Haus Andreka in Köln-DellbrückHilfe für junge Mütter mit psychischen Schwierigkeiten

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Andrea Kaletha hat ein kleines Kind auf dem Schoß und lächelt breit in die Kamera. Sie hat das Haus Andreka gegründet. Mit ihrem Team kümmert sie sich dort um sehr junge Mütter mit psychischen Schwierigkeiten.

Andrea Kaletha hat das Haus Andreka gegründet. Mit ihrem Team kümmert sie sich dort um sehr junge Mütter mit psychischen Schwierigkeiten.

Viele junge Mütter haben unterschiedliche Leidensgeschichten hinter sich. Im Haus Andreka in Köln-Dellbrück leben sie „wie in einer WG“ und bekommen seit 2012 Unterstützung bei ihren Problemen.

Eva (Name geändert) kommt gleich zur Sache: „Ich lebe seit Dezember 2021 hier, weil ich massive häusliche Gewalt erlebt habe.“ Während die zierliche Frau spricht, stapft ihr Sohn durchs Zimmer, um sich den Kugelschreiber der Besucherin anzuschauen. Er hat die Neugier eines Kindes, das in Geborgenheit aufwächst.

Dass seine Entwicklung so gut verlaufen ist, hat viel damit zu tun, dass Eva im Haus Andreka für sich und ihn eine Zuflucht gefunden hat. Wortgewandt, aber ohne jedes Pathos erzählt sie, wie der Mann, dem sie vertraut hatte, sie in ihrer eigenen Wohnung einsperrte, verprügelte und ihre Kontakte kontrollierte. Doch ihr gelang schließlich die Flucht. „Ich war völlig fertig, ich hatte Panikattacken. Aber ich wollte einfach unbedingt mein Kind beschützen“, berichtet sie.

Haus Andreka in Köln will Zuhause auf Zeit sein

Mit Unterstützung des Jugendamtes kam sie zum Haus Andreka – einem Haus für sehr junge Mütter mit psychischen Schwierigkeiten. Derzeit leben sieben Mütter mit ihren Babys in der Einrichtung, die in einem behaglichen, schmalen Haus aus der Gründerzeit untergebracht ist. Über rote Holzdielen geht es durchs Treppenhaus zu den Mutter-Kind-Zimmern. An den Türen hängen selbstgemalte Willkommensplakate, auf denen Namen und Geburtsdaten stehen. „Ich wollte hier ein wirkliches Zuhause auf Zeit schaffen, wie ich es mir vorstelle“, sagt Andrea Kaletha.

Ich habe eine schwierige Vergangenheit und große Probleme mit Ordnung
Paula, Mutter

Das Haus Andreka ist ihr persönliches Projekt. Seit 2012 hatte die Betriebswirtin im Ehrenamt ambulant psychisch erkrankte Mütter und deren Kinder betreut. Dabei, sagt sie, sei ihr bewusst geworden, wie wichtig es sei, in schwierigen Situationen von Grund auf etwas zu ändern. Das könne eine stationäre Betreuung viel besser leisten als ambulante Begleitung. Mit der Zeit entwickelte sie die Idee, ein Mutter-Kind-Haus aufzubauen. „Die Leitidee ist die Vermeidung einer Bindungsstörung“, beschreibt sie ihr Ziel.

Haus Andreka ist „große WG“

Den Mädchen, die im Haus Andreka leben, stecken unterschiedliche Leidensgeschichten in den Knochen. „Ich habe eine schwierige Vergangenheit und große Probleme mit Ordnung“, sagt Paula, die früh auf sich selbst gestellt war. Das Haus Andreka erlebt sie „wie eine große WG“. Eine WG, in der die jungen Mütter Kompetenzen entwickeln, die sie brauchen. Ihr Kind gut zu ernähren, zu beruhigen, mit ihm zu spielen. Termine einzuhalten. Berufliche Perspektiven zu entwickeln.

Eine junge Mutter hält im Haus Andreka ein Kind im Arm.

Mit ihren Kindern spielen und Alltagsstrukturen lernen – das wird den Bewohnerinnen im Haus Andreka ermöglicht.

Eine große Rolle spielt auch die Psychotherapie, die ambulant in der Tagesklinik Pionierstraße in Riehl stattfindet. „Es gibt hier unterschiedliche Diagnosen: Borderline, Psychosen, Schizophrenie, bipolare Störung, Depressionen. Oder man kommt einfach aus sehr schweren Lebensumständen und hatte keine Unterstützung zu Hause“, beschreibt Nicole Niemann, die pädagogische Leitung. Viele der Bewohnerinnen haben auch schon Aufenthalte in der geschlossenen Psychiatrie hinter sich. Einige haben bereits ein Kind, das in Obhut gegeben wurde, und setzen nun alles daran, es beim zweiten Kind besser zu machen.

Es gibt einen festen Tagesablauf für die jungen Mütter

Das pädagogische Konzept folgt einem systemischen Ansatz. „Wir schauen: Was war im eigenen System ungünstig? Was kann man vermeiden, um Muster zu durchbrechen? Welche Ressourcen gibt es?“, beschreibt Nicole Niemann den Ansatz: „Wenn es schwierig wird, lassen wir die Mütter nicht alleine, sondern schauen, wie sich ihre Bedürfnisse mit denen der Kinder verbinden lassen. Viele von ihnen sind schließlich selbst noch Teenager.“

Der Tagesablauf sieht gemeinsame Zeitfenster und freie Zeiten vor. Vormittags müssen alle aufräumen. Die Abende werden oft gemeinsam verbracht – bei Serien und Gesprächen im Wohnzimmer oder, wenn es warm ist, im Garten, aber auch mit Spielen wie „Vier gewinnt“ oder Uno. „Da sieht man, was sie selbst noch aufholen müssen. Es ist unfassbar, wie viel Spaß ihnen das Spielen macht“, erzählt Nicole Niemann.

Auch dass jede einen eigenen Schlüssel hat, bedeutet den Bewohnerinnen viel. In anderen Mutter-Kind-Einrichtungen haben manche von ihnen ganz andere Erfahrungen gemacht. „Ich fühlte mich gar nicht mehr frei“, sagt eine, und Eva formuliert: „Als wäre ich Heidi bei Fräulein Rottenmeier.“

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