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Oldtimer zum MietenSuche nach dem Nostalgie-Gefühl

Lesezeit 4 Minuten

Dellbrück – Als das Telefon klingelt, meldet sich ein 34-Jähriger von unterwegs. Der Mann hat einen Ford Mustang von 1968 gemietet – jetzt wundert er sich, dass sich die Innenbeleuchtung nicht ausschaltet. Das tut sie allerdings nie, solange die Fahrertür geöffnet ist. Also alles normal. Rainer Schulte lacht, als er den Hörer aufgelegt hat: „Die jungen Leute kennen die alte Technik nicht mehr.“

Mehr als 40 Oldtimer glänzen in Halle 28 des Dellbrücker Leskanparks, dem 1600 Quadratmeter großen Zuhause von Rainer Schultes Firma „Oldie-Rent“. Hierher kommt, wer sich für ein paar Tage den Traum vom Jaguar E-Type, VW Bulli T 1 oder Chevrolet Corvette erfüllen möchte. Rainer Schulte, ein freundlicher Mann mit Bart und T-Shirt, vermietet nach eigenen Angaben als einziger Anbieter in Nordrhein-Westfalen Oldtimer an Selbstfahrer. Und das seit 25 Jahren.

Angefangen hat Schulte also lange vor dem Oldtimerboom. In seinem Garten parkte er damals einen Volvo P 1800, einen Jaguar MK 2 und einen Porsche 911. Die Autos, die er bis dato privat fuhr, standen nun jedem zur Verfügung, der Geld dafür zahlte. Wahlweise auch mit Chauffeur. Hinzu kaufte Schulte einen Rolls-Royce Silver Shadow, einen Mercedes 190 SL und einen Triumph TR 6. Dafür gab er sein Schreibbüro für medizinische Gutachten auf – es langweilte ihn, den spaßhungrigen Alt-68er, der sein BWL-Studium nach 22 Semestern abgebrochen hatte.

Schwieriger als erwartet

Doch die Anfänge im Oldtimer-Geschäft waren schwieriger als erwartet. Probleme mit den Versicherungen und den Banken machten Schulte und seinem damaligen Geschäftspartner das Leben schwer: „Wir haben schon ziemliche Nackenschläge hinnehmen müssen.“ Gleich im ersten Jahr machte sich ein Kunde mit dem Porsche 911 aus dem Staub, der Wagen ist bis heute nicht aufgetaucht. Darüber hinaus hatten es die Oldtimer-Pioniere schwer, ihr damals einmaliges Angebot publik zu machen. Ohne Internet blieb ihnen nichts anderes übrig, als in den Gelben Seiten zu inserieren.

Rainer Schulte sitzt in seinem Büro, in das man nur über eine Treppe gelangt. Von hier aus hat er sein chromblitzendes Reich im Blick. Den weißen Rolls-Royce zum Beispiel, den schwarzen Cadillac de Ville von 1961 mit den riesigen Heckflossen oder den Gangster-Citroën.

Das Geschäft läuft gut, der allgemeinen Oldtimer-Begeisterung und der Werbeplattform namens Internet sei Dank. Die Kunden kommen sogar aus dem Ausland angereist, um in eins der Autos umzusteigen, die Schulte meist schon in restauriertem Zustand ankauft. Selbst reparieren kann der 60-jährige Chef nicht, Wartung und Pflege überlässt er seinen Mitarbeitern, zu denen auch Chauffeure gehören. Sein Wissen über Autos sei rein theoretischer Natur, sagt Schulte, der sich vor allem für englische Klassiker begeistert.

23 Oldtimer in Halle 28 gehören ihm mittlerweile, die restlichen 22 zählen zur Firma „Classic Car Events“ von Thomas Schlott. Beide Unternehmer haben andere Schwerpunkte bei der Oldtimer-Vermietung, vermarkten ihre Fahrzeuge aber gemeinsam. Zunehmend buchen Firmen gleich dutzendweise Oldtimer bei Schulte, um verdienten Mitarbeitern eine Nostalgie-Fahrt in netter Umgebung zu spendieren. Dann lässt Schulte schon mal 20 Autos per Lkw nach Portugal oder in die Toskana transportieren.

Genug Platz

Aus der Garten-Klitsche ist ein florierendes Geschäft geworden. 2007 zog Schulte von Holweide nach Dellbrück, wo es genug Platz für seine Autos gibt. Während die jüngeren Kunden in der Regel eine schicke Hochzeits-Karosse suchen, kommen die älteren oft aus Sehnsucht nach dem Fahrgefühl früherer Tage zu ihm. Manche wollen ein bestimmtes Auto auch testen, bevor sie sich selbst eins kaufen. „Die meisten Wagen kommen wohlbehalten zurück“, sagt der Vermieter. Wer rasen wolle, tue es nicht mit einem Oldtimer. Natürlich gibt es auch Modelle, die nicht ziehen: „Mercedes, Porsche und Mustang gehen aber immer“, sagt Schulte. Je größer, spektakulärer und kultiger das Auto, desto beliebter. Schlicht hingegen „geht gar nicht“. Deshalb hat der Jaguar E-Type viele Freunde, der Austin Healey 3000 aber weniger. Obwohl der Austin für Schulte klar das bessere Auto ist. Auch der kleine Mini Cooper sei eine „reine Standuhr“. Schulte will ihn aber trotzdem nicht verbannen: „Er gefällt mir, also behalte ich ihn.“ Dafür kostet der Mini nur 299 Euro pro Wochenende, inklusive 500 Frei-Kilometern. Der Jaguar dagegen kostet 979 Euro.

Jana und Johann Popek aus Leverkusen haben sich in Halle 28 einen Borgward Isabella ausgesucht. Vor wenigen Stunden erst haben sie in mittelalterlicher Kleidung standesamtlich geheiratet. Nun steht die kirchliche Trauung samt Anfahrt im Borgward an. „Was für ein Lenkrad“, sagt der 28-jährige Bräutigam in der blitzblanken Limousine von 1961. Fahren wird er sie leider nicht: Das übernimmt der glückliche Vater der Braut.