Nach 18 Monaten Party-PauseSo groß ist der Andrang auf die Kölner Clubs

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In der Roonburg feiern die Gäste ausgelassen.

In der Roonburg feiern die Gäste ausgelassen.

Köln – Der Bass dröhnt gedämpft durch die Tür, vor der sich dutzende Menschen in eine Schlange gereiht haben. Sie lachen, rufen über die Köpfe hinweg, prosten sich zu. „Ich würde eineinhalb Stunden hier warten, wenn ich dafür endlich wieder richtig feiern kann“, sagt der 22-jährige John Bärhausen. Er steht mit seinen Freunden vor der Diskothek Roonburg im Kwartier Latäng und hofft, dass die Betreiber sie noch hineinlassen. „Ich freue mich unglaublich, dass die Clubs wieder geöffnet sind.“ Nach so langem Warten sei es fast ein bisschen ungewohnt, sich wieder in die Menge zu mischen und zu tanzen.

Dank der neuen Coronaschutzverordnung NRW dürfen Geimpfte, Genesene und Getestete nach 18 Monaten Pause jetzt wieder die Nächte durchfeiern. Laut Stefan Janssen, dem Betreiber der Roonburg, sind etwa 80 Prozent seiner Besucher geimpft. Der Rest muss den obligatorischen PCR-Test vorweisen. Allein für Eintrittsgeld und Test zahlen Nicht-Geimpfte an einem solchen Abend mindestens 60 Euro – viel Geld für ein bisschen Freiheit.

Tanzen ohne Maske

Im Club darf zumindest ohne Maske getanzt werden. „Die Leute sollen einfach friedlich feiern und die ganze Corona-Geschichte für ein paar Stunden vergessen können“, sagt Janssen. Zwar stehe ab und zu das Ordnungsamt vor der Tür und kontrolliere, ob wichtige Maßnahmen eingehalten werden. Aber bis jetzt sei alles in Ordnung gewesen. Nach der Zwangspause suchen viele Clubbetreiber noch händeringend nach Personal. „Wir haben zum Glück ein super Team, 40 Prozent des Stammpersonals ist nach wie vor dabei“, sagt Janssen. Viele andere Clubs würden auch gerne öffnen, schafften es aber aufgrund des Personalmangels nicht, die gesetzlichen Auflagen zu erfüllen, ergänzt er. „Die Öffnungen sind mit viel Aufwand verbunden, das fängt schon damit an, dass extra Luftfilter installiert werden müssen.“

Vor den Türen vieler Clubs bildeten sich lange Warteschlangen.

Vor den Türen vieler Clubs bildeten sich lange Warteschlangen.

In der Schlange vor der Roonburg macht plötzlich eine Nachricht die Runde: Es dürfen nur noch Leute in den Club, wenn andere dafür gehen. Die Schlange zieht sich zwar über hundert Meter, und für viele wird der Abend auch auf dem Gehweg enden, doch sie bleiben und warten beharrlich. „Das wäre mein erster Abend im Club seit der Pandemie“, sagt Meike Dirksen, die in der Reihe wartet. „Vor zwei Jahren wäre ich längst gegangen, aber jetzt lohnt es sich richtig.“

Der erste Abend war laut Betreiber Janssen auch für ihn sehr besonders. „Dann sieht man die Stammgäste, die voller Freude zum ersten Mal die Treppe zur Tanzfläche runterlaufen. Das ist wirklich einmalig.“ Das Motto für den Abend laute: Tore auf und gute Musik.

„Die Leute haben Bock“

Wer die Roonburg an diesem Abend nicht mehr von innen sieht, kann noch weitere Diskotheken abklappern: Ab in die Bahn, mit der Line 12 vom Zülpicher Platz zur Linie 3 am Friesenplatz in Richtung Ehrenfeld – zum Helios 37. Die Tür schwingt auf, es dampft, Musik schallt durch den Hof. Menschen strömen hinaus, andere hinein, mischen sich in die Masse der gleitenden Körper, die sich schemenhaft in den blitzenden Scheinwerfern bewegen. Die Zeit steht kurz still in dieser fremden Welt, dann setzt der Beat ein, und die Menschen springen in die Höhe. Bilder, wie man sie von vor fast zwei Jahren kennt, sind plötzlich wieder Realität.

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„Wir freuen uns total, und das Schönste ist, dass die Leute einfach Bock haben, wieder zu uns zu kommen“, sagt David Pick, Betreiber des Helios 37. Der Club war am vergangenen Freitag zum ersten Mal wieder geöffnet – nach mehr als einem Jahr. In der Zwischenzeit hätten viele Mitarbeitende zum Beispiel in Testzentren arbeiten müssen, erzählt Pick. „Man merkt, wie alle sich mega auf dieses Wochenende gefreut haben. Auch bei den Gästen: Sie kommen eher und bleiben länger als früher.“

Das glaubt man nach einem Blick auf die Tanzfläche sofort. Und auch auf der Straße spürt man diese Stimmung: Die Menschen wirken befreit. Auf der Venloer Straße, fünf Gehminuten entfernt, läuft ein Mann über den Gehweg und spricht nahezu alle Vorbeigehenden oder -torkelnden an. „Tschuldigung, ich suche das Herbrand’s. Ist das hier? Da geht wieder was, kommt doch mit, heute geht’s wieder rund“, ruft er, nimmt einen Schluck Bier und startet eine Solo-Tanzeinlage mitten auf der leeren Straße.

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