Abo

Sozio-kulturelle Projekte in KölnInitiativen fordern Erbbaurechte für städtische Immobilien

Lesezeit 4 Minuten
Die Initiatoren (v.l.) Reentje Streuter, Rainer Kippe und Jörg Frank präsentieren ihre Vorschläge zum Erbbaurecht.

Die Initiatoren (v.l.) Reentje Streuter, Rainer Kippe und Jörg Frank präsentieren ihre Vorschläge zum Erbbaurecht.

Zwei Kölner Vereine haben das Ziel städtische Immobilien mitnutzen zu können. Ein Rechtsgutachten hat die Vorstellungen der Umsetzbarkeit untermauert. Jetzt soll das Thema erneut in der Politik angestoßen werden.

Die Vereine „Mach Mit!“ und „Sozialistische Selbsthilfe Mülheim“ (SSM) haben ein neues Konzept zur Nutzung von Immobilien mittels des Erbbaurechts für gemeinwohlorientierte Träger in Köln erstellt. Die Verantwortlichen der Erstellung des Papiers, das der Stadtverwaltung und zur Debatte im Liegenschaft-Ausschuss des Stadtrats vorgelegt werden soll, präsentierten ihre Vorstellungen dazu am Donnerstag in den Räumen des Friedensbildungswerks in der Innenstadt.

Reentje Streuter, Vorstand im Verein „Mach Mit!“, Rainer Kippe vom SSM und Jörg Frank, bis Ende 2020 Vorsitzender des Liegenschaftsausschusses im Rat und Unterstützer sowie Berater der Vereine, wollen erreichen, dass gemeinnützige Vereine für ihre soziokulturellen Projekte städtische Immobilien mit der Vergabe von Erbbaurechten langfristig und planungssicher nutzen können.

Kölner Vereine haben das Ziel städtische Immobilien mitnutzen zu können

„Im Frühjahr hat die Stadtverwaltung angekündigt, dem Rat noch in diesem Jahr ein Grundsatzbeschluss zum Erbbaurecht für kulturelle, soziale und soziokulturelle Vereine vorzulegen“, sagt Streuter. Dieser sogenannte „Baustein 2“ sei überfällig, nachdem ein „Baustein 1“ für Geschosswohnungen und Wohnprojekte im März 2022 vom Rat beschlossen worden war.

Tragfähige Konditionen, um für ihre gemeinwohlorientierte Arbeit städtische Immobilien langfristig mitnutzen zu können, das sei Ziel diverser Vereine in Köln, die alle auf eine Linie der Politik und Verwaltung dazu warteten, sagt Streuter weiter. Als konkretes Beispiel dafür dient am Donnerstag die autonome und soziale Daseinsvorsorge, die der SSM seit mehr als 30 Jahren betreibt.

Laut Kippe erspare der SSM der Stadt hohe Kosten

„Kommendes Jahr läuft der Mietvertrag für unseren Stammsitz an der Düsseldorfer Straße aus“, ergänzt Kippe, der die alten und damals baufälligen Gebäude einer ehemaligen Schnapsbrennerei auf dem 2250 Quadratmeter Fläche umfassenden Gelände in Mülheim Ende der 1970er-Jahr mit anderen besetzt und dort den SSM etabliert hatte. „Wir beziehen keinerlei Zuschüsse und ersparen der Stadt sogar hohe Kosten“, so Kippe weiter, „denn die Menschen vom Rand der Gesellschaft, die bei uns leben statt in die Obdachlosigkeit zu rutschen und selbstständig mit ihrer Arbeit den Lebensunterhalt verdienen, müssten sonst Sozialleistungen vom Staat zu beziehen.“

Das ist auch der Grund dafür, dass die Verfasser des neuen Vorschlags zum Umgang mit Erbbaurecht in Köln für gemeinnützige Vereine eine zinslose Erbbau-Vergabe erreichen müssen, auch im Fall des SSM. Grundsätzlich sind im Erbbaurecht ein bis eineinhalb Prozent des Grundstückswerts als sogenannter Erbbauzins pro Jahr an den Besitzer zu entrichten, bei gewerblicher Vergabe in der Regel vier Prozent.

Das Thema soll in der Politik erneut angestoßen werden

„Im Fall des SSM wären das rund 30.000 Euro im Jahr, die einem unkommerziellen und in der Daseinsvorsorge engagierten Verein aber nicht ohne Weiteres zur Verfügung stehen“, erläutert Frank, der in der Grünen-Fraktion bis 2020 im Kölner Rat aktiv war und diesem nach 31 Jahren nicht mehr angehört. In NRW gebe es mehrere Beispiele für eine zinslose Erbbaurecht-Vergabe für Träger soziokultureller Vorhaben, etwa in Bochum oder Krefeld. In all diesen Fällen würden die Träger für die Instandhaltung aufkommen und diese Arbeit regelmäßig nachweisen.

Zusammen mit einem im Sommer erstellten Rechtsgutachten, das die Umsetzungsmöglichkeiten ihrer Vorstellungen untermauert und konkrete Handlungsanleitungen dafür liefert, wollen die drei Männer sowohl für den Fall des SSM als auch für stadtweit fünf weitere Vereine mit ähnlichen Projekte das Thema nun in der Politik erneut anstoßen und sehen sich dabei mit „zahlreichen guten Argumenten“ ausgestattet. Zum einen habe die Verwaltung trotz anderslautender Ankündigung bislang keinen „Baustein 2“ für das Erbbaurecht vorgelegt, zum anderen böte eine klare Regelung eine „innovative und die oft ehrenamtlich Arbeit in den Verein würdigende Chance“ für die Stadt Köln“, sagt Reentje Streuter.

Die drei Initiatoren hoffen auf Unterstützer im Rat

Darüber hinaus verliere die Stadt nicht den Zugriff auf ihre Flächen, das sei nachhaltig und führe nicht zu deren dauerhaftem Verlust wie bei zahlreichen in den vergangenen Jahren getätigten Verkäufen kommunaler Flächen. Die konkrete Ausgestaltung des anvisierten „Bausteins 2“ für die Erbbaurecht-Vergabe in Köln ist den drei Konzeptverfassern zufolge dabei eine Frage der Verhandlung und könne im Einzelfall angepasst werden. Allerdings sei die Zinsfreiheit entgegen der in der Vergangenheit grundsätzlich angewandten Erhebung des Erbbauzinses in ihrer jetzt erstellten Vorlage ein Kernpunkt, der „unbedingt Berücksichtigung finden muss“, sagt Frank.

Vorgelegt wurde dieser auch bereits dem Beigeordneten im Kölner Liegenschaftsdezernat, William Wolfgramm, dieser habe laut Frank, Streuter und Kippe auch bereits „grundsätzlich wohlwollend“ darauf reagiert. Die drei Initiatoren erhoffen sich nun, dass sich auch aus dem Rat und den einzelnen Fraktionen Unterstützergruppen finden werden, die den Entscheidungsprozess in der Verwaltung weiter beeinflussen und beschleunigen.

Das Erbbaurecht: Laut Definition in der „freien Enzyklopädie Wikipedia“ wird Erbbauchrecht begründet durch einen Vertrag auf eine festzulegende Laufzeit zwischen Erbbauberechtigtem und Grundstückseigentümer und anschließender Eintragung ins Grundbuch. Das Erbbaurecht wird selbst wie ein Grundstück behandelt und kann wie ein Grundstück veräußert, vererbt und belastet werden, beispielsweise mit Grundpfandrechten (Grundschuld und Hypothek). Verfügungen über das Erbbaurecht, wie etwa Veräußerungen, Belastungen und bauliche Erweiterungen, bedürfen der Zustimmung des Grundeigentümers, wenn dies im Erbbaurechtsvertrag vereinbart ist.

KStA abonnieren