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„Mich reizt bis heute das Entdeckerglück“

4 min

Inhaber Rolf Drinhausen vor seinem Geschäft in der Altstadt

Altstadt – Der Laden am Buttermarkt in der Kölner Altstadt gleicht einer gigantischen Fundgrube und obwohl die Ladenfläche gerade mal 40 m² misst, hat das Geschäft fünf Schaufenster. Im Inneren ist es chaotisch, buntgemischt, der Fußboden und die Tische sind vollgestellt, Staubwischen ist völlig unmöglich. „Das ist Absicht. Die Kunden sollen bei mir stöbern und entdecken. Ich habe die Waren locker in Themengruppen aufgebaut, hier die alten Bestecke, mit Tortenhebern aus der Jugendstilzeit oder den 20er Jahren, dort Kristall- und Muranoglas, Meissner Porzellan, Hummelfiguren, da in der Vitrine Tabakdosen und oben drauf Karaffen aus allen Epochen“, erklärt der Inhaber, der über 75-jährige Rolf Drinhausen.

Er stammt aus dem Oberbergischen und ist ein Sammler aus Leidenschaft. „Als ich 14 war gab es bei uns in der Gemeinde eine Verordnung, die Speicher aus Brandschutzgründen zu entrümpeln. Da es damals noch keinen Sperrmüll gab, haben die Leute ihren Kram in eine Schubkarre gepackt und in der alten Steinbruchgrube entsorgt. Ich habe drin gewühlt und die Schätze rausgeholt“, erzählt Rolf Drinhausen nicht ohne Stolz. Seine Eltern waren zunächst skeptisch, bestanden auf einer anständigen Ausbildung, merkten aber schnell, dass der Sohn einen guten Riecher für alte Schätzchen und Qualität hatte. Nach einer Lehre als Werkzeugprüfer hat Drinhausen sich schließlich seinen Lebenstraum erfüllt: Er wurde Antiquitäten Händler.

„1970 gab es in Köln einen einzigen Flohmarkt, aber die Nachfrage nach alten Möbeln stieg rapide. Ich reiste nach Dänemark, England und Österreich, kaufte alte Möbel, Eiche, Weichholz, Kirschbaum. Das Geschäft wurde immer größer. Die Scheune meiner Eltern im oberbergischen Nümbrecht hatte ich zur Ausstellungshalle umfunktioniert. Damals kamen die Städter scharenweise am Wochenende und deckten sich mit Antiquitäten ein – Privatleute, aber auch Antiquitätenhändler. Die Gewinnmagen waren enorm, einfach goldene Zeiten.“

Die Palette ist groß: Das Likörglas ist für 2, der indische Säbel für 2800 Euro zu haben.

Anfang der 80er Jahre beschloss der Mann aus dem Oberbergischen, seine Schätze den Kölnern in einer würdigen Lokalität zu präsentieren. Er kaufte in der Altstadt ein Haus aus dem Jahre 1770 und eröffnete einen hochwertigen Antikladen. Das Geschäft lief anfangs hervorragend, aber mit der Wende und der Öffnung der innerdeutschen Grenze kam in den 90er Jahren eine riesige Warenschwemme auf den Markt und drückte die Preise drastisch nach unten. „Die Leute waren allmählich satt. Die Tage waren für mich sehr langweilig, immer seltener klingelte die Türglocke, deshalb habe ich das Sortiment umgestellt. Kleinere und preiswertere Sachen. Die Preispalette beginnt heute bei 2 Euro für ein Likörgläschen aus dem Jahre 1925, handgeschliffen, umfasst eine holländische Tabakdose aus dem 17. Jahrhundert für 260 Euro und endet bei 2800 Euro für ein indisches Jagdschwert aus dem Jahre 1680.“ Die Waren, egal wie groß oder klein, sind datiert und mit einem Preis versehen. Damit möchte Autodidakt Drinhausen seinen Kunden gegenüber transparent sein. Und die sind so vielfältig wie sein Angebot. Vor der Krim-Krise seien die Russen seine Top-Kunden gewesen, jetzt kauften vor allem Chinesen und Amerikaner, denn der Dollar Kurs sei derzeit günstig. Die meisten seien inzwischen Stammkunden, deshalb könne er es sich leisten, nur einmal die Woche sein Geschäft zu öffnen. „Viele junge Menschen, so um die 30 zeigen wieder Interesse an bodenständiger Kultur und Geschichte. Nach Studium und erster eigener Wohnung bauen sie sich ihr ganz persönliches Nest, jenseits von Stapelware. Die erkennen die Qualität und das Flair von echten Handwerksstücken.“

Bei der Nachfrage nach den alten Schätzchen gibt es aber immer wieder Moden: Mal gehen Gläser, mal geht Technik, eine Zeit lang gingen alte Fotoapparate, vor drei bis vier Jahren war die Nachfrage nach Römern (bunte Kristallgläser) enorm groß. Silberleuchter mit echten Kerzen sind out, wegen der modernen LED-Lämpchen, sagt der Fachmann für Raritäten. Fügt aber hinzu, dass er von den aktuellen Umsätzen nicht leben könnte, wäre er darauf angewiesen. Trotzdem streunt er immer noch durch Deutschland, ist bei Haushalts-Auflösungen dabei und pickt, wie schon als 13-Jähriger, die wahren Schätzchen heraus. „Was Sie hier sehen, ist nur ein Teil meiner Ware, ich habe noch viel, viel mehr, der Laden wird niemals leer. Immer wenn ich was verkaufe, fülle ich die Lücken wieder auf, denn je größer die Auswahl, desto zufriedener die Kunden.“ Auf Online-Handel verzichtet er ganz bewusst, er setzt vielmehr auf persönliche Beratung, man müsse als Kunde die Ware immer sehen, wenn man nicht betrogen werden will. „Mich reizt bis heute das Entdeckerglück, das Eintauchen in die verschiedenen historischen Epochen, jedem Teil kann man eine tolle Geschichte abgewinnen“, sagt Rolf Drinhausen, der vom edlen Antiquitäten Händler zum Edeltrödler geworden ist. Damit aber hat er gar kein Problem: „Die Kölschen sagen Alt-Rüschen zu meinem Laden. Für mich ist es ein Paradies für Entdecker.“

Antik, Buttermarkt Ecke/ Hafengasse, 50667 Köln, geöffnet nur freitags von 15 – 18.30

Die Palette ist groß: Das Likörglas ist für 2, der indische Säbel für 2800 Euro zu haben.

Rolf Drinhausen, Antikhändler

ABGESTAUBT ANTIK AM BUTTERMARKT