Protest in Köln-MülheimMietern droht die Obdachlosigkeit – Vermieter überlässt sie ihrem Schicksal

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Menschen mit Plakaten stehen vor einem Flachbau.

Die von Zwangsräumung bedrohten Mieter und Aktive der Initiative Recht auf Stadt demonstrierten vor dem Mülheimer Bezirksrathaus.

Wenn die Mängel in dem Haus an der Wallstraße nicht bald behoben werden, wird es geräumt. Für die jahrelangen Mieter ein Albtraum.

Die Mieter des Hauses Wallstraße 31 in Mülheim könnten bald obdachlos sein. Weil der Vermieter es in den vergangenen Jahren versäumt hat, für das ehemalige Hotel bei der Stadt eine Baugenehmigung für Wohnzwecke zu beantragen, droht die Bauaufsicht, das Gebäude räumen zu lassen. Mit Unterstützung von Aktiven der Initiative „Recht auf Stadt“ demonstrierten sie vor dem Bezirksrathaus Mülheim.

Die gleichzeitig tagende Bezirksvertretung Mülheim beschloss auf Antrag der Linken eine Resolution. In dieser wird Oberbürgermeisterin Henriette Reker gebeten, ihren verwaltungsmäßigen Einfluss auf das zuständige Bauamt auszuüben und alle Möglichkeiten – einschließlich Verhandlungen mit dem Eigentümer – auszuschöpfen, damit die Bewohner des Hauses in ihren Wohnungen bleiben können. Das Gebäude wurde bis vor etwa 30 Jahren als Hotel genutzt. Später vermietete der Eigentümer die Räume als Wohnungen.

Mieter lebt in ehemaliger Gaststätte in Köln-Mülheim

Die Gaststätte im Erdgeschoss schloss 2009. Hier zog Wolfgang Bergmann ein, einer der Demonstranten. Die Bauaufsicht wurde 2019 auf die fehlende Baugenehmigung aufmerksam. „Ein Fehlalarm des Brandmelders war der Auslöser“, berichtete er. Bei einer Begehung durch Feuerwehr und Bauverwaltung seien zusätzlich Mängel beim Brandschutz und fehlende Fluchtwege festgestellt worden. Als Resultat wurde die Beseitigung der baulichen Defizite gefordert. Bergmann und seine sieben Nachbarn wehren sich nun gegen die drohende Räumung.

Doch das ist nicht so einfach: „Abhilfe kann nur der Hauseigentümer schaffen“, betonte Bergmann. Doch der habe keinerlei Interesse, etwas zu unternehmen. Die von Obdachlosigkeit Bedrohten wandten sich um Hilfe an den Mieterverein und schließlich an Mülheims Politiker. „Wir könnten mit einem Beschluss ein kleines Zeichen setzen, dass wir mit einer Zwangsräumung nicht einverstanden sind“, begründete Beate Hane-Knoll (Linke) ihren Antrag.

Es ist nicht der einzige Fall in Köln, wo Vermieter Leerstand in Kauf nehmen, um ihre Gewinne zu steigern
Jonas Höltig, Grüne

Auch Jonas Höltig (Grüne) sicherte den Bewohnern des Hauses die Solidarität seiner Fraktion zu: „Es ist nicht der einzige Fall in Köln, wo Vermieter Leerstand in Kauf nehmen, um ihre Gewinne zu steigern.“ Er wäre für Maßnahmen, die solches Handeln unterbinden. Darüber hinaus fragte er, warum die Stadt nicht auf die Mieter zugeht und Hilfe bei der Wohnungssuche leistet.

Bürgeramtsleiterin Susanne Hohenforst unterrichtete die Anwesenden darüber, dass bisher lediglich ein Anhörungsverfahren laufe und eine Räumung nicht unmittelbar drohe: „Doch die Verwaltung hat keine Handhabe. Der Vermieter muss freiwillig einen Bauantrag stellen.“ Bezirksbürgermeister Norbert Fuchs verwies auf die Landesbauordnung, die geändert werden müsse: „Die Bauaufsicht muss Eigentümer verpflichten können, eine Nutzungsänderung zu beantragen.“

Er und Alexander Lünenbach (SPD) schlugen daraufhin vor, eine Resolution zu verabschieden, um wenigstens die Solidarität der Politik auszudrücken. Fuchs: „Es kann nicht sein, dass Verwaltungshandeln dem eh schon knappen Wohnraum in Köln weitere Flächen entzieht und Menschen dadurch ohne eigene Schuld obdachlos werden.“

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