwerpes verliehen. Saucke kennt die Geschichte dahinter: „In der Zeit nach dem Mauerfall wurde der Regierungsbunker an der Ahr aufgelöst“, schildert er. „Antwerpes hat dann 200 Landcontainer mit Krankenhausgut nach Kuba geschickt und als Dank den Orden dafür erhalten.“ Wie er selbst in den Besitz der Schatulle kam? „Antwerpes war mein Nachbar und hat mir eine Flasche Wein geschenkt. Daraufhin sagte ich ihm: Daraus kann ich aber keinen Schmuck fertigen.“ Also gab der ehemalige Kölner Regierungspräsident ihm die glänzende Holzbox.

Eine Holzbox enthält Zigarillos. Verziert ist sie mit einem Metallornament.

En Amistad: Aus der Schatulle des kubanischen Freundschaftsordens, den Franz-Josef Antwerpes einst von Fidel Castro bekam, fertigte Saucke ein Zigarrenetui.

Saucke hat auch andere Gebrauchsgegenstände verarbeitet, wie das Innenleben eines Klaviers. Aus den Tasten hat er einen Zylinder und ein breites Armband gefertigt, aus den Hämmern und Pedalen ein Collier und einen Kopfschmuck. Noch bis Ende November/Anfang Dezember sind die ungewöhnlichen Objekte im Geschäft an der Sülzburgstraße zu sehen. Danach verkauft er sie nur noch online, denn der Laden rentiert sich nicht. „Was wir online verdienen, stecken wir hier in die Miete“, so Saucke. Während der Corona-Pandemie, als die Geschäfte geschlossen bleiben mussten, verlegten sie den Verkauf ins Internet, auf Portale wie Pamono, Vinterior oder Etsy. Dort wird er jetzt weitergehen – und in den schönen kleinen Laden bald ein schnödes Büro einziehen.

Millbrooks, Sülzburgstr. 174, Öffnungszeiten nach Vereinbarung unter 0173/7237988, www.millbrooks.de

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