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Massenschlägerei am Rudolfplatz26-jähriger FC-Hooligan verurteilt

Lesezeit 3 Minuten

Polizisten kontrollieren nach der Schlägerei im Januar 2014 die Personalien von Beteiligten.

Köln – Beinahe totgeprügelt wurde ein ebenfalls gewaltbereiter Fußballrowdy und Anhänger des FC Schalke 04 im Januar 2014, als sich mehr als 200 Hooligans vor einem Freundschaftsspiel zwischen dem 1. FC Köln und Schalke am Rudolfplatz eine ausufernde Massenschlägerei lieferten.

Mit Schlagstöcken, Flaschen und Quarzhandschuhen waren die gewaltbereiten Kölner Anhänger, die sich im Vorfeld mit Hooligans des Schalker Erzrivalen Borussia Dortmund verbündet hatten, auf die Gelsenkirchener losgegangen. Gegen die Mehrzahl der 55 gefassten Rowdys hatte die Staatsanwaltschaft wegen schweren Landfriedensbruch und Körperverletzung ermittelt.

Täter lügt vor Gericht

Einige Täter, die bisher unbestraft waren und Geständnisse ablegten, kamen in der Zwischenzeit mit Verfahrenseinstellungen und hohen Geldbußen davon. Noch zehn Verfahren stehen vor dem Landgericht demnächst an. Im Juni waren FC-Anhänger wegen schweren Landfriedensbruchs zu Geldstrafen verurteilt wurden.

Ebenfalls an der Massenschlägerei beteiligt war Tim S. (26, Name geändert), der sich am Donnerstag vor dem Landgericht wegen Landfriedensbruchs verantworten musste. Der BWL-Student riss im letzten Moment das Ruder herum, als es darum ging, was ihn dazu bewegt hatte, als FC-Fan mit einer Gruppe von knapp 100 gleichgesinnten Hooligans von Essen nach Köln zu kommen: „Ich wusste nichts von einer Auseinandersetzung, wollte das Spiel sehen“, hatte er noch zum Prozessauftakt behauptet. Sichergestellte Chatprotokolle belegen das Gegenteil: „Zusage, bin dabei“ – S. hatte schon frühmorgens per Handy sein Einverständnis signalisiert. „Das ist doch meistens nur Herumgehopse. Ich dachte, das ist Blabla, großspuriges Gehabe. Ich habe nicht damit gerechnet, dass jemand verletzt wird“, sagte er später. „Natürlich wusste er, dass es um Schlagen und Hauen geht“, ergänzte sein Verteidiger.

FC-Trikot entlarvt den Täter

Den fast totgeprügelten Schalke-Fan und einen schwer verletzten unbeteiligten Passanten, der nur helfen wollte, habe er nicht wahrgenommen. Er hatte Pyrotechnik in der Unterhose versteckt und eine Sturmhaube dabei, als die Polizei ihn auf der Flucht festnahm und eine Nacht in Gewahrsam hielt. Weil er als Einziger in der prügelnden Menge rote FC-Turnschuhe trug, war er leicht zu identifizieren gewesen.

Er habe auf die Polizei gesetzt, denn „wenn die Sirenen ertönen, ist bei derartigen Schlägereien alles ganz schnell vorbei“, so seine wenig überzeugende Erklärung. „Was für eine falsch verstandene Fankultur“ kommentierte Staatsanwalt Ulf Willuhn, der von einer „spektakulären, beeindruckenden Massenschlägerei“ sprach.

„Kurzer Spuk von Idioten“

Tim S., der noch zu Hause wohnt, 150 Euro Taschengeld bezieht und auch sonst finanziell von seiner Mutter, einer Altenpflegerin, unterstützt wird, lief jedenfalls in vorderster Front los, als er die Schalke-Hooligans erblickte, rief ihnen entgegen: „Die kriegen eins aufs Maul, das Pack.“ Sein Verteidiger versuchte vergeblich, das Geschehen herunterzuspielen: „Das war keine Massenschlägerei, sondern ein ganz kurzer Spuk von Idioten.“ In der Tat hatte die Auseinandersetzung nur knapp eine Minute gedauert, weil die Polizei mit 500 Beamten anrückte. Ebenfalls sprach für den Angeklagten, dass Tim S. weder auf Videos noch von Zeugen als einer jener Hooligans wiedererkannt wurde, die tatsächlich zugeschlagen hatten.

Die „erhebliche Gefährdung des öffentlichen Friedens“ wollte Oberstaatsanwalt Willuhn mit 150 Tagessätzen zu je 20 Euro sanktionieren. Die Kammer blieb bei 120 Tagessätzen. Richterin Kerstin Prömse wurde bei der Urteilsverkündung deutlich: „Ein erwachsener Mann mit Hirn muss sich nicht zum Schlagen verabreden“. Sie gab dem „extrem unreifen“ Angeklagten mit auf den Weg, unbedingt an seiner Selbstreflexion zu arbeiten.