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MietstreitMit den Mängeln allein gelassen

4 min

Die Müllcontainer stehen für jeden zugänglich auf der Straße, die Rechnung zahlen die Bewohner.

Mülheim – Selma Cetin ist verzweifelt. Seit etwa vier Jahren wuchert Schimmel an der Decke ihres Badezimmers. Vor einem halben Jahr kam der Pilz sogar bis in ihr liebevoll eingerichtetes Wohnzimmer. Die Mieterin des Hauses an der Markgrafenstraße 81 bat den Vermieter, die BKM Immobilien GmbH aus Rösrath, etwas dagegen zu unternehmen. Geschehen ist bislang nichts.

„So wie mir geht es vielen Mietern dieses Hauses“, sagt die allein erziehende Mutter zweier Kinder. Einige ihrer Nachbarn würden aus Protest nur noch die Nebenkosten zahlen. Sie selbst tue dies allerdings nicht. Der Schimmel ist aber nicht das einzige Problem: „Die Briefkastenanlage ist kaputt, und wichtige Post geht so verloren“, sagt Cetin. So habe sich ihr Sohn um eine Praktikumsstelle beworben. Ein Antwortbrief sei gekommen. Doch der Umschlag war geöffnet, dessen Inhalt geklaut. Damit nicht genug, das Gebäude mit weitgehend öffentlich geförderten Wohnungen weise weitere Mängel auf: Die Haustür lasse sich nicht schließen und seit der Fertigstellung 1996 sei das Treppenhaus noch nicht gestrichen worden. Cetin: „Ständig kommen Fremde ins Haus, nehmen Drogen oder trinken Alkohol.“ Die Mieter müssen zudem überhöhte Müllgebühren zahlen, weil die Container offen auf der Straße stehen. Passanten werfen ihre Abfälle hinein. „Manche fahren sogar im Auto vor, um ihren Müll abzuladen“, sagt Cetin.

Auch anderen Mietern geht es wie Selma Cetin: Schimmel an Decken und Wänden, Wassereinbrüche oder undichte Fenster. Da auch ihre Beschwerden beim Wohnungsamt nur begrenzt halfen, beschritten einige bereits den Rechtsweg. Mit Gabi Schönau von der Intitiative „Hallo Nachbar dankeschön“ und Sozialraumkoordinatorin Maria Fichte fuhren mehrere Mieterinnen Ende 2013 sogar nach Rösrath, um vor dem Firmensitz gegen die Missstände zu protestieren und die BKM zur Beseitigung der Mängel aufzufordern (Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtete). Geschäftsführerin Brigitte Joseph schlug ihnen jedoch buchstäblich die Tür vor der Nase zu. „Ich helfe den Mieterinnen des Hauses, weil viele von ihnen sich nicht trauen, überhaupt öffentlich aufzutreten“, sagt Schönau. Auf telefonische Anfrage dieser Zeitung zu den Problemen der Mieter fiel die Antwort von Joseph denkbar knapp aus: „Kein Kommentar“, sagte sie.

Immer wieder Probleme

Mehr Selbstvertrauen als die Mieter bringen die Tellschützen auf – der Verein betreibt im Keller des Hauses einen Schießstand. „Aber auch wir haben immer wieder Probleme“, sagt Schatzmeisterin Iris Wilke. Spritzbestecke und Fäkalien im Bereich der Kellertreppe gehörten zum Alltag. Wilke: „Zu Gästen sagen wir dann: Augen zu und durch.“ Seit einiger Zeit sei auch ein Wasserrohr in den oberen Etagen undicht. Wilke: „Das Wasser läuft durchs ganze Haus und tropft im Keller von der Decke.“ Das Problem sei dem Vermieter bekannt: „Doch BKM unternimmt nichts“, so Wilke. Auf die Reparatur der defekten Heizung warteten die Schützen vor einem Jahr einen Monat lang.

Anonym äußert sich gegenüber dieser Zeitung ein Kölner Anwalt, dessen Name der Redaktion bekannt ist. Er kenne die Situation in dem Haus und wolle dazu beitragen, dass sich etwas ändere. „Ich wurde auf die Situation hier durch die Presse aufmerksam“, sagt er. „BKM bewirtschaftet eine Immobilie, die zum Teil auch mir gehört.“ Und die Eigentümergemeinschaft sei sauer: „Die Firma kommt einfach ihrer Verantwortung nicht nach. Die Geschäftsführung ist völlig unfähig“, so der Jurist. Da sei der Eigentümer der Firma gefragt. Die Eigentümergemeinschaft seines Hauses werde der BKM jedenfalls den Bewirtschaftungsauftrag entziehen und Klage einreichen.

Das Haus 81 bis 83 besteht aus 43 Wohnungen, 33 davon im Förderweg I, für zehn ist der Förderweg II ausgelaufen. Um die Missstände zu beseitigen und eine professionelle Verwaltung zu schaffen, sollte das Haus 2007 an die Grubo verkauft werden. Das gelang nicht.

Eigentümerin von BKM ist laut Kölner Handelsregister seit Januar 2006 Ingrid Kolle, Frau des Firmengründers Bernd Kolle. Beide leben in bayerischen Tutzingen, wo sich Bernd Kolle im Lions Club engagiert. Versuche, mit ihnen in Kontakt zu kommen, scheiterten.

Dem Wohnungsamt der Stadt Köln ist das Haus ebenfalls bekannt. „Neben Schäden durch die Mieter selbst haben wir es immer wieder mit baulichen Mängeln zu tun“, sagt Josef Ludwig, stellvertretender Amtsleiter. Derzeit liefen sechs Verfahren der Wohnungsaufsicht gegen BKM. Ludwig: „Bei drei davon wurden Mängelbeseitigungen mit Zwangsgeldandrohung angeordnet.“ Er hoffe auf das neue Wohnungsaufsichtsgesetz, das aktuell im Landtag diskutiert werde. Dann hätte die Stadt mehr Sanktionsmöglichkeiten.