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„Loverboy“ mit Horst SchimanskiDer Preis für die Liebe

Lesezeit 4 Minuten

Der neue Spot des Weißen Rings mit Jimi Blue Ochsenknecht und die Schauspielerin Hanna Binke: Der Spot soll auf die Problematik der sogenannten "Loverboys" aufmerksam machen.

Köln – Was ist eigentlich ein „Loverboy“? Spätestens seit dem neuen „Schimanski“ am Sonntag dürfte der Begriff aus dem Rotlichtmilieu einer breiten Masse bekannt sein. Vor allem junge Mädchen und deren Eltern werden hellhörig geworden sein. Denn hinter der harmlos-romantischen Bezeichnung „Loverboy“ steckt nichts anderes als eine Strategie, mit der Zuhälter sich an ihre Opfer - junge Mädchen, die von der großen Liebe träumen - heranmachen. Junge gutaussehende Männer versprechen den Mädchen Liebe, Romantik und Geborgenheit - mit dem einzigen Ziel, sie für sich anschaffen zu lassen. So geschehen im ARD-Sonntagskrimi mit Götz George: Die 14-jährige Jessica verschwindet in Duisburg an der Seite des hübschen Nils. Ihre Spur führt rheinabwärts nach Rotterdam. Auf Bitten der Eltern ermittelt Horst Schimanski, mittlerweile pensionierter Privatier, zusammen mit der Gemüseverkäuferin Susanne Mellert. Diese wiederum ist selbst betroffene Mutter, die ihre Tochter Lisa im Teenageralter an einen Loverboy verlor und sich nun ehrenamtlich für die minderjährigen Prostituierten einsetzt.

Die verschwundene Jessica, so stellt sich schnell heraus, teilt das Schicksal der jungen Lisa: Sie wurde ebenfalls von einem Mitglied der organisierten Zuhälter-Bande entjungfert, gebrochen und auf den Strich gezwungen. „Sag mir, dass du mich liebst“, fordert Nils immer wieder von der 14-Jährigen, wie ein einprägsames Mantra, das umso wahrer wird, je öfter man es wiederholt. Wenn das nicht mehr genügt, um das Mädchen willenlos zu machen, helfen Alkohol und Drogen.

Parallel zur Suche nach Jessica läuft die Suche nach dem Mörder von Daan, Nils' Freund und Loverboy von Laura, Jessicas Freundin. Wie sich am Ende herausstellt, war dieser zugleich auch der Zuhälter von Lisa, der Tochter Susannes. Wie alle Opfer von Daan hat auch sie das „D“ am Hals eintätowiert, ein von seinem Besitzer gebrandmarktes Tier. Kein Wunder, als sich am Schluss herausstellt, wer den Zuhälter Daan in einem Akt der Selbstjustiz ermordet hat: Es war Susanne Mellert, deren Engagement über Aufklärung deutlich hinausgeht, nachdem ihre wiedergefundene Tochter sich geweigert hat, den Loverboy zu verlassen. Und wie reagiert Schimanksi? Höchstpersönlich lässt er am Ende nicht nur die Mordwaffe verschwinden, sondern fragt Susanne wie selbstverständlich, wieso sie denn nur zwei Kugeln abgefeuert habe: „Ich hätte sechsmal abgedrückt“. Und so wird im Krimi keiner erfahren, wer den Loverboy auf dem Gewissen hat.

Im richtigen Leben ist es genau andersrum: Kaum einer erfährt von den realen Mädchen, die manipuliert, verschleppt und schließlich zur Prostitution gezwungen werden. Denn dass die Krimi-Handlung keine bloße Erfindung vom Drehbuchautor ist, zeigt die RTL-Dokumentation "Extra - In den Fängen von Loverboys“, die am Montagabend ausgestrahlt wird. Um 22.15 Uhr zeigt RTL die wahre Geschichte einer Kölner Familie, die wie Jessicas Mutter um ihre Tochter kämpft: Auch Valentina befindet sich in den Fängen eines Loverboys - und sie ist kein Einzelschicksal. „Ich war dem so verfallen, wenn der mir erzählt hätte, der Himmel ist lila, dann wär für mich der Himmel lila gewesen“, kommt ein weiteres betroffenes Mädchen in der Sendung zu Wort.

Zwei Sendungen, ein Ziel: Neben dem Unterhaltungsfaktor sollen die Filme informieren und aufklären - möglichst, bevor es für die betroffenen Mädchen zu spät ist und verzweifelte Eltern zur Waffe greifen. Noch dringlicher als Unterhaltung und Aufklärung zum Thema „Prostitution Minderjähriger“ wäre womöglich aber der erzieherische Weg: Denn damit Mädchen von Vornherein immun gegen die Verführung von Loverboys werden, hilft wohl nur ein gesundes Selbstbewusstsein, ein hohes Maß an Selbstachtung für den eigenen - weiblichen - Körper. Damit die Mädchen - weder als Minderjährige noch als erwachsene Frauen - erst gar keine Erfahrungen machen müssen, die sie womöglich ein Leben lang traumatisieren. Wie die Filmfigur Jessica. Sie kehrt am Ende zwar zurück zu ihrer Duisburger Familie. Doch der Preis, den sie für ihr Abenteuer im Rotlichtmilieu gezahlt hat - den wünscht man niemanden.