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„No-Go-Area“Warum Wirte die Kölner Schaafenstraße nun selbst absperren dürfen

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Schaafenstraße Feiernde Baken gepixelt

Feiernde auf der Kölner Schaafenstraße

Köln – Am vergangenen Wochenende erlebten tausende Menschen auf der Schaafenstraße einen Zustand, der womöglich ein Vorbote einer neuen Zeit sein könnte. Am späten Abend, als es voll wurde auf einer der beliebtesten Feier-Meilen der Stadt, sperrten die Wirte etwa 300 Meter der Straße für den Autoverkehr ab. Zwischen Hohenstaufenring und Marsilstein kam nur noch durch, wer zu Fuß unterwegs war.

Die Absperrbaken und Durchfahrt-verboten-Schilder kamen erstmals zum Einsatz. Grundlage dafür ist eine Sondergenehmigung der Stadt, die das Ordnungsamt eilig erlassen hatte. Diese Anordnung erlaubt den Wirtinnen und Wirten der Schaafenstraße den genannten Abschnitt freitags und samstags von 21 bis 6 Uhr eigenmächtig zu sperren. Normalerweise sind hierfür Ordnungsamt und Polizei zuständig. Diese Behörden brauchen nun vorher nicht um Genehmigung befragt, sondern nur informiert zu werden.

Stadt will Sondergenehmigung prüfen

Die Stadt teilte nun mit, dass das Ordnungsamt die eigenen Erfahrungen und die der Polizei und von Anwohnerinnen und Anwohnern auswerten werde und bei Bedarf „Art und Umfang der Sperrungen anpassen“ werde. Ob das auch andere Straßen und Plätze in der Stadt betrifft, ist zwar noch unklar, scheint damit aber nicht ausgeschlossen zu sein.

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Auch wenn es an weiteren innerstädtischen Hotspots wie den Ringen, dem Brüsseler Platz und der Zülpicher Straße in Wochenendnächten üblicherweise ebenfalls sehr voll ist, ist die Situation auf der Schaafenstraße besonders. Da der Bereich ein beliebter Treffpunkt der Schwulen- und Lesbencommunity ist, fürchten einige homophobe Übergriffe.

Von einer drohenden „No-Go-Area“ sprechen mit Ausnahme der AfD alle größeren Parteien in einem gemeinsamen Dringlichkeitsantrag, mit dem sich Anfang September auch die Bezirksvertretung Innenstadt befassen wird. „Gäste aus der Community“ würden „immer häufiger angegriffen“, heißt es darin. Von Flaschenwürfen ist die Rede. Auch verbale Beleidigungen und Bedrohungen seien inzwischen üblich.

Schnelle Genehmigung der Stadt

Am vorvergangenen Wochenende soll sich einer dieser Angriffe zugetragen haben. Die Schilderungen sind jedenfalls Anlass für die von der Stadt ausgewiesene Sondergenehmigung. Ein Gast soll in der Nacht zu Sonntag von einem Auto vorsätzlich angefahren worden sein. Augenzeugen berichten, dass der Fahrer den Rückwärtsgang eingelegt und noch einmal gezielt Gas gegeben haben soll, wobei ein Mensch verletzt worden sein soll. Den genauen Ablauf ermittelt nun die Polizei.

Ob die mutmaßliche Tat einen schwulenfeindlichen Hintergrund haben könnte, soll nun geklärt werden. Die Polizei ermittelt wegen gefährlicher Körperverletzung und Gefährdung des Straßenverkehrs. In dem genannten parteiübergreifenden Antrag ist von „tiefergelegten Boliden“ die Rede, die „mit hohem Tempo auf die Menschen in der Schaafenstraße zugefahren“ sein sollen.

Fahrzeug fast in Gruppe gesteuert

„Der Fahrer dieses ‚Geschosses‘ hätte beinahe sein Fahrzeug in eine ganze Gruppe hineingesteuert“, heißt es darin. Diese Szenen erinnerten an „Amokfahrten von Überzeugungstätern“.

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So unklar die Hintergründe dieser Nacht noch sind, so entschlossen kam die Sperr-Genehmigung der Stadt. Die Baken und die Schilder wurden vom städtischen Bauhof zur Verfügung gestellt und auf der Schaafenstraße selbst zwischengelagert und können in dem festgelegten Zeitraum aufgestellt werden.

Sollten Einsatzwagen von Polizei, Feuerwehr oder Rettungsdienst die Straße passieren müssen, sollen die Absperrungen schnell beiseite geschafft werden können. Noch ist unklar, wie lange an diesem Verfahren festgehalten wird und ob diese Methode Schule macht.

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