Peta kritisierte VeterinäramtWie gut reagieren Kölner Behörden auf Anzeigen wegen Tierquälerei?

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Das Foto zeigt einen kleinen Hund auf einem verwahrlosten Balkon.

Dem Kölner Veterinäramt wird vorgeworfen, im Falle dieses verwahrlosten Hundes nicht schnell genug reagiert zu haben.

Die Tierschutzorganisation Peta wirft dem Kölner Veterinäramt vor, einen Fall von artwidriger Haltung wochenlang ignoriert zu haben. Eine Aufarbeitung.

Die Fotos zeigen einen verwahrlosten Balkon einer Erdgeschosswohnung in Kölner Stadtteil Höhenhaus, zu allen Seiten hin blickdicht mit Folien und Vorhängen abgehängt. Ein kleiner Hund schaut ängstlich in die Kamera. Das Tier werde seit langer Zeit unter erbärmlichen Umständen gehalten, berichtete eine Anwohnerin in Höhenhaus der Tierrechtsorganisation Peta im November vergangenen Jahres. Verschimmelte Nahrung, oft kein Wasser – pure Vernachlässigung.

„Auf den Aufnahmen war deutlich zu erkennen, dass der Hund über einen längeren Zeitraum zwischen Kot, verschimmeltem Essen und abgeschottet von der Außenwelt sich selbst überlassen wurde“, sagt Lisa Bechtloff, Fachreferentin bei Peta. Weil das hiesige Veterinäramt aber, mehrfach informiert und zum Handeln aufgefordert, wochenlang nichts unternahm, hat Peta die Kölner Behörde bei ihrer jährlichen Top-oder-Flop-Liste als eine der tierfeindlichsten Ämter der Bundesrepublik bezeichnet. „Es ist nicht nachvollziehbar, warum der Hund nicht sofort aus der artwidrigen Haltung herausgenommen wurde“, so Bechtloff.

Fast sechs Wochen dauerte es, bis die Kölner Behörde der Anzeige nachging

Am 5. September vergangenen Jahres seien die Umstände auf dem Balkon in Höhenhaus dem Kölner Veterinäramt erstmals von einer Augenzeugin angezeigt worden, berichtet die Pressestelle der Stadt. Peta, zwischenzeitlich wohl informiert durch die besorgte Anwohnerin, habe den Fall dann am 26. September gemeldet. Und am 2. Oktober erneut nachgefragt, weil noch nichts passiert war.

„Aufgrund von weiteren dringlicheren Tierschutzfällen konnte der Fall damals nicht unmittelbar bearbeitet werden“, so eine Sprecherin der Stadt. Als wochenlang nichts passierte, machte Peta die Vorwürfe öffentlich und rief dazu auf, der untätigen Kölner Behörde weitere Anzeigen wegen des mutmaßlichen Verstoßes gegen den Tierschutz in Höhenhaus zu schicken.

Knapp 950 Tierschutzanzeigen sind 2023 beim Kölner Veterinäramt eingegangen

Am 13. Oktober schließlich hätten zwei Tierärztinnen die Situation in Höhenhaus kontrolliert und keine gravierenden Mängel festgestellt. Die „mündlich angeordneten Maßnahmen“ seien von der Hundehalterin sofort umgesetzt worden. Nach weiteren Gesprächen habe die Frau den Hund zudem „aus persönlichen Gründen an die Stadt Köln“ abgegeben, „sodass dieser zur Vermittlung freigegeben werden konnte“, so die Sprecherin des städtischen Presseamtes.

Im vergangenen Jahr seien insgesamt 942 Tierschutzanzeigen beim Kölner Veterinäramt eingegangen. In 258 Fällen sei es zu Beschlagnahmen gekommen. „Eine Nagerhaltung mit 69 Exemplaren“ beispielsweise sei „komplett geräumt“ worden. In einer anderen Miniwohnung seien „65 Tiere verschiedener Arten“ mitgenommen worden. Gegen insgesamt 16 Halter seien Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet worden, es habe 75 Ordnungsverfügungen gegeben und zwei Strafverfahren seien auf den Weg gebracht worden.

Die Hürden für eine Verurteilung vor Gericht sind hoch

Für die Bearbeitung von Tierschutzbeschwerden seien beim Veterinäramt 3,5 Stellen vorhanden, die durch vier Mitarbeitende besetzt würden, so die Stadtsprecherin. Diese aber hätten auch noch zusätzliche Aufgaben, „wie beispielsweise die Bearbeitung von tierschutzrechtlichen Erlaubnissen und Kontrolle von solchen Betrieben“ sowie „Anfragen und Stellungnahmen nach dem Landeshundegesetz“.

Nach Paragraf 17 des Tierschutzgesetzes wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet oder aus Rohheit erhebliche Schmerzen oder Leiden zufügt. Die Hürden für eine Verurteilung jedoch sind hoch, wie die Realität vor Gericht zeigt. Mit fünf Hunden, neun Katzen, zwei Frettchen, Schildkröten und Fischen lebte eine Familie mit drei Kindern in einer 70 Quadratmeter großen Wohnung in Chorweiler. Die Eltern mussten sich im April 2023 wegen Tierquälerei vor dem Kölner Amtsgericht verantworten. Die Tiere sollen laut Anklage der Staatsanwältin in einem unwürdigen Zustand gehalten worden sein und Schmerzen erlitten haben.

Haftstrafen für Tierquälerei sind eher selten

Die zwei Frettchen beispielsweise hielt das Ehepaar laut Staatsanwaltschaft im Küchenschrank ohne dauerhaften Zugang zu Futter und Wasser, was für den Blutzuckerspiegel der Tiere wichtig sei. Der Schrank sei durch Kot und Urin verschmutzt gewesen, so seien den kleinen Raubtieren dauerhafte Leiden zugefügt worden. Die Angeklagten indes kamen mit einer Geldbuße von jeweils 300 Euro davon. Und der Zusicherung, zukünftig keine Tiere mehr zu halten.

„Fälle, in denen es tatsächlich zu mehrjährigen Haftstrafen oder zu Verurteilungen mit Abschreckungswirkung kommt, sind allerdings sehr selten“, heißt es beim Tierschutzbund. In Friedberg (Wetteraukreis) etwa hat ein 36-Jähriger, der mittlerweile in Berufung gegangen ist, eine Haftstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten erhalten. Der Mann hatte nach Überzeugung des Gerichtes mit „folterähnlicher Brutalität“ Dutzende Igel sowie eine Reihe von Katzen und Kaninchen zu Tode gequält. Im Allgäu wurden ein 25-jähriger Landwirt sowie sein Vater ebenfalls zu zwei Jahren und zehn Monaten beziehungsweise zu zwei Jahren Haft verurteilt, weil sie zahlreiche kranke Rinder qualvoll verenden ließen, ohne den Tierarzt zu rufen.

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