Meisterschüler stellen gemeinsam aus

Ein Familienbild von Junior Toscanelli, Heinz Baumüller sägte schon mit Joseph Beuys, der beide Künstler prägte.
Copyright: Jürgen Kisters
Innenstadt – Zehn Jahre lang hat der Künstler Heinz Baumüller seinen Bart wachsen lassen, bevor er ihn eines Tages doch abrasierte. Und, wie es für einen Kunstschaffenden nicht unüblich ist, hat er daraus ein Kunstwerk gemacht. Die karikaturhafte Zeichnung, an die er das lange, dichte Barthaar geklebt hat, ist Teil einer umfangreichen Ausstellung, die der Verein „Kunst hilft geben“ im Alten Pfandhaus präsentiert.
Baumüllers Arbeiten im Bereich von Bildhauerei und Konzeptkunst stehen darin neben den farbkräftigen Gemälden von Junior Toscanelli. Die Verbindung der beiden läuft in der Kunstakademie Düsseldorf zusammen, wo beide zu unterschiedlichen Zeiten studierten und ihre künstlerischen Ansätze entwickelten. Baumüller, der Ältere, schärfte seine Sinne und kreativen Fertigkeiten beim legendären Professor Josef Beuys in der 1970er-Jahren. Und Toscanelli war, Jahrzehnte später, Schüler des Malers Markus Lüpertz. Beide repräsentieren verschiedene Künstler-Generationen, beide zeigen sind geprägt von den Tendenzen und Einflüssen einer bestimmten gesellschaftlichen Phase. Und beide machen sichtbar, wie man nicht nur seinen persönlichen bildnerischen Ausdruck findet, sondern zugleich den prägenden Erfahrungen einer bestimmten Zeit treu bleibt. Für den im Jahr 1950 im österreichischen Kollerschlag geborenen und seit langem in Düsseldorf lebenden Baumüller bedeutet das, dass alles zum Kunstwerk werden kann, das eigene Haar ebenso wie eine Säge, getrocknete Pflanzen, ein Spiegel oder Baumstämme. So hat er sein Haupthaar viele Jahre pünktlich an jedem Monatsersten abrasiert, es in der Fülle vieler Jahre zu einer Rolle gepresst und zur Skulptur werden lassen. Aus Fotos von Wegkreuzen machte er eine Serie von Siebdrucken auf Aluminium, aus kurzen Sprüchen Wortkunst, und ein goldener Formkörper verbindet die Vorstellung von der Gestaltentstehung mit sexuellen Fantasien. Besonders gewaltig ist seine Skulptur „Singende Säge“, die zwischen schweren Holzblöcken auf einer großen Glasplatte steht. Fotos zeigen, dass Baumüller diese Säge einst gemeinsam mit Josef Beuys benutzte.
Ausstellungspartner Junior Toscanelli, im Jahr 1971 in Siegburg geboren, ist kein großer Redner oder Erklärer von Kunst. Sein Element ist vor allem das Malen mit sinnlicher Kraft in leuchtenden Farben. Auf der Grundlage anatomischer Sicherheit treibt er die Farben leichthändig in unterschiedliche Richtungen. Hier zeigt er die erotische Bezauberung durch den weiblichen Körper als Aktdarstellung im malerischen Realismus, dort seine Liebe zur Malerei der alten Meister in einer huschigen Ölskizze. In einer Reihe von Monotopien bringt er nicht nur sein Selbstporträt, sondern auch die Bildnisse berühmter Persönlichkeiten aus der Kulturgeschichte aufs Papier. Sein Meisterstück in der Ausstellung ist aber seine malerische Interpretation eines spätmittelalterlichen Altarbildes. Er zerhackt die Motive mit energischen Pinselhieben, fragmentiert sie und macht aus der biblischen Kreuzigungsszene eine verwirrende Geschichte, die zeigt, dass die biblische Überlieferung für Zeitgenossen zwar nicht mehr ungebrochen gültig, doch immer noch bedeutsam ist. So verschieden die künstlerischen Ansätze sind, die unter dem Einfluss von Beuys und Lüpertz entstanden sind, so ist eine Kontinuität an der Düsseldorfer Kunstakademie der Hang zu Personenkult und Mythenbildung. Anders gesagt: Vergesst Autoritäten und Theorien und schaut einfach auf die Kunst.

Ein Familienbild von Junior Toscanelli, Heinz Baumüller sägte schon mit Joseph Beuys, der beide Künstler prägte.
Copyright: Jürgen Kisters
Altes Pfandhaus, Kartäuserwall 20, bis 6. November