An einer Kölner Grundschule erhitzen sich die Gemüter an einem Theaterstück, bei dem die Zunge eingesetzt wurde. Eltern schalten die Polizei ein und bedrohen die Tanzkünstler.
„Mit der Zungenspitze auf den Arm getippt“Wirbel um Theaterstück an Kölner Grundschule

An einer Kölner Grundschule erhitzen sich die Gemüter an einem Theaterstück, bei dem die Zunge eingesetzt wurde. (Symbolbild)
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Ein Theaterstück in der Mülheimer Montessori-Grundschule spaltet die dortige Schulgemeinschaft und hat mehreren Medienberichten zufolge bei Eltern für Unmut gesorgt. Konkret ging es um eine Aufführung der Tanzkompanie Alfredo Zinola, die im Rahmen eines vom Land NRW geförderten Projekts in der Schule stattfand. Bei der Produktion mit dem Titel „Dornröschen Kiss“ sollte es choreografisch um das Thema Nähe und Distanz gehen.
Was die Kinder der ersten bis vierten Klasse dort zu sehen bekamen und über das sie anschließend zu Hause berichteten, alarmierte offenbar einen Teil der Eltern. Die Kinder hätten erzählt, dass zwei Tänzer einen Zungenkuss ausgetauscht und zudem mit der Zunge Körperteile berührt hätten. Die Sorge der Eltern, so hieß es in Medienberichten, lag darin, dass Kinder im Grundschulalter solche Anblicke nachhaltig verstören könnten und solche Darstellungen für die Altersgruppe nicht angemessen seien. Teile der Elternschaft schalteten sogar die Polizei ein.
Künstler berühren Fußsohle mit der Zungenspitze
Die Bezirksregierung Köln als Schulaufsicht des Landes bat die Schulleitung daraufhin um eine Stellungnahme. Demnach ist die Montessori-Grundschule eine von zwei Projektschulen des Ensembles Alfredo Zinola. Der erste Teil des vom Land geförderten Projekts mit dem Titel „Other World“ hätte sehr viele positive Rückmeldungen erhalten, erklärte ein Sprecher der Bezirksregierung in einer Stellungnahme. Der zweite Teil sei nach den Osterferien eine Improvisation zum Thema „Kiss: Nähe und Distanz“ gewesen.
Alle Lehrkräfte bestätigen, dass die Tänzer sich nicht abgeleckt haben.
Dabei hätten sich die Tänzer „punktuell mit der Zungenspitze auf den Arm, auf die Wange oder in die Haare getippt“. Außerdem hätten sich die Tänzer gegenseitig die Zunge rausgestreckt, ruckartig die Zunge des anderen berührt und seien dann auseinander gestoben. In einer anderen Szene hätte ein auf dem Rücken liegender Tänzer die Fußsohlen nach oben gestreckt. Der zweite Tänzer hätte sich vorsichtig genähert, von oben auf die Fußsohle geschaut, diese mit der Zungenspitze berührt und habe sich dann wieder wegbewegt.
Dabei betont die Bezirksregierung: „Alle Lehrkräfte bestätigen, dass die Tänzer sich nicht abgeleckt haben. Während der Berührungen mit der Zunge gab es keine Umarmung oder Ähnliches, was auf eine sexuelle Konnotation schließen lässt“, betonte der Sprecher.
In der Schule räumt man angesichts des Wirbels auch Fehler ein: Von Schulseite sei es in den einzelnen Klassen leider versäumt worden, „die Eltern vorab über das Thema zu informieren, damit sie ins Gespräch mit den Kindern kommen könnten“, schreibt Schulleiterin Vivienne Kißener-Fountoulakis in einem Brief an die Eltern.
Durch fehlende Informationen seien bei einigen Eltern zum Teil große Sorgen entstanden, dass die Schule durch das Tanzprojekt eine Sexualisierung der Kinder vorantreibt. Dies sei mit dem Projekt zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt gewesen, schreibt sie weiter. In ihrer Stellungnahme gegenüber der Bezirksregierung betont die Schule, dass die Inhalte im Nachgang im Unterricht besprochen worden seien und die Lehrkräfte die Kinder während der Veranstaltung begleitet hätten. Alle Lehrerinnen und Lehrer hätten das Stück und die anschließende Auseinandersetzung als positiv bewertet.
Kölner Eltern drohen Tanzensemble Gewalt an
Die Schulleitung bezeichnet den Austausch mit der Elternschaft darüber, „ob der gewählte Weg für die Schülerschaft sinnvoll oder unangemessen ist“ als wünschenswert. Die Reaktionen mancher Eltern bezeichnete allerdings als „nicht akzeptabel“. Den Mitgliedern des Tanz-Ensembles sei physische Gewalt angedroht worden, und Mitarbeiter der Schule seien am Telefon verbal angegangen worden.
Inzwischen hat die Schule die Schulpflegschaften aller Klassen zu einem Gesprächsaustausch mit den Tänzern eingeladen, damit diese sich ein umfassenderes Bild machen konnten. Die Mitglieder der Schulpflegschaft, die dabei gewesen seien, haben sich nach Angaben der Schulleitung für eine Fortführung des Tanzprojekts ausgesprochen.